PFLEGE
AWARDS
Forschergeist gefragt: 14. Novartis Oppenheim-Förderpreis für MS-Forschung ausgelobt
FernstudiumCheck Award: Deutschlands beliebteste Fernhochschule bleibt die SRH Fernhochschule
Vergabe der Wissenschaftspreise der Deutschen Hochdruckliga und der Deutschen Hypertoniestiftung
Den Patientenwillen auf der Intensivstation im Blick: Dr. Anna-Henrikje Seidlein…
Wissenschaft mit Auszeichnung: Herausragende Nachwuchsforscher auf der Jahrestagung der Deutschen…
VERANSTALTUNGEN
Wichtigster Kongress für Lungen- und Beatmungsmedizin ist erfolgreich gestartet
Virtuelle DGHO-Frühjahrstagungsreihe am 22.03. / 29.03. / 26.04.2023: Herausforderungen in…
Pneumologie-Kongress vom 29. März bis 1. April im Congress Center…
Die Hot Topics der Hirnforschung auf dem DGKN-Kongress für Klinische…
Deutscher Schmerz- und Palliativtag 2023 startet am 14.3.
DOC-CHECK LOGIN
Aktuelle Aspekte der Anwendung von Cannabinoiden in Schmerz- und Palliativmedizin
Medizinal-Cannabis als Bestandteil der modernen Schmerztherapie
Berlin (20. März 2020) – Seit drei Jahren ist Medizinal-Cannabis in Deutschland ein verschreibungs- und erstattungsfähiges Arzneimittel. Die Anwendung von Cannabinoiden in verschiedenen Zubereitungen erweitert die therapeutische Bandbreite z.B. bei chronischen Schmerzen und anderen (potenziellen) Indikationen. Im Rahmen eines Presseworkshops im Livestream-Format berichteten und diskutierten Experten aus Arzt- und Apothekersicht über die Einsatzmöglichkeiten von medizinischem Cannabis in der Schmerz- und Palliativmedizin.
Seit der Gesetzesänderung vom März 2017 ist in Deutschland nach entsprechender Genehmigung die Verordnung von medizinischem Cannabis auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung möglich.(1) „Mittlerweile sind Cannabinoide im Alltag der Schmerz- und Palliativmedizin angekommen, jedoch nicht alltäglich“, resümierte Prof. Dr. Joachim Nadstawek (Schmerzzentrum an der Jankerklinik, Bonn).
Vielfältige potenzielle Indikationen in der Schmerz- und Palliativbehandlung
Haupteinsatzgebiet medizinischer Cannabispräparate sind Schmerzen verschiedener Ursachen.(2) Vielfältige weitere potenzielle Indikationen werden diskutiert. Die Evidenz für die Wirksamkeit blieb in den letzten Jahren weitgehend unverändert und wird durch verschiedene Fachgesellschaften zum Teil unterschiedlich bewertet, wie der Schmerz-therapeut weiter erläuterte. Eine 2015 veröffentlichte Übersicht und Metaanalyse(3) ergab eine Evidenz mäßiger Qualität für den Einsatz bei chronischen Schmerzen und Spastik sowie geringer Qualität für die Besserung von Übelkeit und Erbrechen infolge Chemotherapie, Gewichtszunahme bei HIV-Infektion, Schlafstörungen und Tourette-Syndrom.(3) Die National Academies of Sciences, Engineering and Medicine berichteten 2018 über eine gute Evidenz für die Wirksamkeit bei Schmerz, Chemotherapie-induzierter Übelkeit/Erbrechen und Spastik bei Multipler Sklerose (MS) sowie moderate Evidenz bei Schlafstörungen.(4)
Die PraxisLeitlinie „Cannabis in der Schmerzmedizin“(5) der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin (DGS) e.V. nennt als mögliche Indikationen mit Empfehlungsgrad A: chronischen Schmerz, Tumorschmerz, nicht-tumorbedingten Schmerz, neuropathischen Schmerz und spastischen Schmerz bei MS; mit Empfehlungsgrad B: Untergewicht/ Appetitlosigkeit/ Kachexie, Beschwerden bei Morbus Crohn und Chemotherapie-bedingte Übelkeit/Erbrechen; mit Empfehlungsgrad C: Schlafstörungen bei chronischem Schmerz, Fibromyalgie, Tourette-Syndrom sowie viszeralen, rheumatischen und Muskelschmerz.(5) Weitere Hinweise zu Evidenz und Stellenwert von medizinischem Cannabis und Cannabis-basierten Medikamenten in der Behandlung chronischer Schmerzen sind in nationalen und internationalen Positionspapieren der Ad-hoc-Kommission der DGS(6) bzw. der European Pain Federation (EPF)(7) publiziert.
Deutliche Schmerzreduktion bei der Mehrzahl der Patienten
„In der Praxis beobachtet man unter Therapie mit Cannabinoiden bei vielen Patienten eine Schmerzreduktion“, berichtete Nadstawek. Laut einer aktuellen Zwischenauswertung der Cannabis-Begleiterhebung des BfArM in Deutschland wurden die Schmerzen nach Einschätzung behandelnder Ärzte bei rund 36 % von 3.138 Patienten mit Cannabispräparaten deutlich und bei 34 % moderat gebessert.(2) Ergebnisse einer retrospektiven Kohortenstudie aus Deutschland zeigten, dass Cannabis-basierte Arzneimittel auch bei geriatrischen Schmerz- und Palliativpatienten eine effektive und risikoarme Therapieoption sind. Dort erreichten über die Hälfte von 40 ausgewerteten Patienten eine Schmerzlinderung von mehr als 30 %, jeder Zehnte von mehr als 50 %. Bei 36 % der Patienten wurden mehr als drei Symptome oder Nebenwirkungen der Vortherapie positiv beeinflusst.(8)
Wirkungsentfaltung über das Endocannabinoid-System
Auf die Schmerzlinderung und – verarbeitung kann das körpereigene Endocannabinoid-system (ECS) modulierend einwirken, wie Dr. Dennis Stracke (MediosApotheke an der Charité, Berlin) erläuterte. Das ECS ist Teil des Nervensystems und beeinflusst vielfältige physiologische Prozesse und Funktionen im Organismus.(9,10) Es umfasst im Wesentlichen die körpereigenen Cannabinoid-Rezeptoren mit ihren natürlichen Liganden, den Endocannabinoiden. Bisher wurden zwei Cannabinoid-Rezeptoren, CB1 und CB2 identifiziert, die bei der Aufnahme von Cannabis im Körper eine zentrale Rolle bei dessen Wirkungsentfaltung spielen: CB1 Rezeptoren sind hauptsächlich auf Neuronen des zentralen wie auch peripheren Nervensystems lokalisiert(11), CB2 Rezeptoren überwiegend auf Zellen des Immunsystems(12).
Vielfältige pharmakologische Wirkungen
Cannabis (C. sativa) ist eine einjährige krautige Pflanze aus der Familie der Hanfgewächse, die weltweit vorkommt. Pharmazeutisch genutzt werden die weiblichen Blütenstände, deren Gehalt an Cannabinoiden am höchsten ist. Neben den über 100 verschiedenen Phytocannabinoiden enthalten die Pflanzen mehr als 600 weitere Inhaltsstoffen, darunter zahlreiche Terpenoide und Terpene. Die therapeutisch relevantesten Wirkstoffe sind Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD), welche in Cannabinoid-haltigen Rezepturen in unterschiedlichen Anteilen enthalten sind.
Beide binden an CB1-R und CB2-R und können die Überaktivität von Neurotransmittern reduzieren. Unter den vielfältigen pharmakologischen Wirkungen sind die analgetischen, spasmolytischen, antiemetischen und appetitanregenden von besonderer Bedeutung. Die Blüten der meisten medizinisch genutzten Cannabis-Varietäten enthalten THC als Cannabinoid in der höchsten Konzentration. THC entfaltet seine Wirkung über das ECS und ist für die psychotropen Effekte von Cannabis verantwortlich. CBD ist nicht psychotrop und wirkt primär unabhängig vom ECS. In den Cannabisblüten liegen die Cannabinoide THC und CBD hauptsächlich in Form ihrer Säuren THCA und CBDA vor.
Die wirksamen Moleküle THC und CBD entstehen durch Decarboxylierung, welche über eine Erhitzung des Pflanzenmaterials erreicht wird.
Bei der Therapieeinleitung sollte laut Stracke mit der geringsten Dosierung begonnen und langsam aufdosiert werden. Aufgrund der Metabolisierung über CYP-Enzyme sind Interaktionen mit anderen Arzneimitteln zu berücksichtigen. Aktuell existieren hauptsächlich inhalative und orale Darreichungsformen von Cannabinoidhaltigen Rezepturen. Man unterscheidet getrocknete Cannabisblüten verschiedener Sorten und Hersteller, Cannabis-Vollextrakte, die die volle Bandbreite an Cannabinoiden, Terpenoiden und anderen Wirksubstanzen erhalten, sowie Monopräparate, d.h. Rezepturarzneimittel mit einzelnen, z.T. synthetischen Wirkstoffen. Getrocknete Cannabisblüten können inhalativ mithilfe spezieller Vaporisatoren angewendet werden. Dazu sollten die Blüten vorher zerkleinert und gesiebt werden, um die genaue Dosierung zu gewährleisten.
Bei inhalativer Anwendung ist das Risiko für Nebenwirkungen bzw. Überdosierungen allerdings erhöht. Flüssige Darreichungsformen, Cannabis-Vollextrakte, werden zur oralen Anwendung konzentriert oder verdünnt in entsprechenden Trägerlösungen zubereitet, ggf. auch mit Cannabinoiden angereichert. Sie sind aufgrund der definierten Wirkstoffkonzentration besser dosierfähig und einfacher zu applizieren.
CME-Fortbildung: Cannabis in Ihrer Praxis – Therapeutischer Nutzen und Einsatz-möglichkeiten von Cannabinoiden
Der Informationsbedarf unter Ärztinnen und Ärzten zum Einsatz von Medizinal-Cannabis als relativ neue Therapie-Option ist weiterhin sehr hoch ist. Deshalb bietet Aurora Deutschland GmbH die CME-Fortbildungen „Cannabis in Ihrer Praxis“ an.
Referenzen
- https://www.bfarm.de/DE/Bundesopiumstelle/Cannabis/_node.html
- Cremer-Schaeffer P et al. Cannabisarzneimittel in der Schmerztherapie. Schmerz 2019; 33: 415-423
- Whiting PF et al. Cannabinoids for medical use. A systematic review an meta-analysis. JAMA 2015; 313 (24): 2456-2473
- Abrams DI. The therapeutic effects of cannabis and cannabinoids: An update form the National Academies of Sciences, Engineering and Medicine report. Eur J Intern Med 2018; 49: 7-11
- Horlemann J, Schürmann N. DGS-PraxisLeitlinie Cannabis in der Schmerzmedizin. Version 1.0 für Fachkreise, Erscheinungsjahr 2018. ISBN: 978-3-9817530-4-2. https://www.dgs-praxisleitlinien.de/index.php/leitlinien/cannabis
- Petzke F et al. Ein Positionspapier zu medizinischem Cannabis und cannabisbasierten Medikamenten in der Schmerzmedizin. Schmerz 2019; 33: 449-465
- Häuser W et al. European Pain Federation (EFIC) position paper on appropriate use of cannabis-based medicines and medical cannabis for chronic pain management. Eur J Pain 2018; 22: 1547-1564
- Wendelmuth C et al. Dronabinol bei geriatrischen Schmerz- und Palliativpatienten. Schmerz 2019; 33: 384-391
- Console-Bram L et al. Cannabinoid receptors: nomenclature and pharmacological principles. Progress in neuro-psychopharmacology & biological psychiatry 2012; 38:4-15
- Castillo PE et al. Endocannabinoid signaling and synaptic function. Neuron 2012; 76: 70-81
- Matsuda LA et al. Structure of a cannabinoid receptor and functional expression of the cloned cDNA. Nature 1990; 346: 561-564
- Munro S et al. Molecular characterization of a peripheral receptor for cannabinoids. Nature 1993; 61-65
Download
- Cannabis: Eine lange Tradition in der Medizin
- Das Endocannabinoid-System
- Einsatzgebiete Medizinal-Cannabis
- Aurora: Ursprung in Kanada
Über Aurora Deutschland GmbH
Die Aurora Deutschland GmbH mit Hauptsitz in Berlin ist einer der größten zugelassenen Pharmagroß-händler für Medizinal-Cannabis sowie ein zugelassener Betäubungsmittelhändler. Darüber hinaus ist das Unternehmen eine GMP-geprüfte Importgesellschaft für Arzneimittel. Die vertriebenen Medizinal-Cannabisprodukte sind Arzneimittel gemäß AMG § 2 Absatz 1 und Ausgangsstoffe nach § 11 der ApBetrO. Die Landesgesellschaft ist Teil der Aurora Europe GmbH, die ihrerseits eine Tochtergesellschaft des börsennotierten kanadischen Cannabis-Herstellers Aurora Cannabis Inc. mit Hauptsitz in Edmonton, Alberta, ist. Aurora ist eines von drei Unternehmen, die in Deutschland für den Anbau von Medizinal-Cannabis zugelassen sind. Die Produktion dafür wird zurzeit im Biochemiepark Leuna errichtet.
Die Aurora Deutschland GmbH wurde im Juli 2015 von Dr. Florian Holzapfel und Patrick Hoffmann unter dem Namen Pedanios GmbH gegründet. Mit der erteilten Großhandelserlaubnis konnten noch im Dezember 2015 die ersten Cannabis-Produkte vertrieben werden. Anfang August 2018 firmierte die Pedanios GmbH offiziell zu Aurora Deutschland GmbH um. Neben der Import- und Großhandelserlaubnis verfügt Aurora Deutschland auch über eine Herstellerlaubnis.
Quelle: Aurora Deutschland, 20.3.2020 (tB).