Aktionsbündnis Patientensicherheit e.V. (APS) vergibt Deutschen Preis für Patientensicherheit 2019

 

  • Projekt für Strategien einer besseren Medikamentenversorgung in Pflegeheimen ausgezeichnet

 

Berlin (10. Mai 2019) – Wie können Fehler bei der Medikamentenversorgung von Heimbewohnern vermieden werden? Mit dieser Frage hat sich die Berliner Internistin Dr. Irmgard Landgraf in ihrer Dissertation befasst. Über eine elektronische Pflegeheimakte, auf die alle Beteiligten jederzeit zugreifen können, hat sie sich dafür mit den Pflegekräften in Seniorenheimen vernetzt. So wird die Zusammenarbeit nachweislich verbessert und Fehler bei der Medikamentenversorgung der Heimbewohner können weitestgehend vermieden werden. Das Aktionsbündnis Patientensicherheit e.V. (APS) würdigte dieses und zwei weitere Projekte nun mit dem Deutschen Preis für Patientensicherheit 2019. Zudem wurde dieses Jahr wieder ein Sonderpreis vergeben. Die Preise wurden auf der 14. Jahrestagung des APS am Donnerstag, den 9. Mai 2019, in Berlin verliehen und sind mit insgesamt 19.500 Euro dotiert.

Um die Versorgung von Pflegeheimbewohnern durch den Hausarzt zu verbessern, Kommunikationslücken zu schließen und damit Fehler in der Medikation der Pflegeheimbewohner zu minimieren, hat sich die Internistin Dr. Irmgard Landgraf über eine elektronische Pflegeheimakte digital mit den von ihr betreuten Pflegeheimen vernetzt. Die Ergebnisse dieser jahrelangen Zusammenarbeit hat sie 2017 in ihrer Dissertation zusammengefasst. „Hier wird eindeutig nachgewiesen, dass auf diese Art betreute Pflegeheimbewohner weniger Medikamente erhalten, seltener ins Krankenhaus müssen und eine höhere Lebenserwartung sowie mehr Lebensqualität haben“, lobt die APS-Vorsitzende Hedwig François-Kettner die Arbeit der Preisträgerin. Für den ersten Platz erhält die Berliner Hausärztin ein Preisgeld von 10.000 Euro.

In vielen Pflegeheimen sieht die Realität anders aus: Wenn ein Bewohner akute gesundheitliche Probleme hat, bestellt das Pflegepersonal den Hausarzt. Die Versorgung der hochbetagten, dementen und multimorbiden Patienten ist anspruchsvoll, vor allem auch, weil die Patienten häufig an mehreren Krankheiten leiden und verschiedene Medikamente einnehmen. Eine gute hausärztliche Versorgung ist von der guten Zusammenarbeit mit den Pflegekräften abhängig. Diese scheitert aber oft an mangelhafter gegenseitiger Erreichbarkeit, am zunehmenden Fachpflegekräftemangel und einer hohen Fluktuation der Pflegenden. Die Folge: Heimbewohner müssen bei akuten gesundheitlichen Problemen immer wieder ins Krankenhaus gebracht werden.

Dr. Irmgard Landgraf arbeitet seit vielen Jahren als Hausärztin in Berliner Pflegeheimen und hat bereits 2001 ein Modell entwickelt, das ermöglicht, auch mehr als 100 multimorbide Bewohner sicher zu versorgen. Gelungen ist das durch die digitale Vernetzung mit dem Pflegepersonal über eine elektronische Pflegeheimakte. „Die Akte enthält neben den üblichen Dokumentationsfeldern auch Kommunikationsmodule“, erklärt Landgraf. In dieses Feld können alle Pflegekräfte zu jedem Zeitpunkt alle auffälligen gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Heimbewohners eintragen. Die Hausärztin kann sich von ihrer Praxis aus in die Pflegeheimsoftware einwählen. „Ich lese morgens und abends die Eintragungen und kann somit schnell und adäquat reagieren“, sagt sie. Außerdem nutzt sie e-Pflegeakten zur regelmäßigen Kontrolle der Medikation und der Behandlungsverläufe, koordiniert notwendige Untersuchungen und bereitet auch die wöchentlichen Stationsvisiten vor. So wird die Zeit vor Ort geringer und die Effektivität größer. In ihrer Dissertation 2017 konnte sie zeigen, dass die auf diese Art betreuten Patienten nicht nur deutlich weniger Medikamente nehmen, sondern auch viel seltener ins Krankenhaus müssen.

Den 2. Platz des Deutschen Preises für Patientensicherheit mit 6.000 Euro Preisgeld vergibt die Jury dieses Jahr an ein Projekt zur Optimierung des Entlassmanagements für die Neonatologie und Pädiatrie am Universitätsklinikum Essen in Zusammenarbeit mit der Vestischen Kinder- und Jugendklinik im nordrhein-westfälischen Datteln. Das Team um Dr. Britta M. Hüning bezieht die Bedürfnisse des Kindes und die Ressourcen der Familie frühzeitig in die Entlassplanung mit ein. „Durch einen strukturierten Entlassmanagementprozess mit transparenten Standards können Fehler durch Informationsverluste und Verzögerungen im Patientenpfad vermieden werden“, erläutert François-Kettner. Eltern würden lernen, beispielsweise Notfallmedikamente korrekt zu verabreichen. Die Dokumentation des Verfahrens wurde stark komprimiert, strukturiert und farblich kodiert, um die Anwendung im Alltag zu erleichtern.

Auf den mit 3.500 Euro dotierten 3. Platz wählte die Jury das Projekt von Dr. Heike Vogelsang von der Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin am Katholischen Klinikum Bochum. Um die Sicherheit während der kritischen Phase der Narkose zu verbessern, hat sie gemeinsam mit ihrem Team eine umfangreiche Cockpit-Strategie aus CRM-Elementen der zivilen Luftfahrt entwickelt und in die Anästhesiologie überführt. Sowohl in Routine- als auch in Notfallsituationen kann das Team mit Hilfe der Cockpit-Strategie sicher und effektiv handeln. Alle am Team beteiligten Pflegekräfte und Ärzte arbeiten dabei unmittelbar zusammen, um den Patienten vor Schaden zu schützen. Das Konzept wurde 2009 entwickelt und seit 2010 im Katholischen Klinikum Bochum erfolgreich eingesetzt. Fachübergreifende Workshops für alle Berufsgruppen werden mehrfach jährlich durchgeführt und sind eine wesentliche Säule des Sicherheitskonzeptes der Klinik.

Das APS verleiht auch in diesem Jahr wieder einen Sonderpreis. Dieser geht an Professor Dr. Michael Linden vom Institut für Verhaltenstherapie Berlin (IVB). Es ist inzwischen wissenschaftlich belegt, dass Psychotherapie auch schwerwiegende Nebenwirkungen haben kann. Beispiele sind Symptomverstärkungen, Problemaggravierungen, Induktion von False Memories, Probleme in der Familie oder im Beruf. Ein Projektteam des IVB hat das Spektrum und die Häufigkeit von Nebenwirkungen der Verhaltenstherapie wissenschaftlich untersucht und ausgewertet und Seminare dazu in die Ausbildungscurricula aufgenommen. Es ist davon auszugehen, dass in der Zukunft derartige Kurse an allen Psychotherapieausbildungsinstituten eingeführt werden.

„Wir freuen uns, in diesem Jahr vier Initiativen auszeichnen zu können, die zukunftsweisende Ansätze zur Verbesserung der Patientensicherheit beinhalten“, fasst Dr. Ruth Hecker, Stellvertretende Vorsitzende des APS, zusammen. Eine Jury mit Vertretern aus Pflege, Ärzteschaft, Apotheken, Selbsthilfe, und Kostenträgern hat aus 29 hoch qualifizierten Bewerbungen die Preisträger ausgewählt. Stifter des Preisgeldes sind B. Braun, der Ecclesia Versicherungsdienst, das Gesundheitsunternehmen MSD Sharp & Dohme GmbH und der medizinische Fachverlag Thieme.

 

 


Quelle: Aktionsbündnis Patientensicherheit e.V. (APS), (tB).

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