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Coronavirus SARS-CoV-2
Hinweise zur Anwendung von MS-Immuntherapeutika
München (13. März 2020) – Bundesweit steigen die Fallzahlen der am Coronavirus SARS-CoV-2-Erkrankten. Welches Infektionsrisiko besteht für Multiple Sklerose Patienten und was gilt es in dieser Situation insbesondere hinsichtlich der Anwendung von immunsuppressiven oder immunmodulatorischen MS-Therapeutika zu beachten? Das Kompetenznetz Multiple Sklerose bezieht dazu Stellung.
Vor dem Hintergrund der fortschreitenden Ausbreitung der Corona-Viruserkrankung (COVID-19) stellt sich für Mediziner, MS-Betroffene und ihre Angehörigen die Frage, ob immunsuppressive und immunmodulierende Therapien möglicherweise das COVID-19-Erkrankungsrisiko erhöhen und somit ein Aussetzen der Behandlung bzw. ein Therapiewechsel angezeigt ist. Dies ist nach Einschätzung der KKNMS-Vorstände bei Befolgen der allgemeinen Schutzmaßnahmen zur Verhinderung von Erkältungskrankheiten derzeit nicht der Fall.
Kein generell erhöhtes Infektionsrisiko für MS-Erkrankte
Nach der aktuellen Datenlage haben ältere Menschen über 60 Jahre und Personen mit bestehenden Vorerkrankungen (insbesondere kardiovaskuläre oder Lungenerkrankungen) ein höheres Risiko für schwere Krankheitsverläufe. Dies gilt entsprechend für MS-Betroffene. Darüber hinaus gibt es zumindest derzeit keine belastbaren Hinweise dafür, dass das generelle Coronavirus-Infektionsrisiko für MS-Erkrankte erhöht ist.
Fortführung von Immuntherapien ratsam – außer bei akuten Infektionen
Grundsätzlich sollte daher eine einmal angesetzte immunsuppressive und immunmodulierende Therapie weitergeführt werden, da ein Abbruch, eine Absetzung oder eine Veränderung der Dosierung den Krankheitsverlauf verschlechtern können und es gleichzeitig keine Hinweise auf ein therapiebedingt erhöhtes Coronavirus-Infektionsrisiko gibt. Es bleibt derzeit allerdings unklar, ob eine Immuntherapie möglicherweise negative Auswirkungen auf den Verlauf einer SARS-CoV-2-Erkrankung haben kann.
Zwar ist speziell bei Sphingosin-1-Phosphat-Rezeptor-Modulatoren (Fingolimod, Siponimod) das Risiko für Atemwegserkrankungen erhöht, dennoch sollte die Therapie fortgeführt werden, um Rebound-Effekte zu vermeiden. Stattdessen sollten Patienten auf die allgemeinen Schutzmaßnahmen zur Verhinderung von Erkältungskrankheiten hingewiesen werden.
Für die Therapie mit immunzelldepletierenden oder klar primär immunsuppressiven Medikamenten (Ocrelizumab, Rituximab, Cladribin, Alemtuzumab, Mitoxantron) gilt: hier besteht insbesondere in den ersten Wochen nach Anwendung eine größere Infektionsgefahr, daher sollte in dieser Zeit besonders sorgfältig auf die Vermeidung von Infektionserkrankungen und die notwendigen Impfungen vor Therapiebeginn geachtet werden. Bei älteren Patienten oder Patienten mit begleitenden Herz- oder Lungenerkrankungen sollte die Einleitung einer immunzelldepletierenden Therapie ggf. verschoben werden.
Bei jeglichen Anzeichen für eine akute Infektion sollte eine Immuntherapie zunächst nicht begonnen oder sollte diese nicht erneut angesetzt werden und insbesondere der Einsatz der immundepletierenden Medikamente bis zum vollständigen Abklingen der Symptome verschoben werden (siehe KKNMS-Therapieempfehlungen (https://www.kompetenznetz-multiplesklerose.de/fachinformationen/qualitaetshandbuch/).
Sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung für die Cortisonschubtherapie empfohlen
Cortisonschubtherapien bei akutem MS-Schub können unter Abwägung von Nutzen und Risiko durchgeführt werden. Während einer Cortisonschubtherapie sollte sorgfältig auf etwaige Infektionszeichen geachtet werden. Von regelmäßigen Cortisonpulstherapien ohne Schubsymptomatik, für die es keine Wirkevidenz gibt, raten wir aktuell ab.
Quelle: Krankheitsbezogenes Kompetenznetz Multiple Sklerose(KKNMS), 13.03.2020 (tB).
Schlagwörter: COVID-19, Multiple Sklerose, Neurologie