9. Deutscher Parkinson-Kongress
Berlin, 16. – 18. April 2015

 

Das Puzzle Parkinson: Optionen für ein besseres Leben mit der Krankheit

 

Berlin (15. April 2015) – Tiefe Hirnstimulation, Früherkennung der Parkinson-Krankheit, aktivierende Therapien: Themen, die im Fokus des 9. Deutschen Parkinson-Kongresses stehen, der am 16. April in Berlin beginnt. Rund 1.000 Experten für diese neurodegenerative Erkrankung diskutieren drei Tage lang die neuen Erkenntnisse und Therapieansätze. Die Parkinson-Krankheit ist zwar nicht heilbar, Ärzte besitzen aber eine Vielzahl an bewährten und neuen Behandlungsoptionen, die ein Leben mit der Krankheit ermöglichen. Erstmals findet der Parkinson-Kongress zeitgleich mit dem 5. Deutschen Botulinumtoxin-Kongress als Zwillingsveranstaltung statt. Das Nervengift Botulinumtoxin ist ein bedeutendes Therapeutikum bei zahlreichen neurologischen Störungen, zu denen neben Dystonien auch die Spastik und andere Erkrankungen zählen. 

 

Die Parkinson-Erkrankung

Morbus Parkinson ist nach der Alzheimer-Krankheit die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung. Weltweit sind rund 4,1 Millionen Menschen an Parkinson erkrankt – das entspricht knapp 2 Prozent der Bevölkerung im Alter von über 60 Jahren. In Deutschland sind bis zu 300.000 Personen betroffen. Studien gehen davon aus, dass sich wegen der alternden Bevölkerung und der mit der besseren Behandlung verbundenen, längeren Lebenszeit die Zahl der Patienten bis 2030 weltweit auf 8,7 Millionen verdoppelt. Die Patienten sind bei der Diagnose im Mittel 60 Jahre alt, bei 10 Prozent der Patienten macht sich die Krankheit aber schon vor dem 50. Lebensjahr bemerkbar.


Neue Behandlungsansätze: Medikamente, Stammzellen und aktivierende Therapien

Der Kongress stellt unter anderem innovative Behandlungsansätze bei Bewegungsstörungen vor. Zum einen neue Wirkstoffe, die noch in der Entwicklung sind oder kurz vor der Markteinführung stehen. Zum anderen Medikamente, die für andere Indikationen bereits verfügbar sind: So kann der Wirkstoff Exenatide, der bislang als Präparat zur Behandlung von Typ-2-Diabetes eingesetzt wird, vergleichenden Studien zufolge offenbar das Fortschreiten der Parkinson-Erkrankung hemmen. Auch nichtmedikamentöse Behandlungsansätze wie die Implantation von sogenannten neuronalen Stammzellen in die Gehirne von Parkinson-Patienten im Rahmen klinischer Studien werden auf dem Kongress diskutiert. Aktivierende Therapien sind derzeit von besonderer Bedeutung: Bewegungs- und Sprechtraining oder Musiktherapie spielen eine immer größere Rolle. Damit können auch Symptome wie Gleichgewichtsstörungen behandelt werden, die sich durch Medikamente schlecht beeinflussen lassen.


Tiefe Hirnstimulation schon frühzeitig einsetzen?

Die Tiefe Hirnstimulation zählt sicherlich zu den spektakulärsten Behandlungsoptionen. Mittels Elektroden, die ins Gehirn platziert werden, können nicht nur das typische Zittern, sondern auch die anderen Bewegungsstörungen von Parkinson-Patienten regelrecht ausgeschaltet werden. Dies erleichtert Parkinson-Patienten die Bewältigung ihres Alltags erheblich. Die viel beachtete Studie EARLYSTIM bewies, dass besonders jüngere Patienten auch in einem frühen Stadium der Erkrankung davon profitieren. Auf dem Kongress sind die Pros und Kontras für einen frühen Einsatz der Tiefen Hirnstimulation ein wichtiges Thema.


Das Puzzlespiel der Ursachenforschung: Genetik und Ausbreitung im Nervensystem

Noch ist die Entstehung der Parkinson-Krankheit nicht verstanden. Zwar tritt sie meist sporadisch auf, also ohne erkennbaren Grund, jedoch rücken genetische Faktoren zunehmend in den Fokus. 1997 wurde mit einer Mutation im Alpha-Synuklein-Gen (SNCA) das erste Gen entdeckt, das zu einer Parkinson-Erkrankung führt – inzwischen wurden zahlreiche weitere Gene bekannt, die ebenfalls Parkinson hervorrufen oder das Erkrankungsrisiko steigern. Angehörige von Parkinson-Patienten haben ein dreifach erhöhtes Risiko, an Parkinson zu erkranken. Zwar sind die „monogenetischen“ Formen, bei denen Vererbung die einzige Ursache darstellt, sehr selten und betreffen in Deutschland nur etwa 5 Prozent der Parkinson-Patienten. Einen Beitrag genetischer Faktoren zum Risiko, an Parkinson zu erkranken, findet man jedoch bei vielen Patienten. Die Wissenschaft arbeitet derzeit an genetischen Tests und spezifischen Therapiemöglichkeiten für diese erblichen Parkinsonsyndrome. Darüber hinaus tragen genetischen Untersuchungen erheblich zum Verständnis der Krankheitsentstehung bei.

Eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Parkinson spielt die Aggregation von Alpha-Synuklein – bei der Erkrankung sammeln sich Klumpen dieses Proteins in den Nervenzellen an. Je weiter die Erkrankung fortschreitet, desto weiter breiten sich diese Proteine in bestimmten Bereichen des Nervensystems aus. Die Frage, nach welchen Regeln die Ausbreitung stattfindet, gibt Einblick in das Anfangsstadium und die Entstehung der Parkinson-Erkrankung. Neue Erkenntnisse hierzu werden auf dem Kongress präsentiert.

 

 

Nichtmotorische Symptome und Früherkennung

Eine Brücke zwischen dem Botulinumtoxin- und Parkinson-Kongress bildet die wachsende Bedeutung nichtmotorischer Symptome und deren Behandlung bei Parkinson und Dystonien. Hierzu gehören neben kognitiven Dysfunktionen Schmerzen, Sehstörungen oder gastrointestinale und urogenitale Funktionsstörungen.

Nichtmotorische Symptome sind wichtig bei der Früherkennung: Bei einigen Patienten mit REM-Schlaf-Verhaltensstörung (Störung des Traumschlafes) kann die Parkinson-Erkrankung viele Jahre vor Ausbruch mit hoher Wahrscheinlichkeit vorhergesagt werden. Weitere Frühsymptome wie Tremor, Riechstörungen, verringerte Darmmotilität, Depression oder Kognitionsdefizite sind unspezifischer, spielen aber ebenfalls eine Rolle bei der Suche nach Markern, die eine Diagnose noch vor Auftreten der typischen Bewegungsstörungen ermöglichen sollen. In der Erforschung dieser frühen organischen Signale des Morbus Parkinson gibt es vielversprechende Ansätze, die vielleicht in gar nicht allzu ferner Zukunft ein klareres Verständnis der Pathogenese der Parkinson-Erkrankung liefern werden.

 

 

Die Deutsche Parkinson Gesellschaft (DPG)


fördert die Erforschung der Parkinson-Krankheit und verbessert die Versorgung der Patienten. Organisiert sind in dieser wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaft erfahrene Parkinson-Ärzte sowie Grundlagenforscher. Die Zusammenarbeit dieser beiden Zweige ist entscheidend für die Fortschritte in Diagnostik und Therapie. Die Parkinson-Medizin sowie die Parkinson-Forschung in Deutschland genießen international einen exzellenten Ruf.

 

Weitere Informationen

 

 

 


Quelle: Deutsche Parkinson Gesellschaft e.V., 15.05.2015 (tB).

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