AOK

Europa braucht ein Qualitätssiegel für Medizinprodukte

 

Berlin  (13. November 2012) – Die Überprüfung von Hochrisiko-Medizinprodukten in der Europäischen Union gehört in die Hände einer zentralen Behörde. Das forderte Jürgen Graalmann, Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbandes, am Montagabend (12.November) anlässlich eines Treffens mit Vertretern der EU-Kommisssion, des Europäischen Parlaments und weiteren Gesundheitsexperten in Brüssel. Nach den letzten Skandalen um fehlerhafte Medizinprodukte will die EU-Kommission die Sicherheit von Medizinprodukten per EU-Verordnung verbessern. Der vorliegende Entwurf vernachlässige aber wichtige Sicherheitsaspekte, kritisierte Graalmann:

 

"Wenn ein Hersteller zwischen fast 80 benannten Stellen in Europa für die CE-Kennzeichnung seines Produktes wählen kann, geht er lieber dorthin, wo die Hürden nicht so hoch sind." Ökonomische Fehlanreize dürften aber nicht den Nutzen für die Patienten und deren Sicherheit gefährden. "Ein Qualitätssiegel ‚Proved in Europe‘ ist deutlich nachhaltiger als ein sogenannter Lead Market mit niedrigen Hürden und schafft Konkurrenzfähigkeit auf den internationalen Märkten", erklärte der AOK-Vorstand.

 

 

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Europaweit gibt es fast 80 benannte Stellen, die das CE-Siegel für Hochrisiko-Medizinprodukte vergeben dürfen. Deren Anbieter können frei wählen, bei welchem dieser privatwirtschaftlichen Institute sie ihr Produkt prüfen lassen. In den Vereinigten Staaten übernimmt mit der Food and Drug Administration (FDA) eine staatliche Behörde die Bewertung und Zulassung solcher Hochrisiko-Medizinprodukte. Im Gegensatz zu Europa sind klinische Studien zum Patientennutzen fester Bestandteil des Verfahrens und zwingende Voraussetzung für die Zulassung dieser sensiblen Produkte. Während in Europa zahlreiche Medizinprodukte zunächst vermarktet werden dürften, später aber aus Sicherheitsgründen wieder zurückgezogen werden müssten, gelangten dieselben Produkte etwa in den USA erst gar nicht in den Verkehr, erläuterte Jürgen Graalmann. "Bislang sind die Europäer die Versuchskaninchen der Welt", urteilte Graalmann über die aktuelle Zulassungspraxis. Wie lückenhaft das europäische Verfahren zurzeit sei, hätten die jüngsten Veröffentlichungen im British Medical Journal und im Daily Telegraph gezeigt.

 

Journalisten hatten sich als Vertreter einer chinesischen Firma ausgegeben, die eine Hüftendoprothese auf den Markt bringen wollte. Der Clou: Eine ähnliche Hüftprothese war gerade erst wegen massiver Gesundheitsschäden vom Markt genommen worden. Mit 14 benannten Stellen hätten die Journalisten Kontakt aufgenommen, so Graalmann. Keine habe gegen eine Zulassung Bedenken erhoben. "Diese Erfahrung unterstreicht nochmals, dass es mit den aktuellen Zulassungsregelungen ein relevantes Problem für die Patientensicherheit gibt", so seine ernüchternde Bilanz.

 

Jürgen Graalmann steht mit seiner Kritik nicht alleine. Mehr als 50 Spitzenorganisationen der Kranken-, Renten- und Unfallversicherung aus 15 EU-Staaten stützen die Position des AOK-Bundesverbandes. Unter dessen Federführung hatten die Verbände, die mehr als 260 Millionen Menschen in der EU repräsentieren, jüngst ein gemeinsames Positionspapier verabschiedet. Darin fordern sie neben der Etablierung einer zentralen Zulassungsbehörde und einer verpflichtenden Haftpflichtversicherung auch ein ähnlich strenges Verfahren wie bei der Arzneimittelzulassung. Kritischen Stimmen der Medizinprodukte-Hersteller hält Graalmann entgegen: "Ein neues Produkt muss vor allem den Patienten nutzen und nicht nur dem Hersteller." Wer behaupte, schon jetzt den gleichen Anforderungen wie für die Zulassung von Arzneimitteln gerecht zu werden, könne dann ja auch keine Probleme mit einer entsprechenden Verordnung für Hochrisiko-Medizinprodukte haben, die weniger als zwei Prozent aller Medizinprodukte ausmachten.

 


 

Quelle: AOK-Bundesverband, 13.11.2012 (tB).

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