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4. Turmgespräch: Epilepsiemanagement 2008

Vimpat®, die neue Zusatztherapie bei fokalen Anfällen

 

Köln (5. September 2008) – Vimpat® erweitert ab sofort die Epilepsie-Palette der UCB GmbH. Beim 4. Turmgespräch Epilepsie in Köln, das von Professor Dr. med. Christian E. Elger, Bonn, moderiert wurde, stellten führende Epilep­tologen das neue Antikonvulsivum mit dem Wirkstoff Lacosamid vor. Vimpat® ist seit dem 29. August 2008 für die Zusatztherapie von fokalen Anfällen mit oder ohne sekundärer Gene­ralisierung bei Epilepsiepatienten ab 16 Jahren zugelassen. Die Ergeb­nisse aus drei klinischen Multicenter-Studien mit placebokontrollier­tem, doppelblindem Studiendesign hatten die Wirksamkeit, Sicherheit und Verträglichkeit von Vimpat® dokumentiert. Es verfügt über einen neuartigen Wirkmechanismus, der die langsame Inaktivierung von Nat­riumkanälen verstärkt.

 

Vimpat® ist das erste Medikament einer neuen Wirkstoffklasse, das von der EMEA die Zulassung für die Zusatztherapie bei Epilepsie erhal­ten hat. In präkli­nischen Studien konnte gezeigt werden, dass Lacosa­mid über einen einzigarti­gen Wirkmechanismus verfügt, der sich von dem der bisherigen Antiepilep­tika unterscheidet. Es verstärkt selektiv die langsame Deaktivierung von Natriumkanälen und interagiert mit CRMP-2, das hauptsächlich in Neu­ronen exprimiert wird und dort die neuronale Differenzierung und das Axon-Wachstum steuert.  

Vimpat®-Logo 

 

 

Im Überblick: Klinische Studien mit Lacosamid

 

„Drei große randomisierte, placebokontrollierte, doppelblinde Studien zur Zusatzbehandlung mit Lacosamid bei therapieresistenten fokalen Epilepsien führten zur Zulassung von Vimpat®“, erläuterte Dr. med. Stephan Arnold, München. Die Studie SP667 (Phase II der klinischen Prüfung) wurde in den USA und einigen europäischen Ländern durch­geführt.

 

In gleich verteilten randomisierten Gruppen wurden die Lacosamid-Dosierun­gen 200 mg/d, 400 mg/d und 600 mg/d mit Placebo vergli­chen. Die Phase III Studie SP755 (Europa und Australien) verglich Laco­samid 200 mg/d und 400 mg/d mit Placebo, in der amerikanischen Schwesterstudie SP754 wurden pla­cebokontrolliert 400 mg/d und 600 mg/d Lacosamid untersucht. Da die Zu­lassungsbehörden in den USA und Europa ver­schiedene Kriterien zum Wirksamkeits-Nachweis von Antiepileptika haben, war das Studiendesign so gewählt worden, dass die entsprechenden Krite­rien in allen drei Studien untersucht wurden. Der Vorteil: Die Ergebnisse der verschiedenen Studien waren besser vergleichbar.

 

Insgesamt wurden 1.300 Patienten für die klinischen Studien rekru­tiert, wo­bei die üblichen Ein- und Ausschluss-Kriterien für Zulassungs-Studien von An­tiepileptika zur Anwendung kamen. Die Patienten hat­ten fokale Epilepsien und nahmen bereits ein bis drei Antiepileptika ein. Viele dieser Patienten hat­ten zuvor im Mittel sieben verschiedene Antiepileptika ausprobiert. Be­stimmte Begleit-Erkrankungen und -Me­dikamente wurden ausgeschlossen. Alle drei Studien waren gleich aufgebaut: Nach einer achtwöchigen „base­line“-Phase erfolgte die Randomisierung. In der Titrationsphase wurde in 100 mg-Schritten pro Woche bis zu der festgelegten Zieldosis aufdosiert. Die an­schließende Erhaltungsphase erstreckte sich über 12 Wochen, in denen Wirksam­keit und Verträglichkeit evaluiert wurden. Alle Patienten, die die Erhal­tungsphase komplett durchliefen, hatten die Möglichkeit, an­schlie­ßend im Rahmen offener Folgestudien Lacosamid weiter einzuneh­men.

 

 

Erfahrungen mit Lacosamid aus der Klinik

 

„Meine persönliche Erfahrung mit Lacosamid bezieht sich auf eine Gruppe von 12 Patienten, die zwischen Juli 2004 und Januar 2005 in die Studie SP755 eingeschlossen und im Verlauf in die offene Folge­studie SP774 über­nommen wurden“, sagte Arnold. „Als Ursache der Epilepsien zeigten sich sowohl angeborene Fehlbildungen (z.B. fokale kortikale Dysplasien) als auch erworbene Störungen (z.B. perinatale Schädigungen oder Meningo-Enzepha­litiden). Vier Patienten waren zuvor epilepsiechirurgisch behandelt worden.“

 

Von den 12 Patienten, die Lacosamid-Tagesdosierungen von 300 – 400 mg/d erhielten, zeigten 11 eine mittlere Anfallsreduktion von 40 %. Bei einigen Pa­tienten konnte durch Dosis-Steigerung auf bis zu 800 mg/Tag eine weitere Reduktion der Anfallshäufigkeit erreicht werden. Neben der Reduktion der Anfallshäufigkeit zeigten 5 der 12 Patienten eine Reduktion der Anfalls-Schwere. Bei manchen Patienten konnte die Anzahl der Begleitmedikamente bzw. die Höhe der Dosis erheblich reduziert werden. Die empfohlene Tagesdosis beträgt 200 – 400 mg.

 

Häufige Nebenwirkungen waren vor allem Schwindelgefühl und in ge­ringem Maß Übelkeit. Bei einzelnen Patienten kam es nach Dosiserhö­hungen zu Schwindel, der nach Dosisreduktion der Begleit-Medika­mente, bei unverän­derter Lacosamid-Dosis, wieder sistierte.“, erläu­terte Arnold. „Mit Vimpat® steht ein neues Medikament zur Verfü­gung, das vielen Epilepsie-Patienten eine neue Chance auf Verbesse­rung ihrer Lebenssituation bieten könnte.“

 

 

Retentionsrate: Aussagekräftiges Maß für Behandlungserfolg

 

Laut Dr. med. Günter Krämer, Zürich, tragen die günstigen pharmako­kineti­schen Eigenschaften der Substanz zu ihrer guten Handhabbar­keit, Sicherheit und Verträglichkeit bei. Lacosamid wird nur wenig an Plasmaprotein gebun­den und nur teilweise metabolisiert. Der Wirk­stoff hat keine aktiven Wech­selwirkungen und sein Anteil im Blut wird durch enzyminduzierende Antiepilep­tika nur um ca. 25 % verringert.

 

Darüber hinaus ist entscheidend, dass das Nebenwirkungsprofil insge­samt so vorteilhaft ist, dass behandelnde Ärzte ebenso wie die Patien­ten eine einmal begonnene Behandlung überwiegend beibehielten. „Über 90 % der Patienten aus den Zulassungsstudien nahmen das An­gebot einer „offenen“ Weiterbe­handlung im Rahmen einer offenen Langzeitbeobachtung an und nehmen Lacosamid jetzt teilweise schon über acht Jahre“, hob Krämer die Re­tentionsrate des neuen Antiepi­leptikums hervor. Gerade bei zunächst nur zur Zusatzbehandlung schwer behandelbarer Epilepsien zugelassenen Medika­menten ist die als Retentionsrate bezeichnete Beibehaltung eines Medika­mentes langfristig ein aussagekräftiges Maß für den Behandlungserfolg im Gegensatz zu der für eine kurzfristige Bewertung benutzte Responder­rate, konstatierte Krämer.

 

Abschließend stellte er die Effektivität von Lacosamid bei der Verringe­rung der Häufigkeit fokaler Anfälle heraus. Die Daten von über 1.300 Patienten sind Beleg für die Wirksamkeit der Substanz, auch dann, wenn die Patienten auf an­dere neuere Antiepileptika einschließlich Wirkstoffen wie Levetiracetam, Oxcarbazepin oder Topiramat nicht angesprochen haben.

 

 

Profile: Bedeutung neuer Therapiemöglichkeiten

 

Mit Hilfe einer medikamentösen Therapie gelingt es bei rund zwei Drit­teln der Epilepsiepatienten, die Anfälle zu kontrollieren. Bei den übri­gen Patienten spricht man von einer pharmakoresistenten Epilepsie. Der zusätzliche Einsatz weiterer Antiepileptika (Add-On-Therapie) kann bei einem Teil der pharma­koresistenten Epilepsiepatienten eine redu­zierte Anfallsfrequenz oder mildere An­fallsformen erzielen, jedoch sel­ten eine vollständige Anfallsfreiheit. Professor Dr. med. Christian E. Elger, Bonn, erläuterte in diesem Zusammenhang ver­schiedene Para­digmenwechsel, die in den letzten Jahren zu unterschiedlichen Emp­fehlungen zum Einsatz von Antiepileptika geführt haben: „Im Jahr 2000 publizierten Kwan und Brodie im angesehenen New England Journal of Medicine einen pessimistischen Artikel über den Einsatz der verschie­denen antiepileptischen Medikamente bei neu diagnostizierten Epilepsiepati­enten. Sie kamen darin zu dem Schluss, dass nach dem Versagen des zwei­ten antiepileptischen Medikamentes eine weitere Therapie wenig Sinn ma­chen würde, da die Chance auf Anfallsfreiheit nur bei 4 – 5 Prozent durch den Einsatz einer dritten Substanz oder durch Kombinationstherapie zu errei­chen sei.“ Diese Arbeit hat vor allem im Bereich der Epilepsiechirurgie zu ei­nem Paradigmenwechsel geführt: Epilepsiepatienten, die gute Anwärter für eine erfolgreiche Epilepsiechirurgie sind, werden seitdem früher einer Operation zuge­führt.

 

Dank der neuen Antiepileptika, die in jüngster Vergangenheit zugelas­sen worden sind, scheint nun eine neue Trendwende eingeleitet wor­den zu sein. „Neue, moderne Antiepileptika geben dem Patienten eine Chance von 10 – 15 %, auch längerfristig in die Gruppe der anfalls­freien Patienten hineinrekru­tiert zu werden. Der Einsatz eines neuen Antiepileptikums sollte deshalb mit Engagement vorangetrieben wer­den, wenn der Patient durch die bestehende Medikation nicht anfalls­frei ist“, erklärte Elger.

 

Ergebnisse anderer Studien, wie zum Beispiel SANAD, haben zu der Empfehlung geführt, bei fokalen Epilepsien dem besser verträglichen Medi­kament zur Ersttherapie den Vorzug zu geben, da das Anspre­chen auf die Therapie hinsichtlich Verträglichkeit und Effektivität auf­grund von individuel­len Unterschieden der Patienten nicht vorhersag­bar sei. „Der Paradigmen­wechsel bestand hierbei darin, dass die Effek­tivität der Antiepileptika in Be­zug auf die Anfallskontrolle in den Hin­tergrund trat, da die Unterschiede zwi­schen den einzelnen Antiepilep­tika individuell wenig bedeutsam waren, die Verträglichkeit für den Pa­tienten aber ein wichtiger und gravierender Faktor war. Eine entspre­chende Forderung müsste heutzutage heißen, dass bereits zur Erstthe­rapie ein Medikament mit möglichst niedrigem Interaktionspoten­tial und weitgehend ohne pharmakokinetische Probleme eingesetzt wer­den sollte“, sagte Elger. Komme es dann zur Kombinationstherapie, sollten in ers­ter Linie Medikamente eingesetzt werden, die ebenfalls ein geringes Interaktionspo­tential haben und pharmakokinetisch weit­gehend unproblematisch seien. Erst dann soll­ten die bisher als ‚Gold­standard’ eingesetzten Medikamente zum Einsatz kommen.

 

 

Podium

 

Podium des 4. Turmgesprächs "Epilepsie" zum Thema "Epilepsiemanagement 2008"
(v.L.n.R.: Dr. med. Günter Krämer, Zürich; Dr. med. Stephan Arnold, München; Pro­f. Dr. Iris Löw-Friedrich
und Prof. Dr. med. Christian E. Elger, Bonn).

 

 

 

Ausblick: Epilepsieforschung bei UCB

 

Rund 50 Millionen Menschen leiden weltweit an einer Epilepsie, die zu wie­derholt auftretenden Anfällen führt. Zwischen 70 und 80 % der Epilepsiepa­tienten können wirksam mit einem oder mehreren der rund 20 zur Verfü­gung stehenden Anti­epileptika behandelt werden. Umge­kehrt bedeutet dies für rund ein Drittel der Betroffenen unter einer schwer zu be­handelnden Epilepsie mit unkontrollierbaren Anfällen oder nicht tolerierbaren Nebenwir­kungen zu leiden. Hier liegt die Hoffnung in der Entwicklung neuer antiepi­leptischer Medikamente, mit denen auch diesen Patienten geholfen werden kann.

 

„Die Zulassung von Lacosamid – durch die EMEA für Europa – ist ein wichti­ger Schritt für UCB auf dem Weg zu einem weiteren Ausbau un­serer Kompe­tenz im Bereich der Epilepsie und unterstreicht unser En­gagement in der Entwicklung neuer Therapieoptionen für Menschen mit Epilepsie", sagte Pro­fessor Dr. Iris Löw-Friedrich, Leiterin der Ent­wicklungsabteilung der UCB. Die Zulassung von Vimpat® ist ein wichti­ger Meilenstein auf dem Weg zur Ver­besserung der Epilepsietherapie, da immer noch viele Epilepsiepatienten mit den derzeit zur Verfügung stehenden Antiepileptika ihre Anfälle nicht voll­ständig kontrollieren können. Die UCB GmbH strebe deshalb weiterhin eine führende Rolle in der Therapie dieser schweren Krankheit an und werde sich für die Entwicklung und Zulassung innovativer Antiepileptika einsetzen.

 


 

Quelle: 4. Turmgespräch “Epilepsie” der Firma UCB Pharma am 05.09.2008 in Köln (Medizin und PR Gesundheitskommunikation) (tB).

 

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