Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin fordert Anerkennung von Nicht-Psychologen in der Psychoonkologie

 

Berlin (10. Juni 2020) — In ihrem aktuellen Positionspapier fordern die Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin e.V. (DGS) und die Deutsche Schmerzliga e.V. (DSL) die Anerkennung von Nicht-Psychologen in der Psychoonkologie. Denn die psychoonkologische Betreuung von Patienten gehe über rein psychologische Fragestellungen hinaus und beschäftige sich mit allen psychischen und sozialen Rahmenbedingungen einer Krebserkrankung. In der Versorgungsrealität werde diese psychosoziale Versorgung zudem nicht allein von Psychologen, sondern auch von Ärzten, Pädagogen, Theologen oder Angehörigen von Sozialberufen erbracht. Dies gelte es nun sowohl in dem für diese Leistungen verwendeten Begriff als auch in der Erstattung durch gesetzliche Krankenkassen abzubilden, so das Positionspapier.

 

Ziel der Psychoonkologie ist die Begleitung von Patienten mit Krebserkrankungen, unabhängig von der Heilbarkeit des Leidens. Sie stellt eine interdisziplinäre Form der Psychotherapie dar, die sich mit psychischen und sozialen Rahmenbedingungen einer Krebserkrankung beschäftigt und bei der Krankheitsbewältigung unterstützt. Dabei kommen unterschiedlichste Techniken zum Einsatz, darunter Kriseninterventionen, ressourcenorientierte Interventionen, imaginative Verfahren sowie gruppenpsychotherapeutische Konzepte. Das soziale Umfeld der betroffenen Patienten wird bei Bedarf mit einbezogen. Nach heutigem Verständnis sollte eine psychoonkologische Betreuung in allen Phasen einer Krebserkrankung (Akutbehandlung, Rehabilitation bis hin zum Sterbeprozess) sichergestellt sein.

 

Nicht nur psychologisch ausgebildete Berufsgruppen versorgen die Patienten

In der Praxis versorgen dabei nicht nur psychologisch ausgebildete Psychoonkologen, sondern auch Psychoonkologen mit einer Grundausbildung in Erziehungswissenschaften oder Sozialberufen – bei entsprechender Weiterqualifikation – die Patienten. Im stationären Bereich werden diese Leistungen über ein „Zusatzentgelt“ finanziert, allerdings nur dann, wenn sie von einer psychologisch ausgebildeten Berufsgruppe erbracht werden. „Dies entspricht nicht der Versorgungsrealität und ist auch sachlich nicht gerechtfertigt“, sagt Norbert Schürmann, einer der Autoren des Positionspapiers und Vizepräsident der DGS. „Alle psychoonkologisch tätigen Berufsgruppen mit entsprechender psychotherapeutischer Weiterbildung sollten anerkannt werden.“

 

Begriffsvorschlag „psychosoziale Versorgung“

Die Autoren des Positionspapiers schlagen daher vor, den Bereich Psychologie in der Gebührenordnung durch den Begriff „psychosoziale Versorgung“ zu ersetzen. Gleichzeitig sollte die psychoonkologische Betreuung durch Ärzte, Pädagogen, Theologen oder Angehörige sogenannter Sozialberufe ebenfalls anerkannt und erstattet werden, vorausgesetzt, diese haben eine DKG-zertifizierte Weiterbildung „psychosoziale Onkologie“, eine zertifizierte Weiterbildung im Palliativ-Care oder eine mindestens zweijährige vollzeitige Berufserfahrung auf einer Palliativstation absolviert.

 

 

Die Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin e.V. (DGS) ist mit rund 4.000 Mitgliedern und 125 Schmerzzentren die führende Fachgesellschaft zur Versorgung von Menschen mit chronischen Schmerzen. In enger Zusammenarbeit mit der Deutschen Schmerzliga e. V. ist es ihr vorrangiges Ziel, die Lebensqualität dieser Menschen zu verbessern – durch eine bessere Diagnostik und eine am Lebensalltag des Patienten orientierte Therapie. Dafür arbeiten die Mitglieder der DGS tagtäglich in ärztlichen Praxen, Kliniken, Schmerzzentren, Apotheken, physiotherapeutischen und psychotherapeutischen Einrichtungen interdisziplinär zusammen. Der von der DGS gestaltete jährlich stattfindende Deutsche Schmerz- und Palliativtag zählt seit 1989 auch international zu den wichtigen Fachveranstaltungen und Dialogforen. Aktuell versorgen gut 1.200 ambulant tätige Schmerzmediziner die zunehmende Zahl an Patienten. Für eine flächendeckende Versorgung der 3,4 Millionen schwerstgradig Schmerzkranken wären mindestens 10.000 ausgebildete Schmerzmediziner nötig. Um eine bessere Versorgung von Menschen mit chronischen Schmerzen zu erreichen, fordert die DGS ganzheitliche und bedürfnisorientierte Strukturen – ambulant wie stationär – sowie eine grundlegende Neuorientierung der Bedarfsplanung.

 

 

 


Quelle: Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin e.V. , 10.06.2020 (tB).

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