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DBfK Nordwest
Mit Zwang zur Pflege:
NRW-Epidemiegesetz schießt weit übers Ziel hinaus
- Der DBfK Nordwest lehnt den Entwurf in der vorliegenden Form strikt ab
Hannover (31. März 2020) — Im Hauruckverfahren sollte der Landtag in Nordrhein-Westfalen morgen einen Gesetzentwurf der Landesregierung durchwinken – jetzt kommt es doch zu einer Anhörung und einer zweiten Lesung. Der Entwurf zielt auf die „konsequente und solidarische Bewältigung der COVID-19- Pandemie“, allerdings mit massiven Durchgriffsmöglichkeiten und Einschränkungen von Grundrechten wie der Selbstbestimmung und der Berufsfreiheit – auf Basis einer äußerst schwammigen „epidemischen Lage von landesweiter Tragweite“. Ob dies so Bestand hat, mögen die Juristen klären. Was aber nicht bestehen bleiben darf: § 15 mit der Verpflichtung zum Einsatz medizinischen und pflegerischen Personals – schon gar nicht, wenn es keine Garantie für eine angemessene Ausstattung mit Schutzkleidung gibt.
„Dieser Paragraf ist bar jeder Verhältnismäßigkeit“, sagt Martin Dichter, der Vorsitzende des DBfK Nordwest. „Bevor qua Gesetz Zwangsrekrutierungen von Pflegefachpersonen möglich sind, gibt es eine Bandbreite von Maßnahmen auf freiwilliger Basis, die ausgeschöpft werden müssen.“ Dazu gehören Anreize wie Rückkehr- oder Risikoprämien, zusätzlich zu einer unabdingbaren und sofortigen Gewährleistung der notwendigen Schutzausrüstung in allen Einrichtungen: Krankenhaus, Altenhilfe und ambulante Dienste. Diese muss von staatlicher Seite erfolgen, da der freie Markt keinerlei Bestellmöglichkeiten zu fairen Preisen mehr bietet. „Aufgrund der derzeitigen Unterversorgung mit geeigneter Schutzkleidung muss jede Form der Rekrutierung von weiterem Personal strikt abgelehnt werden“, so Dichter.
Laut Dichter haben „Pflegefachpersonen verglichen mit anderen Heilberufen den längsten und engsten Kontakt mit chronisch kranken, alten und pflegebedürftigen Menschen: 24 Stunden am Tag und 7 Tage in der Woche“. Das heißt, dass ein Schutz der besonders gefährdeten Menschen nur dann effektiv erfolgen kann,
wenn alle Pflegenden ausreichende Schutzmaterialien erhalten. Das ist die entscheidende und prioritäre Aufgabe der Landesregierung in NRW und nicht die Zwangsrekrutierung von Personal, dem die einfachsten Materialien zum Selbstschutz fehlen.
Grundsätzlich gibt es aktuell eine Bereitschaft bei vielen Pflegefachpersonen zur Unterstützung und zur Rückkehr in den Beruf – darunter etliche, die in den vergangenen Jahren als Dozenten, Referenten oder Freiberufler gearbeitet haben. Das ist eine Ressource an Freiwilligen, ebenso wie MDK-Gutachter oder auch Pflegende in den ambulanten Diensten, die teilweise weniger Arbeit haben, weil Kunden aus Angst vor Ansteckung abgesagt haben. „Hier steckt genug Potenzial. Und dafür muss die Politik die gesetzlichen Grundlagen schaffen, bevor sie zu drastischen Zwangsmaßnahmen greift“, fordert Martin Dichter. „Das können auch monetäre Anreize wie Prämien, Zuschläge oder Steuerbefreiungen sein, wobei damit das grundsätzliche Problem nicht gelöst ist: die Unattraktivität des Pflegeberufs wegen niedriger Gehälter und mangelhafter Arbeitsbedingungen. Diese Probleme müssen von Seiten der politischen Entscheidungsträger endlich verstanden und gelöst werden. Entsprechende Lösungsansätze sind bekannt, sie müssen jedoch auch umgesetzt werden.“
Quelle: Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe, DBfK Nordwest e.V., 31.03.2020 (tB).