Benchmarking im Gesundheitswesen – ja, es funktioniert, sollte aber freiwillig bleiben

Begleitstudie zur Einführung von Leistungsvergleichen und darauf aufbauenden Lernprozessen in zehn Modellverbünden

 

Witten/Herdecke (24. August 2011) – Eine Studie der Universität Witten/Herdecke hat zehn Verbünde von Einrichtungen des Gesundheitswesens dabei beobachtet, wie sie Benchmarking, also den Vergleich der jeweiligen Leistungsfähigkeit und das darauf aufbauende Lernen vom Besten, betreiben. Das Ergebnis: Benchmarking kann im Gesundheitswesen funktionieren, sollte aber unbedingt freiwillig geschehen.

 

„Es gibt für bestimmte Krankheitsbilder wie Rheuma, Schlaganfall oder Krebs Unterschiede bei den Behandlungsergebnissen, wenn man verschiedene Gesundheitseinrichtungen vergleicht. Aber damit ist ja noch nichts gewonnen“, erklärt Prof. Dr. Max Geraedts vom Institut für Gesundheitssystemforschung der Universität Witten/Herdecke. Er hat die Studie zusammen mit seinem Tübinger Kollegen Hans-Konrad Selbmann soeben in der „Zeitschrift für Evidenz, Fortbildung und Qualität im Gesundheitswesen“ (ZEFQ, ISSN 1865-9217) veröffentlicht.

Die Forschergruppe um Geraedts will dabei mehr, als nur den nächsten Krankenhausführer ins Leben rufen: „Es geht ja darum, dass möglichst alle Patienten bestmöglichst versorgt werden. Dazu sollten die nicht so guten von den besseren Einrichtungen lernen. Das funktioniert in der Industrie und bei Dienstleistern auch wunderbar. Wir wollten sehen, ob das im Bereich Gesundheit auch geht, dass man nicht nur die Zahlen vergleicht, sondern auch danach fragt, wie sie erreicht wurden.“ Denn der Teufel steckt auch hier im Detail: Hinter guten Behandlungsergebnissen stehen unter anderem festgelegte Routinen, die Motivation und Qualifikation der Mitarbeiter oder die Qualität der Führung und die Ausstattung der Einrichtungen, die alle zusammen das gute Ergebnis herbeiführen. „Und viele der Benchmarking-Verbünde, die wir untersucht haben, haben sich mit der Analyse dieser Hintergründe nicht weit genug befasst, sondern sind beim Austausch der Zahlen stecken geblieben“, beschreibt Geraedts ein Ergebnis. Damit ist ein komplettes Benchmarking aber noch nicht erfüllt. Die beteiligten Einrichtungen müssen ihre Strukturen und Prozesse gegenseitig offen legen, um wirklich von einander lernen zu können. Dann können die festgelegten Behandlungsschritte überprüft und evtl. verändert werden. „Und wenn das alles erfolgt ist, dann sollte man mit einem neuen Benchmarking überprüfen, ob die Umstellungen denn auch das gebracht haben, was man sich erhofft hat – eine bessere Qualität für die Patienten“, fasst Geraedts das Ideal zusammen.

Doch die Realität sieht anders aus: Die Zeit für die Abfolge von Vergleich-Lernen-Umsetzen-Überprüfen wird in vielen Projekten zu kurz angesetzt, es bleibt beim oberflächlichen Austausch der Zahlen ohne Lernchance. „Es ist für jede teilnehmende Einrichtung ein Mordsaufwand, so ein Benchmarking zu stemmen. Und die Transparenz über eventuell schlechtere Ergebnisse zu ertragen, ist zunächst auch nicht einfach. Diesen Schritt zu erzwingen, das funktioniert nicht. Benchmarking kann nur funktionieren, wenn es freiwillig erfolgt und die MitarbeiterInnen dazu motiviert sind. Bisher dient Benchmarking zu sehr der Kontrolle im Rückblick. Wenn eine Gesundheitseinrichtung besser werden möchte, muss sie bereit sein, sich in die Karten schauen zu lassen und an sich zu arbeiten. Diese Haltung ist aber noch zu wenig verbreitet“, fasst Geraedts seine Bewertung zusammen.

Weitere Informationen bei Prof. Dr. Max Geraedts, 02302/926-770, max.geraedts@uni-wh.de

 

 


Quelle: Universität Witten/Herdecke, 24.08.2011 (tB).

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