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Aufklärung im Mittelpunkt

Mehr Leben, weniger Epilepsie!

 

Hamburg (30. September 2008) – Die Diagnose Epilepsie greift tief in das Leben der betroffenen Patienten und ihrer Angehörigen ein. Da­bei gehören Epilepsien heute zu den gut behandelbaren neurologi­schen Erkrankungen und Betroffene haben eine große Chance auf ein Leben ohne wesentliche Einschränkungen. Wichtig dabei ist eine früh­zeitige und konsequente Behandlungsstrategie, durch die nahezu sieben von zehn Patienten anfallsfrei sein könnten.1 Auch müssen Pati­enten nicht klaglos Nebenwirkungen und Einschränkungen durch ihre Medikamente hinnehmen. Vielmehr sollten Patienten dazu motiviert werden, mit einem Epilepsie-Spezialisten offen über mögliche Beein­trächtigungen zu sprechen und ihn darüber zu informieren. Nur so kann dieser deren Tragweite einschätzen und den Patienten bei der Gestaltung eines normalen Alltags durch eine moderne und angemes­sene Therapie unterstützen. Im Rahmen einer Pressekonferenz in Hamburg diskutierten nun Epilepsieexperten und Betroffene über mo­derne Behandlungsmethoden der Epilepsie und über Möglichkeiten zur Verbesserung der Arzt-Patienten-Kommunikation.

 

Epileptische Anfälle entstehen durch eine plötzliche, gleichzeitige Übererregung von vielen Millionen von Nervenzellen, erklärte Privat­dozent Dr. med. Konrad J. Werhahn, Neurologische Universitätsklinik Mainz. Es kommt zu unkontrol­lierten Entladungen, die vorübergehend die Funktion von Teilen oder des gesamten Gehirns stören. Wenn der Anfall vorbei ist, funktionieren die meisten Hirnareale aber wieder normal, so dass man den Erkrankten nichts anmerkt. Die Symptome, die man bei den Anfällen "von außen" wahrnimmt, betreffen die Be­wegungs- und Wahrnehmungsfähigkeit, das Sprechvermögen, das Gedächtnis oder das Bewusstsein. Anfälle können jedoch von Patient zu Patient sehr verschieden sein in der Art und Weise der Beeinträch­tigung, in ihrer Dauer und in ihrer Häufigkeit.

 

 

Formen der Epilepsie

 

Man unterscheidet bei Epilepsien zwei Hauptformen: Bei fokalen Epi­lepsien entsteht die Übererregung in einem umschriebenen Bereich der Hirnrinde und breitet sich von da aus. Bei generalisierten Epilep­sien liegt eine weit verbreitete Störung innerhalb der Zellen der Hirn­rinde vor, so dass die Anfälle von Anfang an das ganze Gehirn oder beide Gehirnhälften gleichzeitig erfassen. Einzelne epileptische Anfälle können bei einer akuten Erkrankung auftreten, in diesem Fall steht die Behandlung des Auslösers im Vordergrund. Durch dauerhafte oder chronische Veränderungen der Struktur des Gehirns, z.B. durch Nar­ben, langsam wachsende Hirntumore oder angeborene Störungen, können dagegen chronische Epilepsien entstehen, bei denen die epileptischen Anfälle das Hauptproblem sind.

 

 

Komplette Anfallsfreiheit: Wunsch oder Wirklichkeit?

 

Die Epilepsie gehört heute zu den gut behandelbaren neurologischen Erkrankungen. Bei einer Mehrzahl von etwa zwei Dritteln aller Epilep­siepatienten kann mit einer medikamentösen Therapie – meist im ers­ten oder zweiten Anlauf – komplette Anfallsfreiheit erzielt werden, so Werhahn. Trotz dieser ermutigenden Zahlen glauben auch immer noch viele Epilepsie-Patienten, dass sie die mit ihrer Erkrankung auftreten­den Anfälle und anderen Beeinträchtigungen einfach hin­nehmen müssen. „Dabei könnten beinahe sieben von zehn Patienten anfallsfrei sein“, unterstreicht Nicole Reketat, Managerin Gesund­heitsinformation & Patientenservice, beim auf Epilepsie spezialisierten Unternehmen UCB GmbH aus Monheim. Auch Patienten, die nahezu ohne Anfälle leben, leiden häufig unter Nebenwirkungen ihrer Epilep­sie-Therapie. In einer aktuellen Studie zeigten 67 % der Pa­tienten zwar eine gute Anfallskontrolle, lebten aber dennoch mit medikamentösen Beeinträchtigungen.2

 

 

„Mehr Leben, weniger Epilepsie“:
Erfolgreiche Initiative für Epilepsiepatienten

 

Die vor einem Jahr gegründete und von UCB unterstützte Initiative „Mehr Leben, weniger Epilepsie“ hat sich zum Ziel gesetzt, Patienten einen besseren Umgang mit ihrer Erkrankung zu ermöglichen. Die teilnehmenden Patienten erhalten wertvolle Tipps für einen besseren Umgang mit der Erkrankung und für die Vorbereitung ihres Gesprächs mit einem Fach­arzt. Im Rahmen des Programms werden den Patienten über einen Zeitraum von 5 Monaten individuelle Informationen zugeschickt. Hierzu gehören Broschüren zu Themen wie Reisen, Sport oder Kinderwunsch, aber auch Patiententagebücher und Checklisten für ein Arztgespräch. „Bis heute haben schon über 1.000 Epilepsie-Be­troffene an der Initiative teilgenommen“, beschreibt Reketat den bis­herigen Erfolg der Initiative. Viele Patienten haben danach ein Ge­spräch mit ihrem Facharzt geführt: Häufig führte dieses Arztgespräch zu einer Anpassung der Dosierung oder zu einer Änderung der Medi­kation. Jeder zweite Patient sagt, dass er sich seitdem besser fühlt und einen besseren „Draht“ zu seinem Arzt hat. 97 % der Teilnehmer würden das Programm weiterempfehlen. Interessierte Patienten kön­nen sich über die Internetseite www.Epilepsie-gut-behan­deln.de oder über die Hotline 0800/18 25 613 für eine Teilnahme bei „Mehr Leben, weniger Epilepsie“ anmelden.

 

 

Das Leben mit Epilepsie meistern

 

Jérôme Becher (29) aus München erfuhr im Alter von 10 Jahren, dass er an einer Epilepsie mit primär fokalen und sekundär generalisierten Anfällen leidet. Seit 2003 ist er nun anfallsfrei. Er treibt Sport, hat einen Führerschein und übt seinen Beruf als Physiotherapeut er­folgreich aus. Seine Anfälle erlebte er als erschreckende Momente. Noch schlimmer waren für ihn aber die Auswirkungen der Anfälle auf sein unmittelbares Umfeld und die damit verbundenen Ängste seiner Familie. Dennoch hat ihn die Diagnose nicht davon abgehalten, sein Leben mit der Erkrankung zu meistern: So absolvierte der Münchener bislang 15 Marathonläufe, er hält aktuell einen Guinness-Weltrekord, einen Europarekord im Schwimmen, 4 deutsche Meistertitel und viele kleinere Titel.

 

„Dennoch ist es meine innerste Angst, dass die Anfälle irgendwann wieder zurückkommen. Aus diesem Grund ist es mir heute sehr wich­tig, mit einem Epilepsiespezialisten zusammenzuarbeiten und mich re­gelmäßig untersuchen zu lassen“, so Becher. Er hat gelernt, sich mit der Epilepsie und sich selbst auseinanderzusetzen und sich seinen Ängsten zu stellen. Als „Epilepsiebotschafter“ möchte er nun andere Menschen mit Epilepsie ermutigen, trotz der Krankheit ein erfülltes Leben zu führen. Dies sei unter Befolgung der Ratschläge des behan­delnden Arztes sicherlich möglich.

 

 

Ein steiniger Weg: Von Unwissenheit, Unverständnis und Vorurteilen…

 

Wie wichtig fundierter Rat für Epilepsiepatienten und deren Angehö­rige ist, weiß Ruth Retzlaff, Vorstandsmitglied der Deutschen Epilep­sievereinigung aus Berlin. Sie engagiert sich seit fast zwei Jahrzehnten für Men­schen mit Epilepsie. Dabei lag ihr eine Auseinandersetzung mit der Krankheit bis zum zweiten Lebensmonat ihres Sohnes zunächst fern. Als sie dann im Jahr 1989 bei ihrem Säugling sonderbare Zu­ckungen bemerkte, begann für sie eine von Unwissenheit, Unver­ständnis und Vorurteilen geprägte Odyssee von Arzt zu Arzt. „Erst als ich meinen kleinen Sohn bei einem Neuropädiater vorstellte, fand ich einen Arzt, der mit mir redete, mir zuhörte und der mich mit all mei­nen Ängsten und Vorbehalten sehr ernst nahm“, erklärte sie. Der Neuropädiater gab der jungen Mutter damals Adressen von Selbst­hilfegruppen und begann mit der medikamentösen Behandlung des Kindes. Die ersten drei eingesetzten Medikamente brachten nicht den gewünschten Erfolg. Mit Zustimmung der Eltern erhielt der Junge dann ein ganz neues Medikament, mit dem nach längerer Zeit auch die lang ersehnte Anfallsfreiheit eintrat. Als der Junge ein Jahr alt wurde, und die Anfälle sich wieder einmal häuften, wurde eine MRT-Untersuchung durchgeführt. Erst dann wurde den Eltern die Diagnose „tuberöse Hirnsklerose“ mit epileptischen Anfällen mitgeteilt.

 

 

… zu Wissen, Verständnis und Anteilnahme

 

Doch auch nachdem die Krankheit diagnostiziert war, musste Retzlaff mit ihren Ängsten vor der Zukunft allein fertig werden. Sie musste sich nicht nur von ihrem Wunschbild eines strahlenden gesunden Kindes und der dazugehörigen glücklichen Familie verabschieden. Hinzu ge­sellten sich Probleme in der Familie, in der Partnerschaft und im Freundeskreis. Unterstützung erhielt die junge Mutter von keiner Seite. Anteilnahme und Verständnis fand sie schließlich in verschiede­nen Selbsthilfegruppen. „Für mich war das eine unendliche Entlas­tung! Endlich war ich nicht mehr so allein mit meinen Sorgen“, so Retzlaff rückblickend. Von nun an beschäftigte sie sich intensiv mit den vielen Facetten der Epilepsie, was ihr wiederum Sicherheit im Um­gang mit Ärzten, Physiotherapeuten, Sozialarbeitern und anderen Fachleuten gab. „Als mein Selbstbewusstsein wieder aufgebaut war, entwickelte sich der Wunsch, mein erworbenes Wissen über die Er­krankung weiterzugeben. Und so übernahm ich die Gruppenleitung der damaligen Elterngruppe und arbeitete an der Mitgliederzeitschrift der Deutschen Epilepsievereinigung ‚einfälle’ mit“, erzählt Retzlaff. Als ihr 2004 die Leitung des Projektes „Familienberatung“ der Deutschen Epilepsievereinigung angetragen wurde, sagte sie sofort zu. Seit 2006 ist sie darüber hinaus im Vorstand der Deutschen Epilepsievereinigung für den Bereich der Öffentlichkeitsarbeit zuständig.

 

 

Quellen

  1. Kwan & Brodie, New England Journal of Medicine, 2000
  2. Uijl et al., Seizures, 2006

 


 

Quelle: Pressekonferenz der Firma UCB zum Thema “Mehr Leben, weniger Epilepsie” am 30.09.2008 in Hamburg (Medizin und PR Gesundheitskommunikation) (tB).

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