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Chronisch inflammatorische-demyelinisierende Polyneuropathie (CIDP)
Hoffnung für Erkrankte seltener Krankheit
Köln (30. Juni 2009) – Die chronische Nervenentzündung (chronisch inflammatorische
demyelinisierende Polyneuropathie, CIDP) ist eine seltene neurologische Erkrankung. Forschung auf dem Gebiet seltener Krankheiten wird von der Pharmaindustrie oft gemieden, da der Markt möglicher Therapien begrenzt ist. Eine Studie unter Beteiligung der Uniklinik Köln bringt einen neuen wirksamen Wirkstoff zur Zulassung. Die Einführung an der Uniklinik erfolgt in enger Kooperation mit der Patientenselbsthilfegruppe.
Ein bis zwei von 100.000 Menschen in Deutschland sind von CIDP betroffen, die Folgen sind oft dramatisch. Häufig stehen Empfindungsstörungen, zum Beispiel Missempfindungen von Kälte und Hitze, im Vordergrund. Diese können unangenehm bis schmerzhaft-quälend sein. Die Beschwerden sind meist an Händen und Füßen besonders stark. Manche der Betroffenen klagen auch über ein Gefühl des "Gefesselt-Seins". Lähmungserscheinungen und zunehmende Schwäche von Armen und Beinen können zu erheblichen Behinderungen führen. Die Krankheit hat einen wechselhaften Verlauf, es können Krankheitsschübe gefolgt von Rückbildungsphasen, aber auch schleichend oder treppenförmig sich verschlechternde Krankheitssymptome auftreten. Unbehandelt kann die Erkrankung zum weitgehenden Funktionsverlust der Hände und zur Rollstuhlpflichtigkeit führen.
Die CIDP ist eine Autoimmunerkrankung: der Körper wendet sich gegen sich selbst. Abwehrreaktionen gegen Infektionen werden offenbar fehlgeleitet, so dass sie sich schließlich gegen den eigenen Körper, bei der CIDP gegen die Hüllstrukturen von Nerven wenden.
Kortison wirkt wie bei anderen Autoimmunerkrankungen, wie zum Beispiel Rheuma, auch bei der CIDP. Allerdings sind vergleichsweise lang dauernde und recht hoch dosierte Kortisontherapien erforderlich.
Entsprechend häufig kommt es zu den bekannten Kortisonnebenwirkungen wie Hautveränderungen, Gewichtszunahme, grauer Star und Knochenentkalkung (Osteoporose).
Ist die Erkrankung sehr aktiv, ist der Plasma-Austausch eine sinnvolle Alternative. Es handelt sich um eine Art Blutwäsche (Dialyseverfahren), bei dem flüssige Blutbestandteile gegen Spendereiweiß ausgetauscht werden.
Dieses Verfahren kann jedoch nur in spezialisierten Abteilungen durchgeführt werden, belastet den Körper erheblich und kann nicht unbegrenzt oft durchgeführt werden. Da die Wirkung zudem nur 6-8 Wochen anhält, ist dies nur eine zeitlich begrenzt mögliche Therapie.
Die dritte Alternative ist die Behandlung mit Immunglobulinen (Antikörpern). In diesen Infusionen sind Antikörper von Tausenden von Spendern. Durch die Gabe der fremden Antikörper werden die eigenen Immunreaktionen, insbesondere auch die krankmachende Autoimmunreaktion, herunterreguliert.
Immunglobuline werden als Infusion gegeben. Infusionsreaktionen mit Fieber, Hitzegefühl und Gesichtsröte sind recht häufig, echte schwere Allergien jedoch selten. Immunglobulingaben können gut wiederholt werden. Die Wirkung ist ebenso gut wie die der Plasma-Austauschtherapie.
Die Wirksamkeit wurde in der internationalen "ICE" Studie belegt, die Studienergebnisse wurden 2008 in der renommierten Fachzeitschrift "Lancet Neurology" (Bd.7, S.136-144) veröffentlicht und haben jetzt zur Zulassung der in dieser Studie verwendeten Immunglobulinen für die CIDP geführt. Diese Therapie steht dadurch ab sofort mehr Patienten zur Verfügung.
Die Einführung des neuen Wirkstoffes als Medikament wird von der Uniklinik Köln durch enge Kommunikation mit der Patientenselbsthilfegruppe der Betroffenen und ihrer Familien begleitet. Priv.-Doz. Dr. Schroeter, leitender Oberarzt der Neurologischen Klinik und Mitglied im ärztlichen Beirat der GBS Initiative e.V.: "Dies ist ein wirklicher Fortschritt für unsere Patienten, aber auch ein gute Nachricht für Patienten mit anderen seltenen Erkrankungen: Auch bei seltenen Erkrankungen können erfolgreich Studien durchgeführt und so die Behandlung damit sicherer und besser gemacht werden."
INFO SELTENE KRANKHEITEN
Als seltene Krankheiten (auch orphan disease; engl. orphan "Waise", disease "Krankheit") bezeichnet man Krankheiten, die maximal 5 von 10.000 Einwohner haben. Seltene Krankheiten sind oft lebensbedrohliche oder chronisch einschränkende Erkrankungen, die einer speziellen Behandlung bedürfen.
In der Regel ist es für die pharmazeutische Industrie wirtschaftlich uninteressant, Arzneimittel gegen sie zu entwickeln. Aus diesem Grund wurden von verschiedenen Staaten Verordnungen und Gesetze erlassen, um die Behandlung dieser Krankheiten zu fördern. Zunächst erließ die USA den Orphan Drug Act. Im April 2000 wurde von der EU in Europa die Verordnung über Arzneimittel zur Behandlung seltener Leiden in Kraft gesetzt, auch andere Länder folgten.
Quelle: Pressemitteilung der Uniklinik Köln vom 30.06.2009 (tB).