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Autosomal-dominante polyzystische Nierenerkrankung (ADPKD)

JINARC® (Tolvaptan) mindert den Nierenfunktionsverlust bei ADPKD und reduziert das renale Zystenwachstum

Berlin (14. September 2015) – Die Herausforderung beim Management der autosomal-dominanten polyzystischen Nierenerkrankung (ADPKD) ist groß: für die behandelnden Ärzte wie für die betroffenen Patienten. Bisher konnte ADPKD nur symptomatisch behandelt werden. Seit Mai 2015 ist mit Tolvaptan (JINARC®) das erste krankheitsmodifizierende Medikament der ADPKD in Europa zugelassen. Der selektive Vasopressin-2-Rezeptor-Antagonist mindert den jährlichen Nierenfunktionsverlust und reduziert das renale Zysten-wachstum.1,2 Auf dem von Otsuka Pharma unterstützten Satellitensymposium anlässlich der 7. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie (DGfN) diskutierten Experten den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu Erkrankung, Diagnostik, symptomatischer Behandlung sowie die neue Therapiemöglichkeit der ADPKD mit dem nierenspezifisch wirkenden Tolvaptan. JINARC® ist indiziert bei erwachsenen Patienten mit Niereninsuffizienzstadium 1 – 3 zu Behandlungsbeginn mit Anzeichen für eine rasche Krankheitsprogression.2

 


In Europa sind 3,56 pro 10.000 Menschen von ADPKD betroffen3, das entspricht in Deutschland etwa 100.000 ADPKD-Patienten. „Diese Erbkrankheit ist die vierthäufigste Ursache für chronisches Nierenversagen”, erklärte Prof. Dr. Werner Riegel, Darmstadt.4 Charakteristisch für ADPKD ist die Bildung und stetige Ausdehnung von flüssigkeitsgefüllten Zysten in den Nieren, was zu einer erheblichen Vergrößerung des gesamten Nieren-volumens führt. Durch das Zystenwachstum kommt es zu einer fortschreitenden Nieren-schädigung, die bei den meisten Betroffenen im Alter zwischen 50 und 60 Jahren in terminales Nierenversagen mündet und eine Nierenersatztherapie nötig macht.

Als systemische Erkrankung kann sich die ADPKD sowohl renal als auch extrarenal manifestieren. Laut Riegel leiden die Patienten meist unter Hypertonie, Hämaturie und Proteinurie. Es kann zu Flankenschmerzen, rezidivierenden Harnwegs- und Zysteninfektionen kommen, zudem sind extrarenale Zystenbildungen, insbesondere in der Leber, intrakraniale Aneurysmen (ICA), Herzklappenveränderungen und Kolondivertikulose möglich. „Das klinische Bild der ADPKD ist individuell sehr unterschiedlich ausgeprägt”, so Riegel.5-7 Für das Voranschreiten der Krankheit wurden verschiedene Risikofaktoren ausgemacht. Dazu zählen u.a. männliches Geschlecht, Hypertonie, junges Alter bei Diagnosestellung, schnelles Zystenwachstum sowie Hämaturie, Diabetes und Nikotinabusus.

Neben den körperlichen Beschwerden hat die Erkrankung auch einen bedeutenden psychischen Aspekt: Das Leben vieler Betroffener wird von der Angst vor Dialyse oder Transplantation geprägt. Zudem schränkt die Erkrankung sie in ihrem Arbeitsalltag, z.B. durch den häufigen Harndrang, und in ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit immer weiter ein.

Zystennieren oder Nierenzysten? Klinische Kriterien führen zur Diagnose

Früher wurde die Diagnose ADPKD oft erst sehr spät gestellt, heute sind die Möglichkeiten für eine frühzeitige Diagnose mittels Ultraschall oder Magnetresonanztomographie (MRT) sehr viel besser. Wichtig ist die sichere Abgrenzung der Systemerkrankung ADPKD, der sogenannten „Zystennieren“, von den häufig vorkommenden einfachen Nierenzysten, betonte Prof. Dr. Thomas Benzing, Köln. Zur Unterscheidung werden die Kriterien Zystenzahl, extrarenale Symptome und Erbgang bzw. Familienanamnese herangezogen. „Der Nachweis von zehn auch kleinen Zysten verteilt über beide Nieren resultiert in einer Spezifität und Sensivität von 100 % bei Patienten mit positiver Familiennanamnese“, erklärte Benzing.8 Können im Alter von 30 Jahren keine Zysten nachgewiesen werden, ist eine ADPKD praktisch ausgeschlossen, so Benzing weiter.9 Zum Zystennachweis genüge seiner Meinung nach hochauflösender Ultraschall, der ebenso treffsicher sei wie ein MRT.10 Die Differentialdiagnose von Zystennieren werde dann auch anhand der klinischen Kriterien „bilaterale Zystenlokalisation“ und „Vergrößerung der Nieren“ gestellt. Eine molekulargenetische Untersuchung sei meist nicht nötig. Benzing empfiehlt, zudem nach Zeichen zu suchen, die nicht zur häufigen ADPKD passen wie z.B. Karzinome, Angiomyolipome oder ungewöhnliche extrarenale Symptome.

Blutdrucksenkung bei jungen Patienten kann die ADPKD-Progression hemmen

Ist die Erstdiagnose ADPKD gestellt, sollte laut Benzing eine adäquate Aufklärung und Einbeziehung des Patienten und dessen Angehörigen erfolgen. Aufgrund der möglichen extrarenalen Manifestationen ist eine Echokardiographie zur Abklärung von Herzklappen-veränderungen sinnvoll, ein Screening auf ICA jedoch nur in bestimmten Fällen (z.B. bei positiver Familienanamnese, nach Blutungen). Besonderen Wert legt Benzing auf eine adäquate Blutdruckkontrolle bei ADPKD: einerseits zur kardiovaskulären Prophylaxe, andererseits zur Progressionshemmung der ADPKD.11,12 Gerade junge ADPKD-Patienten mit noch erhaltener Nierenfunktion profitieren von einer aggressiven Blutdruckeinstellung auf Werte von 95/60 mmHg–110/75 mmHg in Form von geringerem Zystenwachstum und geringerer Albuminurie, so Benzing.12 Die Patienten sollten einen ACE-Hemmer oder einen Angiotensin-Rezeptor-Blocker zur Blutdrucksenkung erhalten, eine Kombination bringe keinen Benefit und sei nicht indiziert. „Die aggressive Blutdrucksenkung ist bei intensiver Betreuung sicher und nebenwirkungsarm“, lautete Benzings Fazit für die Praxis. Ein positiver Einfluss auf die Nierenfunktion zeige sich jedoch vermutlich erst längerfristig. Hierzu fehlen aber noch valide Daten. Man sollte immer bedenken, so Benzing weiter, dass es sich bei der ADPKD um eine progrediente Erkrankung handelt und es essenziell für den Patienten sei, die Nierenfunktion möglichst lange zu erhalten.

JINARC® (Tolvaptan) – selektiver Wirkmechanismus verzögert ADPKD-Progression

Bisher konnten bei ADPKD nur Symptome gelindert bzw. teilweise die Begleiterkrankungen behandelt werden. „Mit JINARC® (Tolvaptan) steht seit Juli 2015 erstmals eine nierenspezifische und effiziente Behandlungsmöglichkeit bei ADPKD zur Verfügung, mit der wir ansetzen können – am besten frühzeitig –, um das Fortschreiten der Krankheit zu verlangsamen”, erklärte Prof. Dr. Peter Gross, Dresden.

Der selektive Vasopressin-2-Rezeptor-Antagonist Tolvaptan minderte den jährlichen Nie-renfunktionsverlust um 31 % bis 33 % je nach Niereninsuffizienzstadium und reduzierte das renale Zystenwachstum um 49 % im Vergleich zu Placebo.1 Dies wurde in den TEM-PO-Studien (Tolvaptan Efficacy and Safety in Management of Autosomal Dominant Poly-cystic Kidney Disease and Its Outcomes) nachgewiesen.1 Tolvaptan verbesserte auch den kombinierten sekundären Endpunkt der Krankheitsprogression signifikant (plötzliche Abnahmen der berechneten glomerulären Filtrationsrate (eGFR) ≥ 25 % und Auftreten von klinisch behandlungsbedürftigen Nierrenschmerzen):1 Die Abwägung des wahrscheinlichsten therapeutischen Gewinns durch Tolvaptan versus mögliche Belastungen ohne Nebenwirkungen fällt, so Gross, überzeugend zugunsten von Tolvaptan aus. Er bezeichnete die Medikamentensicherheit von Tolvaptan als „adäquat vertretbar“. Die Häufigkeit unerwünschter Ereignisse war: Tolvaptan 97,9 % vs. Placebo 97,1 %.1 Aufgrund des Tolvaptan-Wirkmechanismus kam es in dieser Gruppe erwartungsgemäß zu einer erhöhten 4

Aquarese (mit Polyurie, Nykturie, Durst, Polydipsie). Andererseits waren ADPKD-bedingte Ereignisse (z. B. Makrohämaturie, Harnwegsinfekte) seltener als unter Placebo.1,2

Auf die Aquarese und ihre Auswirkungen sollte der Patient bereits vor Beginn der Therapie vorbereitet werden. Gross rät, den Patienten zu motivieren, grundsätzlich mindestens etwa 3 Liter Flüssigkeit (Wasser, Früchtetee) pro Tag zu trinken. Eine einmal bewährte Trinkmenge sollte auch möglichst nicht reduziert werden. Falls ein Patient einfach nicht genug trinken kann, kommt eine Verminderung der Tolvaptan-Dosis in Frage. Bei 5–10 % der Studienteilnehmer kam es im Übrigen zu leichten Erhöhungen von 10-30 % der Leberenzyme ALT und AST (Alanin- und Aspartat-Aminotransferase) vor allem in den ersten Behandlungsmonaten.1 Diese Anstiege waren mittels Therapieunterbrechungen von bis zu acht Wochen in der Regel beherrschbar, wonach die Therapie – nach Normalisierung von ALT/AST – mit reduzierter Tolvaptan-Dosis ohne Relapse fortgeführt werden konnte, berichtete Gross. Aufgrund dieser Beobachtungen müssen die Leberenzymwerte in den ersten 18 Monaten einer Therapie mit Tolvaptan monatlich, danach vierteljährlich kontrolliert werden.2

Fünf wichtige Kriterien für eine „rasche Progression“

Laut Fachinformation von Tolvaptan müssen Patienten zu Behandlungsbeginn Anzeichen für eine rasche Krankheitsprogression aufweisen.2 Gross nannte fünf mögliche Zeichen, die auf ein schnelles Voranschreiten der ADPKD hinweisen können: Gesamtnierenvolumen über 750 ml im Alter von 18 Jahren bzw. über 1.500 ml mit 35 Jahren; abnehmende eGRF im CKD-Stadium 2 oder Vorliegen von CKD-Stadium 3 (beides bei Patienten unter 50 Jahren); erstmaliges Auftreten einer arteriellen Hypertonie vor dem 35. Lebensjahr; Eintritt der Dialysepflichtigkeit bei Vater oder Mutter vor dem 50. Lebensjahr sowie anamnestisches Vorkommen von Makrohämaturie und/oder wiederholte Episoden von Nierenschmerzen. Eine international anerkannte Definition für „rasche Progression“ gibt es zur Zeit jedoch nicht, betonte Gross.

„Erstmals steht uns mit JINARC® (Tolvaptan) ein Medikament für eine effektive, krankheitsgerichtete Therapie unserer ADPKD-Patienten zur Verfügung“, lautete die abschließende Einschätzung von Gross.

Über Otsuka

Otsuka Pharmaceutical ist eine globale Unternehmensgruppe auf dem Pharma- und Gesundheits-markt. Geleitet von der Unternehmensphilosophie „Otsuka-people creating new products for better health worldwide“ (Otsuka-Mitarbeiter schaffen neue Produkte für eine bessere Gesundheit auf der ganzen Welt) erforscht und entwickelt das Unternehmen, produziert und vermarktet innovative Arzneimittel und Medizinprodukte sowie Produkte zur Erhaltung der allgemeinen Gesundheit.

Als forschendes Pharmaunternehmen hat sich Otsuka ein Ziel gesetzt: therapeutische Lücken durch die Entwicklung innovativer Produkte zu schließen. Die Schwerpunkte der bereits vermarkteten Produkte liegen dabei auf den Gebieten Zentrales Nervensystem, Endokrinologie, Nephrologie, Onkologie, Infektionserkrankungen und Gastroenterologie. In den genannten Therapiebereichen und einigen weiteren befinden sich zahlreiche Substanzen in verschiedenen Stadien der klinischen Entwicklung.

Gegründet wurde Otsuka 1921 von Busaburo Otsuka, der mit der Herstellung von Feinchemikalien, gewonnen aus dem Meer, begann. 1946 hatte sich das Unternehmen unter seinem Sohn Masahito Otsuka zu einem Hersteller von Infusionslösungen entwickelt, der Kliniken in ganz Japan belieferte. 1971 beschloss Akihiko Otsuka, die 3. Generation des Familienunternehmens, eigene therapeutische Arzneimittel herzustellen, und gründete Otsukas erstes Institut für Arzneimittelentwicklung. Heute sind in der Otsuka Holdings rund 44.000 Mitarbeiter in mehr als 166 Unternehmen in 25 Ländern und Regionen beschäftigt. Otsuka verfügt über 43 Forschungszentren und 158 Produktionsstätten und ist seit Dezember 2010 an der Börse von Tokyo notiert. Im Geschäftsjahr 2013 (1. April 2013 bis 31. März 2014) erwirtschaftete die Unternehmensgruppe einen konsolidierten Umsatz von über zehn Milliarden Euro.

In Deutschland ist Otsuka unter anderem in Frankfurt mit der Vertriebs- und Vermarktungsgesellschaft Otsuka Pharma GmbH und der Niederlassung Otsuka Europe Development and Commercialization für die Klinische Forschung sowie in München mit Otsuka Novel Products GmbH vertreten.

Referenzen 

  1. Torres VE et al. N Engl J Med. 2012;367:2407–2418.
  2. JINARC® Fachinformation; Stand Mai 2015
  3. Otsuka Pharmaceutical Europe Ltd. Data on file. 2013.
  4. Grantham JJ et al. N Engl J Med. 2006;354(20):2122–2130.
  5. Schrier RW et al. J Am Soc Nephrol. 2014;25(11):2399–2418.
  6. Halvorson CR et al. Int J Nephrol Renovasc Dis. 2010;3:69–83.
  7. Torres VE, Harris PC. Kidney Int. 2009;76(2):149–168.
  8. Pei Y. Controversies Conference on ADPKD, January 17-19, 2014, Edinburgh/United Kingdom. http://www.kdigo.org/ControConf/ADPKD/Presentations/Evolution%20of%20Imaging-Based%20Diagnosis_Pei.pdf
  9. Sedman A et al. Kidney Int. 1987;31(4):1000–1005.
  10. Pei Y et al. J Am Soc Nephrol. 2015;26(3):746–753.
  11. Eckardt KU et al. Lancet 2013;382:158–169.
  12. Schrier RW et al. N Engl J Med. 2014;371(24):2255–2266.


Quelle: Otsuka Pharma, 14.09.2015 (tB).

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