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DGVS 2011
Morbus-Crohn-Therapie ist komplexer geworden – was tun im konkreten Fall?
Leipzig (28. November 2011) – „Die neuen Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten haben dazu geführt, dass die Therapie des Morbus Crohn in den vergangenen Jahren individueller, damit aber auch komplexer geworden ist“, so die einleitenden Worte von Professor Dr. Torsten Kucharzik, Lüneburg, bei dem von Abbott unterstützten Symposium im Rahmen des Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) in Leipzig. Was diese Konzepte konkret in der Praxis bedeuten, erläuterte Professor Dr. Andreas Stallmach, Jena, anhand der Kasuistik eines 30-jährigen Morbus-Crohn-Patienten. Privat-Dozentin Dr. Britta Siegmund, Berlin, verdeutlichte die Rationale zu den jeweiligen Therapieentscheidungen anhand der Leitlinien. Auch die Fragestellung, wann der frühe Einsatz von TNF-α-Blockern wie Adalimumab sinnvoll ist, wurde hierbei diskutiert.
Ausgangssituation: männlicher Patient, 30 Jahre, akuter Morbus-Crohn-Schub
Bei dem von Stallmach vorgestellten Patienten handelte es sich um einen 30-jährigen adipösen Mann mit starkem Gewichtsverlust und Oberbauchschmerzen, bei dem im April 2009 ein akuter Morbus-Crohn-Schub diagnostiziert wurde. Bei erhöhten Werten der Entzündungsmarker Calprotectin im Stuhl und C-reaktives Protein (CRP) wurden endoskopisch Ulzerationen im Magen sowie im terminalen Ileum nachgewiesen, während das Kolon nicht betroffen war. Unter der Gabe von 60 mg/Tag Prednisolon besserte sich die Entzündung innerhalb von vier Wochen (CRP: 44,7 mg/l) und der Patient nahm wieder an Gewicht zu. „Knapp 60 Prozent der Patienten sprechen gut auf diese Schubtherapie an, so dass sie danach keine weitere Behandlung mehr benötigen“ 1, erläuterte Siegmund.
Bei Risiko für komplizierten Verlauf Anti-TNF-Therapie erwägen
Bei dem vorgestellten Patienten verschlechterte sich jedoch das Befinden sechs Wochen nach Therapiebeginn wieder (CRP: 76,2 mg/l), zudem entwickelte er eine Steroidakne. „Da er einen Ileumbefall hatte, jünger als 40 Jahre war und im ersten Schub Steroide erhalten hatte, bestand bei ihm ein erhöhtes Risiko für einen komplizierten Krankheitsverlauf“2,3, so Siegmund. Zur Remissionsinduktion und -erhaltung empfehlen die S3-Leitlinien4 als erste Option in dieser Situation eine Immunsuppression mit Azathioprin oder 6-Mercaptopurin in Kombination mit einer Steroid-Brückentherapie bis zum Wirkungseintritt. „In Anbetracht der bestehenden Adipositas des Patienten und der Steroidakne sowie des möglichen komplizierten Verlaufs sollte man jedoch auch den Einsatz eines TNF-α-Inhibitors wie Adalimumab erwägen, der sich durch ein rasches Ansprechen und langfristige Wirksamkeit auszeichnet“5,6, erläuterte Siegmund. „Hierdurch kann die Entzündung zeitnah beseitigt werden, wodurch Folgekomplikationen wie Stenosen oder Fisteln gar nicht erst entstehen.“ Als Prädiktoren für ein gutes Ansprechen auf eine TNF-α-Therapie nannte Siegmund eine Krankheitsdauer <2 Jahre, ileokolonische Ulzerationen, erhöhtes CRP und Nikotinabstinenz.
Infektionsrisiko unter Immunsuppression beachten
„Im Vergleich zu Azathioprin, dessen Wirkung verzögert eintritt, ist unter Adalimumab eine rasche Beschwerdefreiheit zu erwarten. Aus diesem Grund entschieden wir uns gemeinsam mit dem Patienten für diese Therapieoption, unter der es ihm auch schnell besser ging“, sagte Stallmach. Nach 22 Wochen verschlechterte sich sein Zustand jedoch rapide (CRP: 160,7 mg/l), da es zu einem Psoasabszess mit folgender Enterokokken-Sepsis gekommen war. Ursache hierfür war eine in der ersten Kernspintomographie übersehene blind endende Fistel gemeinsam mit der Kombinations-Immunsuppression, da der Patient die Empfehlungen zur Reduktion der Prednisolontherapie nicht befolgt hatte. Nach einer initialen Abszessdrainage, gefolgt von einer Ileozökalresektion, bei der ein Konglomerattumor entfernt wurde, erhielt der Patient zunächst 4 g/Tag 5-Aminosalicylsäure zur Rezidivprophylaxe. Er erholte sich, klagte jedoch nach drei Monaten erneut über Bauchschmerzen und Gewichtsabnahme, was diesmal auf eine Anastomose mit ausgedehnten Ulzerationen zurückzuführen war. „Um die akute Entzündung schnell beseitigen zu können, entschieden wir uns für eine erneute Induktion mit Adalimumab“, erläuterte Stallmach. Nach rascher Beschwerdefreiheit erhielt der Patient anschließend über ein Jahr hinweg alle 14 Tage 40 mg des Antikörpers, wobei er wieder an Gewicht zunahm und das CRP auf 9,6 mg/l sank.
Sicherer Therapieausstieg möglich
Doch wie lange soll die Anti-TNF-Therapie weitergeführt werden? Hierzu zeigte Siegmund Daten einer Beobachtungsstudie, nach denen man bei Patienten mit einer Remissionsdauer von einem Jahr, normalem CRP und mukosaler Heilung von einer nachhaltigen vollständigen Remission ausgehen und die Therapie beenden kann.7 Eine andere Studie zeigte, dass fast alle Patienten, die dennoch einen weiteren Schub erleiden, nach einer erneuten Anti-TNF-Behandlung wieder in Remission kamen.8 „Auch der in der Fallstudie vorgestellte Patient hat seine Therapie mittlerweile beendet und ist zurzeit in Remission“, schloss Stallmach.
Über Adalimumab
Adalimumab ist ein gentechnisch hergestellter, vollständig humaner monoklonaler Antikörper, der sich spezifisch gegen Tumor-Nekrose-Faktor-alpha (TNF-α) richtet. Dieser Botenstoff spielt eine zentrale Rolle bei den inflammatorischen Prozessen, die den Erkrankungen zugrunde liegen, bei denen Adalimumab zum Einsatz kommt. Außer zur Therapie des schwergradigen, aktiven Morbus Crohn ist Adalimumab (Humira®) in Europa und den USA zur Behandlung der mäßigen bis schweren aktiven rheumatoiden Arthritis (RA), der aktiven und progressiven Psoriasis-Arthritis (PsA), der schweren aktiven ankylosierenden Spondylitis (AS, Morbus Bechterew), der aktiven polyartikulären juvenilen idiopathischen Arthritis bei Kindern ab vier Jahren sowie der mittelschweren bis schweren chronischen Plaque-Psoriasis zugelassen. Humira® ist in 77 Ländern zugelassen, mehr als 500.000 Menschen weltweit werden derzeit mit dem Medikament behandelt. Außerdem werden weitere klinische Studien zum therapeutischen Potenzial von Humira®, u. a. bei Colitis ulcerosa, durchgeführt.
Über Abbott
Abbott ist ein breit aufgestelltes, weltweit tätiges Gesundheitsunternehmen, das sich auf die Erforschung, Entwicklung, Herstellung und Vermarktung von Arzneimitteln und medizinischen Produkten einschließlich Ernährung, Medizintechnik und Diagnostika konzentriert. Das Unternehmen beschäftigt nahezu 90.000 Mitarbeiter und vertreibt seine Produkte in mehr als 130 Ländern. In Deutschland ist Abbott mit rund 4.700 Mitarbeitern an seinem Hauptsitz in Wiesbaden sowie den Standorten in Ludwigshafen, Wetzlar, Ettlingen, Hannover und Neustadt am Rübenberge vertreten.
Literatur
- 1 Faubion W.A. et al. Gastroenterology. 2001;121(2):255-60.
- 2 Cosnes J. et al. Inflamm Bowel Dis. 2002 Jul;8(4):244-50
- 3 Beaugerie L. et.al. Gastroenterology. 2006 Mar;130(3):650-6.
- 4 Hoffmann J.C. et al. Z Gastroenterol. 2008;46(9):1094-146.
- 5 Hanauer S.B. et al. Gastroenterology. 2006;130(2):323-33.
- 6 Colombel J.F. et al. Gastroenterology. 2007;132(1):52-65.
- 7 Schnitzler F. et al. Gut. 2009;58(4):492-500.
- 8 Louis E. et al. Gastroenterology 2009;136 (5 Suppl.1) :A-146.
Quelle: Satellitensymposium „Moderne Therapiekonzepte bei Morbus Crohn – Fallbeispiele aus der täglichen Praxis interaktiv diskutiert“ im Rahmen der 66. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen e. V., Leipzig, 16.09.2011.