Deutscher Pflegerat

Reform der Pflegeausbildung jetzt!

 

Berlin (5. April 2011) – Seit geraumer Zeit berät eine Bund-Länder-Kommission Eckpunkte zur Reform der Pflegeausbildung. In den nächsten Monaten wird das Ergebnis dieser Beratungen erwartet. Mittlerweile bringen sich die Bedenkenträger und Bewahrer in Stellung, um zu behindern oder gar zu verhindern, was doch dringend nötig ist. Wieder einmal geht es um Finanzierung – mit diesem Argument haben Schulträgervertreter schon bei der letzten Reform des Krankenpflegegesetzes blockiert und z.B. eine bessere Qualifizierung der Praxisanleiter/innen verhindert. Es geht aber auch massiv um Eigeninteressen und da spielen sachliche Argumente keine Rolle mehr. Oft steckt hinter der Sorge um die Qualität der Ausbildung eigentlich die Sorge um Deutungs- und Personalhoheit, Zugriff auf Ausbildungsbudgets oder den eigenen Arbeitsplatz. So wehrt sich die DKG gegen die Eingliederung der Schulen in das staatliche Schulsystem. Warum nur? Jedes Krankenhaus kann eine sog. ‚Ersatzschule‘ einrichten. Das ist eine Schule in Trägerschaft des Krankenhauses, die aber den allgemeinen Bildungsstandards verpflichtet ist. Ist das wirklich inakzeptabel?

 

Neben der Frage der Finanzierung ist der neue Zuschnitt des Pflegeberufes ein zentrales Thema. Die Forderung nach einer generalistischen Ausbildung ist bei den Berufsverbänden des Deutschen Pflegerates e.V. (DPR) und weit darüber hinaus Konsens. Diese Forderung beinhaltet einen Beruf, mit einer Berufsbezeichnung und voller Anerkennung gemäß der EU-Direktive. Sie beinhaltet die Möglichkeit der Schwerpunktbildung, die sich im Rahmen der EU-Vorgaben curricular abbilden lässt und mehr Möglichkeiten umfasst als die heutigen drei Pflegeberufe. In der Konsequenz heißt das, dass alle drei bisherigen Pflegeberufe verschwinden und durch einen vierten neuen Beruf ersetzt werden. Insofern sind auch Ängste unbegründet, die Krankenpflege würde die Alten- und Kinderkrankenpflege ‚schlucken‘.Teilweise fehlt – vor allem bei Trägervertretern und in Parteien – noch die Einsicht in die Notwendigkeit einer generalistischen Ausbildung. Es geht nicht nur um eine Problemlösung für heute. Es geht auch nicht um eine mögliche Variante. Es geht um die Zukunftsfähigkeit des Berufes und damit auch die Sicherung der Versorgung.

Diese Argumente sprechen für eine generalistische Pflegeausbildung:


Der Versorgungsbedarf der Menschen orientiert sich nicht mehr an der Institution, in der sie behandelt werden (heute werden in Pflegeheimen Menschen betreut, die vor 10 Jahren noch auf Überwachungsstationen im Krankenhaus lagen und im Krankenhaus zunehmend demenzkranke Patienten).

Der Versorgungsbedarf orientiert sich auch nicht primär am Lebensalter, sondern eher Art und Schweregrad einer Bedarfssituation (z.B. Intensivpflege oder Psychiatrie oder familiäre Pflegekonstellation).

Berufsqualifizierung ist mehr als der Erwerb von Fertigkeiten einer abgeschlossenen Reihe von Tätigkeiten; sie entwickelt komplexe übergreifende Kompetenzen, die dazu befähigen, eigenverantwortlich im jeweiligen individuellen Kontext angemessen, auf der Grundlage aktuellen Wissens zu handeln und sich den rasch verändernden Anforderungen im System anzupassen.


Berufsqualifizierung bereitet heute auf lebenslanges Lernen vor. Die Spezialisierung in allen Sektoren ist so groß, dass auch heute niemand am Ende der Ausbildung ohne qualifizierte und umfassende Einarbeitung in irgendeinem Tätigkeitsbereich arbeiten kann.

Eine generalistische Ausbildung führt nicht zu Unterversorgung. Das ist dadurch belegt, dass international und in der EU die generalistische Ausbildung mit anschließender Spezialisierung fast überall die Norm ist.

Noch ein dritter Aspekt ist relevant: Eine Qualifizierung für den Pflegeberuf setzt Allgemeinbildung und Bildungsfähigkeit voraus. Deshalb müssen wir mit anderen Ausbildungen in den Wettbewerb um die besten Schulabsolventen treten. Das umfasst ein Maßnahmenbündel: von der Verbesserung der Arbeitsbedingungen, der Vergütung bis hin zur Eröffnung der Möglichkeit der Erstausbildung an Hochschulen als reguläre Alternative. Durch bessere Rahmenbedingungen werden Pflegende im Beruf gehalten bzw. wieder zurück geholt. Durch eine akademische Erstausbildung wird qualitativ besser auf die zukünftigen Anforderungen vorbereitet, der Beruf gewinnt an Attraktivität und zieht Bewerber/innen an, die sonst etwas anderes studieren würden. Ergänzend dazu müssen aus dem Kreis derjenigen, die die formalen Anforderungen nicht erfüllen, diejenigen identifiziert werden, die für die Pflege geeignet sind und Interesse haben. Sie müssen die Chance erhalten, über vertikale Durchlässigkeit, z.B. über eine Pflegehelferausbildung, Zugang zur Pflegeausbildung erhalten – soweit sie diese erfolgreich bewältigen können.

Der DPR erwartet von der Bundesregierung und den Ländern eine rasche und konsequente Umsetzung der Reform im Sinne der Forderungen des DPR. Der Mangel an Pflegefachpersonal verschärft sich täglich und Billiglösungen sind wie immer wohlfeil, aber keine nachhaltige Alternative. Denn in der Zwischenzeit wird mal wieder die Chance verpasst, den Pflegeberuf attraktiver zu gestalten und im Sinne einer besseren Versorgung weiterzuentwickeln.

 


Quelle: Deutscher Pflegerat e.V., 05.04.2011 (tB).

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