DBfK

Verkürzung der Ausbildung für Pflegehelfer – ein nicht akzeptables Risiko

 

Berlin (11. Februar 2013) – Dem Bundestag liegt ein Gesetzentwurf der Bundesregierung vor, mit dem u.a. Verkürzungstatbestände für die Ausbildung nach dem Altenpflegegesetz erweitert werden. Es ist unbestritten, dass Investitionen in die Ausbildung von Pflegefachpersonen – das gilt für die Gesundheits- und Krankenpflege ebenso wie für die Altenpflege – höchste Priorität haben. Wobei festzustellen ist, dass lediglich die Erhöhung von Ausbildungskapazitäten und damit Absolvent/innen nur einen Teilaspekt der Problemlösung darstellen. Ebenso wichtig ist alles, das dazu beiträgt, den Verbleib im Beruf zu erhöhen. Internationale Studien belegen den Zusammenhang zwischen Personalqualifikationsniveau und Pflegequalität bzw. -outcomes. Niedrigere Qualifikation korrespondiert mit Zunahme von Komplikationen bis hin zum Anstieg von Mortalität.

 

Im Interesse der zu versorgenden Menschen ist es bedeutsam, eine ausreichende Zahl hoch qualifizierter Pflegefachpersonen zu haben. Quantität und Qualität spielen gleichermaßen eine Rolle. Insofern begrüßt der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) die geplante Finanzierung des 3. Jahres der Ausbildung bei Umschüler/innen durch Mittel der Bundesagentur für Arbeit und die Erhöhung der Ausbildungskapazitäten. Es ist bedauerlich, dass diese Regelung zum wiederholten Mal nur befristet geplant ist.

 

Der DBfK lehnt allerdings den geplanten Verkürzungstatbestand in § 7 Abs. 4 Punkt 3. Altenpflegegesetz für Personen, die mindestens zwei Jahre Vollzeit Aufgaben im Bereich der Pflege oder Betreuung wahrgenommen haben, ab. Es handelt sich um Pflegehelfer, die ohne oder mit nur geringfügiger Qualifizierung in der ambulanten oder stationären Pflege gearbeitet haben. Eine derartige Beschäftigung ersetzt in keinem Fall ein Jahr der dreijährigen Berufsausbildung in der Altenpflege. Hier wird erneut die Vorstellung reproduziert, dass es in der Pflege vor allem um Techniken geht, die weitgehend durch ‚Learning by doing’ erworben werden können. De facto wird eine zweijährige Tätigkeit ohne Qualifikation mit einer einjährigen Berufsausbildung zur/zum Alten- bzw. Krankenpflegehelfer/in gleichgesetzt. Insgesamt wird eine deutliche Kompetenzverdünnung billigend in Kauf genommen.

 

Die Ausbildung im Heilberuf Altenpflege ist als dreijährige didaktisch durchdachte und geplante Abfolge theoretischer und praktischer Ausbildungsanteile angelegt. Lernen in der Schule und in der Praxis beziehen sich aufeinander und entwickeln über den Lernprozess über drei Jahre die erforderliche professionelle Kompetenz. Hier einige Anteile einfach wegzulassen gefährdet die Erreichung des im Altenpflegegesetz formulierten Ausbildungszieles. Es ist nicht nachzuvollziehen, erworbene Routine aus dem Pflegealltag als nicht reflektiertes Wissen und Können gleichzusetzen mit staatlichen Ausbildungsanteilen eines Heilberufes, der auszurichten ist auf Versorgungsqualität und Verbraucherschutz.

 

Der Ausbildungsalltag an den Altenpflegeschulen erlaubt keine individuelle Ausbildungsplanung für die/den einzelne/n Umschüler/in. Es steht zu erwarten, dass die Umschüler in das zweite Ausbildungsjahr einer regulären Ausbildung integriert werden. Es werden ihnen also die theoretischen Ausbildungsinhalte fehlen, die die Grundlagen für den Beruf bilden. Statt die zufällige berufliche Sozialisation als Pflegehelfer aufzuarbeiten und etwaige fehlerhafte Kenntnisse

aufzuarbeiten, wird es den Umschüler/innen überlassen, den fehlenden Unterrichtsstoff selbständig nachzuholen.

 

Aus unserer Sicht bleiben die Regelungen für die Kompetenzfeststellung für eine verkürzte Ausbildung sowohl durch den berufspsychologischen Service der Bundesagentur für Arbeit als auch die zuständige Behörde des Landes zu vage und werden zu unterschiedlichen Anforderungen in den verschiedenen Bundesländern führen. Wir befürchten zudem, dass bei zunehmenden Mangel der Druck steigen wird, die Maßstäbe nicht zu hoch anzulegen (vgl. hierzu die aktuelle Debatte um Anforderungen an die Sprachkompetenz im Rahmen der Anerkennung von Gesundheitsfach-personen mit einem ausländischen Berufsabschluss).

 

Aus den vorgenannten Gründen halten wir den geplanten neuen Verkürzungstatbestand für einen absolut falschen Ansatz. Sollte aber der Gesetzgeber den Gesetzentwurf hier nicht abändern wollen, wäre aus unserer Sicht eine Begrenzung der Nachteile und Probleme dadurch zu erreichen, dass für den Personenkreis, der nach § 7 Abs. 4 Punkt 3. verkürzen kann, gesonderte Kurse vorgeschrieben werden, die sich nur aus diesem Personenkreis zusammensetzen und für die überwiegend der praktische Ausbildungsanteil verkürzt wird. Es sei allerdings nochmals betont, dass damit der Standard einer dreijährigen Berufsausbildung unterlaufen wird.

 

Im Sinne einer qualitätssichernden Regelung bitten wir um Berücksichtigung unserer Bedenken in der Beratung des Gesetzentwurfes in Bundestag und Bundesrat. Für Rückfragen stehen wir gerne zur Verfügung.

 

Autorin: Gertrud Stöcker

 


 

Quelle: Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK), Bundesverband e. V. , 12.02.2013 (hB).

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