Studie soll klären

Amyloid-PET könnte Patienten mit Demenz unklarer Ursache helfen

 

  • Wenn die PET besser zwischen Alzheimer und anderen Demenzformen unterscheiden kann, erlaubt dies vielleicht eine präzisere Medikamentengabe und einen längeren Erhalt der Selbstständigkeit.

 

Köln (15. Juni 2020) — Bei Patientinnen und Patienten mit Demenz unklarer Ursache (Ätiologie) könnte eine zusätzliche Amyloid-PET-Untersuchung eventuell vorteilhaft im Vergleich zur alleinigen Standarddiagnostik sein. Zu dieser Bewertung kam das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) nach Sichtung der Unterlagen eines Herstellers und einer eigenen systematischen Recherche. Die PET-Diagnostik führe zu Medikationsänderungen, die möglicherweise eine bessere kognitive Leistungsfähigkeit und weniger Krankenhausaufenthalte nach sich ziehen könnten. Die Methode habe somit das Potenzial, eine Behandlungsalternative zu sein, die von den Krankenkassen bezahlt werden sollte. Eine Erprobungsstudie, die geeignet ist, die notwendigen Erkenntnisse für die Bewertung des Nutzens der Methode zu gewinnen, ist nach Einschätzung des IQWiG sinnvoll möglich.

Nach der „Erprobungsregelung“ (§137e SGB V) kann der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) Richtlinien zur Erprobung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden beschließen, deren Nutzen noch nicht hinreichend belegt ist, die aber „das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative“ erkennen lassen – er kann also klinische Studien anstoßen, um die Evidenzlage für einzelne Methoden zu verbessern.

Im Auftrag des G-BA hatte das IQWiG bewertet, ob die Amyloid-PET-Untersuchung ein solches Potenzial für eine Behandlungsalternative bietet. Nach dem grundsätzlichen „Ja“ des Instituts auf diese Frage beschloss der G-BA am 6. Februar 2020 die „Richtlinie zur Erprobung der Amyloid-Positronenemissionstomografie (PET) bei Demenz unklarer Ätiologie“. Nach Nichtbeanstandung durch das Bundesgesundheitsministerium (BMG) ist die Erprobungsrichtlinie jetzt in Kraft getreten.

 

PET-Diagnostik soll verschiedene Formen von Demenz unterscheiden

Eine Positronenemissionstomografie (PET) ist eine Untersuchung, bei der von einer Körperregion mehrere Schichtbilder erstellt werden. Diese Bilder zeigen die abgebildete Region Schicht für Schicht, wie in dünnen Scheiben. Bei dieser Methode arbeitet man mit einer radioaktiven Substanz, die in der bei dieser Untersuchung verwendeten Dosis für Menschen als nicht bedenklich gilt.

Ziel einer Amyloid-PET ist es, die für Alzheimer-Patientinnen und -Patienten typischen pathologischen Eiweißablagerungen im Gehirn auszuschließen bzw. nachzuweisen. Bei unklarem Demenzsyndrom soll die Untersuchung diagnostische Informationen liefern, auf deren Grundlage das Therapiemanagement angepasst werden kann. So könnten zum Beispiel Menschen mit Demenz, die derzeit Medikamente gegen Alzheimer-Demenz einnehmen, auf diese Medikamente (und ihre Nebenwirkungen) verzichten, wenn das PET-Ergebnis gegen eine Alzheimer-Demenz spricht.

Die vorliegende IQWiG-Potenzialbewertung beruht auf Ergebnissen der RCT-Studie von Pontecorvo und Kolleginnen und Kollegen aus dem Jahr 2017. Die Studie zeigte, dass die Amyloid-PET bei Patientinnen und Patienten mit kognitiver Verschlechterung hilft, die mutmaßliche Krankheitsursache feststellen zu können. Die Unterscheidung zwischen verschiedenen Demenzformen und -ursachen führte dann zu Anpassungen der Medikation. Zu hoffen, aber noch nicht nachgewiesen ist, dass eine zielgerichtete Medikation sowohl zu besserer kognitiver Leistungsfähigkeit als auch zu weniger Nebenwirkungen führt. Beides könnte dazu beitragen, Krankenhausaufenthalte und den Verlust von Selbstständigkeit bei Menschen mit Demenz zu vermeiden. Dieser Fragestellung soll sich die jetzt vom G-BA beauftragte Studie widmen.

 

Weitere Daten zu patientenrelevanten Vorteilen notwendig

„Um eine belastbare Nutzenaussage zur Amyloid-PET bei Demenz unklarer Ätiologie treffen zu können, sind aussagekräftige Daten zu patientenrelevanten Endpunkten erforderlich“, betont Julia Kreis, Bereichsleiterin für Potenzialbewertungen beim IQWiG. Deswegen hat der G-BA jetzt eine Erprobungsstudie initiiert, in der untersucht werden soll, ob Diagnose- und Managementänderungen, die bei Patientinnen und Patienten mit Demenz unklarer Ätiologie, die aufgrund einer Amyloid-PET-Untersuchung vorgenommenen werden, tatsächlich zu Vorteilen in Hinblick auf den Verlauf der Demenz führen. Vor allem beim Erhalt der Selbstständigkeit sollen Vorteile nachgewiesen werden.

Es sei gut, dass der Gesetzgeber mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) eine wesentliche Hürde für die Planung und Durchführung von Erprobungsstudien beseitigt habe: „Der G-BA kann solche Studien nun selbst finanzieren. Damit entfällt die oft aufwändige Prüfung, inwiefern die Hersteller angemessen an den Kosten zu beteiligen sind“, erläutert Kreis. Sie habe Hoffnung, dass sinnvolle Innovationen unter den neuen Rahmenbedingungen schneller den Weg in die Versorgung finden.

 

Weitere Informationen des IQWiG

 

Weitere Informationen des G-BA

 


Quelle: Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), 15.06.2020.

Schlagwörter: ,

MEDICAL NEWS

IU School of Medicine researchers develop blood test for anxiety
COVID-19 pandemic increased rates and severity of depression, whether people…
COVID-19: Bacterial co-infection is a major risk factor for death,…
Regenstrief-led study shows enhanced spiritual care improves well-being of ICU…
Hidden bacteria presents a substantial risk of antimicrobial resistance in…

SCHMERZ PAINCARE

Hydromorphon Aristo® long ist das führende Präferenzpräparat bei Tumorschmerz
Sorgen und Versorgen – Schmerzmedizin konkret: „Sorge als identitätsstiftendes Element…
Problem Schmerzmittelkonsum
Post-Covid und Muskelschmerz
Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln

DIABETES

Wie das Dexom G7 abstrakte Zahlen mit Farben greifbar macht…
Diabetes mellitus: eine der großen Volkskrankheiten im Blickpunkt der Schmerzmedizin
Suliqua®: Einfacher hin zu einer guten glykämischen Kontrolle
Menschen mit Diabetes während der Corona-Pandemie unterversorgt? Studie zeigt auffällige…
Suliqua® zur Therapieoptimierung bei unzureichender BOT

ERNÄHRUNG

Positiver Effekt der grünen Mittelmeerdiät auf die Aorta
Natriumaufnahme und Herz-Kreislaufrisiko
Tierwohl-Fleisch aus Deutschland nur mäßig attraktiv in anderen Ländern
Diät: Gehirn verstärkt Signal an Hungersynapsen
Süßigkeiten verändern unser Gehirn

ONKOLOGIE

Strahlentherapie ist oft ebenso effizient wie die OP: Neues vom…
Zanubrutinib bei chronischer lymphatischer Leukämie: Zusatznutzen für bestimmte Betroffene
Eileiter-Entfernung als Vorbeugung gegen Eierstockkrebs akzeptiert
Antibiotika als Störfaktor bei CAR-T-Zell-Therapie
Bauchspeicheldrüsenkrebs: Spezielle Diät kann Erfolg der Chemotherapie beeinflussen

MULTIPLE SKLEROSE

Multiple Sklerose: Aktuelle Immunmodulatoren im Vergleich
Neuer Biomarker für Verlauf von Multipler Sklerose
Multiple Sklerose: Analysen aus Münster erhärten Verdacht gegen das Epstein-Barr-Virus
Aktuelle Daten zu Novartis Ofatumumab und Siponimod bestätigen Vorteil des…
Multiple Sklerose durch das Epstein-Barr-Virus – kommt die MS-Impfung?

PARKINSON

Meilenstein in der Parkinson-Forschung: Neuer Alpha-Synuclein-Test entdeckt die Nervenerkrankung vor…
Neue Erkenntnisse für die Parkinson-Therapie
Cochrane Review: Bewegung hilft, die Schwere von Bewegungssymptomen bei Parkinson…
Technische Innovationen für eine maßgeschneiderte Parkinson-Diagnostik und Therapie
Biomarker und Gene: neue Chancen und Herausforderungen für die Parkinson-Diagnose…