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2. Gemeinsamer Deutscher Allergie-Kongress – Lübeck 2007
Neue Behandlungsmöglichkeiten bei Neurodermitis
Lübeck (26. September 2007) ‑ In Deutschland sind etwa 2,5 Millionen Menschen an Neurodermitis erkrankt. Bei den Betroffenen besteht eine genetische Vorbelastung, die in Verbindung mit bestimmten Umweltfaktoren (Allergene und Reizstoffe) zu einer Fehlsteuerung des Abwehrsystems und einer krankhaften Immunreaktion der Haut führt. „Bei vielen Neurodermitikern lässt sich ein Gendefekt nachweisen, der eine Störung der Hautbarriere zur Folge hat", erläuterte die Hautärztin und Allergologin Professor Dr. Regina Fölster‑Holst vom Ärzteverband Deutscher Allergologen (ÄDA). Fölster‑Holst, die an der Kieler Universitäts‑Hautklinik seit knapp 20 Jahren eine Neurodermitis‑Ambulanz leitet, wies auf dem 2. Gemeinsamen Deutschen Allergie‑Kongress vom 26. bis 29. September 2007 in Lübeck auch auf neue Behandlungsmöglichkeiten bei Neurodermitis hin: „Die Mehrzahl der Patienten reagiert allergisch auf Hausstaubmilben. Interessante Ergebnisse erzielt derzeit eine Hyposensibilisierung, auch spezifische Immuntherapie genannt, gegen die Milbenallergie. Diese ursächliche Allergiebehandlung hilft vielen Neurodermitikern, wie erste Studienergebnisse mit molekular definierten Allergenpräparaten gezeigt haben", so Fölster‑Holst. „Nach wie vor steht bei Patienten mit Neurodermitis eine regelmäßige Hautpflege im Vordergrund."
Teufelskreislauf aus Entzündung und Juckreiz
50 bis 72 Prozent der Kinder mit allergiekranken Eltern erkranken an Neurodermitis. Leidet nur ein Elternteil oder ein Geschwisterkind unter einer Allergie, ist das Risiko um die Hälfte reduziert. Wenn kein Familienmitglied an einer Allergie leidet, beträgt das Erkrankungsrisiko 10 bis 15 Prozent.(1) Bei den meisten Betroffenen tritt Neurodermitis schon vor dem ersten Lebensjahr auf, in schweren Fällen häufig in Verbindung mit einer Nahrungsmittelallergie auf Kuhmilch oder Hühnerei. „Glücklicherweise bildet sich die Erkrankung bei vielen Kindern spontan wieder zurück", sagt Fölster-Holst. „Sonst kann Neurodermitis der Beginn einer Allergie-Karriere sein: Im Kindes- und Jugendalter gesellen sich oft Asthma und Heuschnupfen dazu."
Typische Symptome für Neurodermitis sind eine extrem trockene Haut und schubartig auftretende Entzündungen der Haut, besonders am Hals und in den Gelenkbeugen. Die betroffenen Stellen sind gerötet, schuppig und haben eine vergröberte Struktur. Ein häufig unerträglicher Juckreiz ist das Kardinalsymptom und führt die Betroffenen in einen Teufelskreis: Sie kratzen sich sehr viel, um Linderung zu finden. Durch das Kratzen entstehen nässende und mit Krusten belegte Entzündungsherde, die wiederum den Juckreiz steigern. „Der Juckreiz macht den Patienten schwer zu schaffen", sagt Professor Fölster-Holst. „Viele kratzen sich blutig. Die Erkrankung führt zu einer starken Beeinträchtigung der Lebensqualität und kann dadurch das gesamte Familienleben belasten."
Auf die richtige Diagnose und Behandlung kommt es an
Neurodermitis‑Patienten sollten einen Facharzt, beispielsweise einen Hautarzt oder Kinderarzt mit allergologischer Zusatzausbildung, aufsuchen. Dieser kann die auslösenden Allergene bestimmen und eine wirksame Langzeittherapie verordnen. „Die Therapie muss auf die individuelle Situation des einzelnen Patienten abgestimmt sein", so Fölster-Holst. Als Basistherapie wird die Haut mit pflegenden, rückfettenden Salben oder Cremes behandelt. „Zusätze wie Harnstoff, Gerbstoffe oder Extrakte aus der Süßholzwurzel oder aus Eichen können einem erneuten Aufflackern der Hautkrankheit entgegen wirken." Im Falle einer akuten Verschlechterung gehören kortisonhaltige Cremes zur Standardtherapie. „Moderne Kortisonpräparate haben bei befristeter Anwendung keine Nebenwirkungen", betont Fölster-Holst. Für empfindliche Bereiche wie das Gesicht haben sich inzwischen auch kortisonfreie Cremes mit den Wirkstoffen Tacrolimus und Pimecrolimus bewährt. Ihr Wirkprinzip: Als so genannte topische Immunmodulatoren blockieren sie die Freisetzung von entzündungsauslösenden Botenstoffen der Haut und lindern daher die typischen Symptome wie Rötung, Schuppung und Juckreiz.
Ursächliche Behandlung gegen Milbenallergie oft hilfreich
Derzeit testen mehrere Studienzentren eine neue Behandlung gegen Neurodermitis. „Wir überprüfen bei Patienten mit Neurodermitis und gleichzeitig bestehender Hausstaubmilbenallergie die Wirksamkeit einer spezifischen Immuntherapie", erklärt der Studienleiter Professor Dr. Alexander Kapp von der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und Klinische Immunologie (DGAKI). Kapp ist Direktor der Hautklinik der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Er hat bereits in einer früheren Studie Hinweise dafür gefunden, dass Neurodermitiker von einer Immuntherapie profitieren.(2) Diese Behandlungsform ist eine Standardtherapie bei Allergien gegen Pollen, Hausstaubmilben, Tierhaare und Insektengift. „Die Therapie bewirkt eine langsame Gewöhnung an das Milbenallergen", so Kapp. „Die Patienten haben nach der Behandlung viel weniger Symptome und benötigen auch weniger Kortisonsalben. Ob diese Erfolge langfristig sind, überprüfen wir jetzt in einer großen kontrollierten Studie in Berlin, Hamburg, Kiel, Hannover, Düsseldorf, Köln, Bonn, Frankfurt, Heidelberg, Stuttgart, Tübingen, München und Erlangen." Menschen mit Neurodermitis und Verdacht auf eine Hausstaubmilben‑Allergie, die an der Studienteilnahme interessiert sind, können sich an den Universitäts‑Hautkliniken oder Allergie‑Zentren dieser Orte melden.
Gendefekt bei Neurodermitis‑Patienten entdeckt
Die Entdeckung, dass bei vielen Neurodermitikern ein Gendefekt vorliegt, könnte zukünftig neue Behandlungsmöglichkeiten eröffnen. Eine Mutation eines Gens auf dem Chromosom 1q21 verhindert bei den Betroffenen die Produktion des Proteins Filaggrin. Dieser Gendefekt ist eine entscheidender Risikofaktor für Neurodermitis, wie inzwischen mehrere Studien belegen.(3)
Filaggrin ist entscheidend an der Verhornung der oberen Hautschichten beteiligt und damit wichtig für eine funktionierende Hautbarriere. „Möglicherweise lassen sich zukünftig Methoden entwickeln, mit denen das bei Neurodermitis‑Patienten fehlende Filaggrin äußerlich zugeführt und so eine Ursache der Erkrankung, die gestörte Hautbarriere, behandelt wird", hofft Fölster‑Holst.
Bakterien heilen keine Neurodermitis
Dagegen haben sich die Hoffnungen nicht bestätigt, dass probiotische Bakterien Neurodermitis bessern könnten. Laktobazillen können gegen Neurodermitis nichts ausrichten. Die Kieler Allergologin Professor Dr. Fölster-Holst hat dazu in einer Studie 50 ekzemkranke Kleinkinder untersucht(4): „Die Kinder wurden acht Wochen lang zweimal täglich mit Lactobacillus rhamnosus GG oder einem Placebo (wirkungsloses Scheinmedikament) behandelt. Am Ende der Studie ließ sich kein Unterschied zwischen den mit Laktobazillen und den mit Placebo behandelten Kindern nachweisen. Auch die Eltern der Kinder konnten keine Besserung durch die Behandlung feststellen."
Quellen
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Abeck D, Fölster‑Holst R: Was hilft meinem Kind bei Neurodermitis? Auslösefaktoren, Behandlung und Vorbeugung. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 2003.
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Werfe( T, et al.: Usefulness of specific immunotherapy in patients with atopic dermatitis and allergic sensitization to house dust mites: a multi‑centre, randomized, doserespond study. Allergy 2006;61:202‑5.
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Ruether A, et al.: Filaggrin Loss‑of‑function variant contributes to atopic dermatitis risk in the population of Northern Germany. British Journal of Dermatology 2006;154:10934.
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Fölster‑Holst R, et al.: Prospective, randomized trial an Lactobacillus rhamnosus in infants with moderate to severe atopic dermatitis. Brit J Dermatol 2006;155(6):10931094.
Studienzentren für die Spezifische Immuntherapie bei Neurodermitis
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Berlin: Charite Berlin, Klinik für Dermatologie, Venerotogie und Allergologie Tel.‑ 030/450 518 417 (Herr Dr. Lee oder Frau Dr. Rasche, 8‑18 Uhr)
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Berlin: Untersuchungs‑Zentrum für Dermatologie, Allergologie und Asthma (UZDAA) Tel.: 030/302029‑10 oder 030/302029‑05 (Dr. Kleine‑Tebbe, Mo, Di, Do 9‑18 Uhr; Mi, Fr 9‑12 Uhr)
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Hamburg: Universitätsklinikum Eppendorf, Klinik u. Poliklinik f. Dermatologie u. Venerologie Tel.: 0173/9021384 (Frau Baade)
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Kiel: Universitätsklinikum Schleswig‑Holstein, Hautklinik Tel.: 0431‑5971579 (Neurodermitis-Ambulanz Frau Filsoof, Mo‑Fr 8‑12 und 14‑16 Uhr)
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Hannover: Medizinische Hochschule Hannover, Klinik u. Poliklinik f. Dermatologie u. Venerologie Tel.: 0511/9246‑0 (Frau Dr. Niebuhr; Mo‑Fr 8‑15 Uhr)
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Düsseldorf: Universitätsklinikum, Hautklinik Tel.: 0211/81‑18328 bis 13 Uhr oder Tel.: 0211/81‑16356 ab 14 Uhr (Frau Suzan Akanay)
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Köln: Medizinische Einrichtungen der Universität zu Köln, Abt. Dermatologie Tel.: 0221/478‑5471 (Dr. Katja Reinhold, Dr. Guido Siebenhaar)
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Bonn: Universitätsklinikum Bonn, Klinik und Poliklinik für Dermatologie Tel.: 0228/2871‑6811 (Frau Collenbush, Mo‑Do, ganztags)
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Frankfurt: Klinikum d. Johann Wolfgang Goethe‑Universität, Zentrum d. Dermatologie u. Venerologie Tel.: 069/6301‑83115 (Dr. Rebekka Salgo, Dr. Julia Schäfer oder Dr. Domenica Varwig, 10‑13 Uhr)
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Heidelberg: Klinikum der Universität Heidelberg, Zentrum für Dermatologie Tel.: 06221/56‑8533 (Dr. Durani)
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Stuttgart: Krankenhaus Bad Cannstatt, Dermatologische Klinik Tel.: 0711/5205‑2251 (Dr. Juliane Rieker)
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Tübingen: Universitätsklinik, Dermatologie Tel.: 07071/29‑86873 (Dr. Fischer)
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München: TU München, Klinik u. Poliklinik f. Dermatologie u. Allergologie am Biederstein Tel.: 089‑4140‑3192 (Herr Dr. Huss‑Marp, Herr Dr. Pfab oder Frau Dr. Knott, 14‑16 Uhr)
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Erlangen: Universitätsklinikum, Dermatologie Tel.‑ 09131/85‑33880 (PD Dr. Mahler und Sr. Maria)