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Aktivierung neuer Zelltod-Signalwege in chemotherapieresistenten Tumoren

  

München (2. Oktober 2008) – Die größte Herausforderung der Tumortherapie besteht in Behandlung von radio- und chemotherapieresistenten Tumoren. Hierzu ist die Entwicklung neuartiger Zytostatika unumgänglich. An der Universität Tübingen arbeiten daher Forscher an der Aktivierung neuartiger Zelltod-Signalwege mithilfe derer sich chemotherapieresistente Tumorzellen zerstören lassen. Die Ergebnisse dieses von der Wilhelm Sander-Stiftung geförderten Projekts könnten einen wesentlichen Beitrag zur Überwindung der Therapieresistenz von Tumoren liefern.

In unserem Körper entstehen täglich Milliarden neuer Zellen, für die jeweils die gleiche Anzahl von Zellen sterben muss. Dies geschieht über die Aktivierung eines Selbstmordprogramms in der Zelle, auch Apoptose genannt. Dieser programmierte Zelltod ist ein natürlicher Vorgang, über den unerwünschte Zellen in unserem Körper ‚entsorgt‘ werden. Bei Tumorzellen ist nun oftmals das natürliche Selbstmordprogramm inaktiviert und trägt dadurch entscheidend zum ungezügelten Tumorwachstum bei. Die Arbeitsgruppe von Prof. Sebastian Wesselborg hat sich in den letzten Jahren intensiv mit der molekularen Wirkungsweise von Chemotherapeutika beschäftigt und die Signalwege untersucht, über die das Selbstmordprogramm in der Zelle aktiviert wird.

 

Gemeinsam mit anderen Forschergruppen gelang Professor Wesselborg der Nachweis, dass hierbei von den unterschiedlichen Zelltodsignalwegen der so genannte ‚mitochondriale Apoptoseweg‘ in der Zelle aktiviert wird. Es ist daher nicht verwunderlich, dass Tumorzellen ihrerseits gegenrüsten indem sie diesen mitochondrialen Apoptoseweg inaktivieren und dadurch Resistenz gegenüber Radio- und Chemotherapie erlangen. Folglich wäre es von großem Nutzen für Krebspatienten, wenn es gelänge neuartige Signalwege zu entdecken, die unabhängig vom mitochondrialen Apoptoseweg in Tumorzellen das endogene Selbstmordprogramm aktivieren. Dadurch bestünde dann die Möglichkeit chemotherapieresistente Tumore zu eliminieren.

In ersten Arbeiten konnte Professor Sebastian Wesselborg nun zeigen, dass sich in chemotherapieresistenten Tumorzellen durch den Kinase-Inhibitor Staurosporin Apoptose induzieren ließ. Diese Beobachtung war besonders interessant, da Derivate von Staurosporin wie UCN-01 bereits in ersten klinischen Studien getestet werden. Daraufhin untersuchte Professor Wesselborg die einzelnen Apoptose-Signalwege im Detail, die durch Staurosporin aktiviert werden. Es stellte sich heraus, dass Staurosporin zwar den mitochondrialen Zelltodweg aktivieren konnte, aber darüber hinaus in der Lage ist einen neuartigen bislang unbekannten Apoptoseweg in Tumorzellen zu aktivieren.

Ziel ist es nun den Wirkmechanismus von Staurosporin im Detail weiter aufzuklären und die betreffenden anti-apoptotischen Kinasen zu identifizieren, die durch Staurosporin gehemmt werden. Dies ist wichtig, da Staurosporin einer der unspezifischsten Kinase-Inhibitoren ist, welcher über 100 der bislang bekannten 500 Kinasen inhibiert. Die Identifizierung der entsprechenden Zielproteine von Staurosporin bietet dann die Möglichkeit der Entwicklung neuartiger Agenzien zur Eliminierung chemotherapieresistenter Tumore.

Bis diese Ergebnisse Einzug in bestehende Therapiekonzepte halten ist es natürlich noch ein langer Weg – so der Tübinger Zellbiologe. Letztlich wird – bis auf wenige Ausnahmen – die Entwicklung einer ‚Magic Bullet‘, also eines Therapeutikums mit dem sich sämtliche Tumore eliminieren lassen wohl Illusion bleiben. Der Erfolg künftiger Krebstherapien wird aber nach Professor Wesselborg eher ähnlich wie bei der HIV-Therapie nicht in der Anwendung einzelner Drugs liegen, sondern in dem gleichzeitigen Angreifen unterschiedlicher Achillesfersen des Tumors mit verschiedenen Therapeutika. Dadurch wird es dem Tumor nicht mehr möglich sein gleichzeitig Resistenzen gegenüber den verschiedenen Achillesfersen auszubilden – was damit letztlich zum erfolgreichen Absterben des Tumors führt. Deshalb ist es wichtig in der Krebsforschung unterschiedliche Therapiekonzepte zu verfolgen und die Aktivierung dieses neuartigen Apoptose-Signalweges könnte damit einen wichtigen Beitrag für die Entwicklung künftiger Kombinationstherapien liefern.

Sebastian Wesselborg ist mittlerweile Sprecher des seit Juli 2008 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Sonderforschungsbereichs 773 ‚Therapieresistenz solider Tumoren und ihre Überwindung‘ in dem unter anderem die durch die Wilhelm Sander-Stiftung geförderten Arbeiten von Prof. Wesselborg erfolgreich weiterverfolgt werden.

 

 


 

Quelle: Pressemitteilung der Wilhelm Sander-Stiftung vom 02.10.2008.

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