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Achtung bei operativen Eingriffen im HNO-Bereich:

Angeborene Gerinnungsstörungen frühzeitig erkennen

 

Nürnberg (10. Mai 2013) – Im Rahmen des diesjährigen CSL Behring-Symposiums anlässlich der  84. Jahresversammlung der DGHNOKHC (Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie) am 10. Mai 2013 in Nürnberg erläuterten Dr. Wolfgang Eberl, Braunschweig, und Dr. Michael Sigl-Kraetzig, Blaubeuren,  wann HNO-Ärzte bei Gerinnungsstörungen wie dem von-Willebrand-Syndrom (vWS) genauer hinsehen müssen, um bei HNO-Eingriffen nicht von Blutungskomplikationen überrascht zu werden. Im Vordergrund des Symposiums, das von Dr. Carmen Escuriola-Ettingshausen, Frankfurt-Mörfelden, und Dr. Torsten Mewes, Mainz, geleitet wurde, stand dabei vor allem die Eigen- und Familienanamnese des Patienten, bei der gezielt nach Symptomen des vWS gefragt werden sollte.

 

Blutungskomplikationen bei operativen Eingriffen wie Tonsillektomien oder Adenotomien gehören zum Alltag der HNO-Mediziner. Entscheidend ist jedoch die Ursache der Blutung: Vielfach steckt eine angeborene oder erworbene Gerinnungsstörung hinter einer unerwartet langen oder starken Blutung. Das vWS ist die häufigste angeborene Blutgerinnungsstörung. Insgesamt ist etwa bis zu 1 % der Bevölkerung betroffen, wobei die Blutungsneigung unterschiedlich stark ausgeprägt ist. Ca. 70 % der Patienten haben eine milde Verlaufsform.  Die schwere Form des vWS ist sehr selten und tritt nur bei 2 bis 5 von einer Million Menschen auf. Die verschiedenen vWS-Typen werden nach Menge bzw. Funktionsfähigkeit des von-Willebrand-Faktors (vWF) differenziert. Beim Typ 1 ist der vWF-Spiegel im Vergleich zu gesunden Menschen vermindert. Diese Patienten sind im Alltag häufig beschwerdefrei, bei operativen Eingriffen oder größeren Verletzungen können aber behandlungsbedürftige Blutungskomplikationen auftreten. Beim Typ 2, mit den Subtypen A, B, M und N, liegt ein fehlerhafter bzw. funktionell gestörter vWF vor. Die Betroffenen bluten häufiger, oft bereits bei leichten Verletzungen. Bei Typ 3 handelt es sich um die schwerste vWS-Form, bei der praktisch kein vWF vorhanden ist und dadurch oft auch ein Faktor VIII-Mangel entsteht. Das Blutungsbild ähnle daher dem der klassischen Hämophilie, erklärte Sigl-Kraetzig.


 

Auf die Symptome achten

 

Als Hauptsymptom des vWS gilt eine verlängerte Schleimhautblutung. Diese fällt durch Blutungen bei Zahnwechseln, nach Tonsillektomien, Adenotomien und Zahnextraktionen auf. Betroffene Frauen klagen über verlängerte und verstärkte Regelblutungen sowie Blutungen nach Geburten. Sehr häufig findet man Epistaxis und oberflächliche Hämatome. Gelenk- und Muskelblutungen, wie bei der Hämophilie, sind eher selten und meist mit einem schweren vWS mit stark erniedrigtem Gerinnungsfaktor VIII verbunden. Insbesondere bei Kindern sind unerkannte Gerinnungsstörungen die Ursache für starke Blutungen während oder nach Tonsillektomien. Die Blutungen im Gewebe der Schleimhaut sind mit konventionellen Methoden nur schwer zu stillen, so dass betroffene Gefäße häufig verödet werden müssen. Um Notfallsituationen zu vermeiden, ist es daher wichtig, Patienten mit möglichen Hämostasestörungen bereits durch eine gezielte Eigen- und Familienanamnese zu selektieren. Über die Schlüsselfunktion der Anamnese waren sich Eberl und Sigl-Kraetzig einig: „Die Anamnese gibt die besten Hinweise auf eine Gerinnungsstörung.“ Mithilfe eines speziell entwickelten Anamnesebogens können Verdachtsfälle bereits in der Praxis erkannt werden. Die Bögen können über die Webseite des Netzwerks vWS (www.netzwerk-von-willebrand.de) – einer Initiative zur Früherkennung des vWS – bezogen werden. Bei Verdacht sollte der Patient an ein spezialisiertes Zentrum überwiesen werden. Dort kann mittels verschiedener Labortests festgestellt werden, ob eine Blutgerinnungsstörung vorliegt.

 

 

Das geeignete Diagnoseverfahren wählen

 

Zu den Standardtests der Blutgerinnung zählt neben dem Blutbild die Bestimmung des Quick-Werts (INR), der Aufschluss über die Funktionalität des extrinsischen Teils des Gerinnungssystems gibt. Bei der Bestimmung der partiellen Thromboplastinzeit (aPTT) wird die Funktion des intrinsischen Gerinnungssystem überprüft. Ein verlängerter aPTT-Wert kann z.B.  durch einen Mangel an Gerinnungsfaktoren (z.B. Faktor VIII)  oder auch durch medikamentöse Therapien mit gerinnungshemmenden Mitteln bedingt sein. Eine unauffällige aPTT lässt eine Gerinnungsstörung wie das vWS jedoch nicht grundsätzlich ausschließen, da durch die aPTT nur schwere Formen des vWS mit deutlich erniedrigtem Faktor VIII erfasst werden.  Leichte Formen des vWS sind schwerer zu diagnostizieren, da der Spiegel an vWF abhängig von verschiedenen äußeren Einflüssen wie z.B. körperliche Anstrengung oder Stresssituationen stark schwankt. „Oft kann es deshalb sinnvoll sein, Untersuchungen zu wiederholen, um sicher zu gehen und den Patienten nicht direkt als „Willebrändler“ zu stigmatisieren“ betonte Eberl. Eine Verdachtsdiagnose lasse sich laut Eberl durch folgende Parameter verifizieren: Ein erniedrigtes vWF-Antigen, ein erniedrigter Ristocetin-Cofaktor und/oder die Kollagenbindungsaktivität. Zwei weitere, sehr spezifische, Laboruntersuchungen sind der Thrombozytenfunktionstest PFA und das Thrombelastogramm (TEG). Der PFA bestimmt die „in-vitro Blutungszeit“ und simuliert in seinem Messsystem eine kapillare Blutstillung durch die Thrombozyten. Die Zeit bis zum Stillstand des Blutflusses wird dann als Verschlusszeit in Sekunden gemessen. Das TEG erfasst die Interaktion der Thrombozyten und der plasmatischen Gerinnung.

 

 

Die richtige Therapie einsetzen

 

Je nach Subtyp des vWS stehen verschiedene Therapieoptionen zur Verfügung, die die Blutungszeit effektiv verkürzen bzw. normalisieren und die Thrombozytenfunktion korrigieren. Patienten mit Typ 1 können mit dem Hormonanalogon Desmopressin gut behandelt werden. Es handelt sich hierbei um ein synthetisches ADH-Analogon, das die Freisetzung des vWF aus den körpereigenen Speichern fördert. Beim  vWS-Typ 2 und 3 ist meist eine Substitutionstherapie mit Plasmakonzentraten erste Wahl. „Da bei diesen Patienten der vWF fehlt oder defekt ist, benötigen diese Patienten ein von-Willebrand-haltiges Faktor-VIII-Präparat mit einer hohen, standardisierten Konzentration an von-Willebrand-Faktor“, sagte Sigl-Kraetzig. Als Standard der Therapie des vWS gelten Plasmakonzentrate mit einem hohen Anteil an hochmolekularen Multimeren, die aus menschlichem Plasma hergestellt werden (z.B. Haemate P®). Mit einer auf die Bedürfnisse der Patienten abgestimmten Therapie können die Betroffenen dann ein normales Leben führen.

 


 

Quelle: CSL Behring, 28.05.2013 (tB).

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