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Die selbstzerstörerische Kooperation der Salmonellen
Wie Durchfallerreger den Darm besetzen
Zürich, Schweiz (26. Mai 2009) – Der Dickdarm ist dicht besiedelt und bietet eigentlich Neuzuzügern keinen Platz. Mit erstaunlichen Strategien gelingt es den Salmonellen trotzdem, sich dort zu vermehren. In einem vom Schweizerischen Nationalfonds unterstützten Projekt deckt die Gruppe um Wolf-Dietrich Hardt von der ETH Zürich auf, wie die gefürchteten Durchfallerreger die Abwehrkräfte des Darms überlisten.
Salmonellen sind gefährlich. Immer wieder sorgen sie für Aufregung, letztmals zu Jahresbeginn in verunreinigter Erdnussbutter in den USA. Sie verursachen akute Durchfallerkrankungen, die zwar meist nach einer Woche spontan ausheilen, aber – selten – auch tödlich verlaufen können.
Salmonellen gelangen grösstenteils mit infizierten Lebensmitteln in den Verdauungstrakt, wo sie auf ein unwirtliches, weil schon dicht besiedeltes Ökosystem stossen. Im Dickdarm wohnen in jedem Milliliter Kot viele Milliarden verschiedenste Bakterien, welche die wenigen noch unverdauten Nährstoffe aus dem Dünndarm abbauen. In diesem nährstoffarmen Tummelfeld haben Neuankömmlinge wie die Salmonellen im Prinzip keine Chance, sich zu etablieren.
Einige Eindringlinge lösen Entzündung aus
Eine Forschungsgruppe um Wolf-Dietrich Hardt von der ETH Zürich hat kürzlich entdeckt, wie sich die Salmonellen trotzdem ausbreiten können. Einige Salmonellen – ungefähr 15 Prozent der Erregerpopulation im Darm – dringen in die Zellen der Darmwand ein und lösen dort eine Entzündung aus, die gegen die Eindringlinge gerichtet ist. Tatsächlich sterben die Salmonellen in den entzündeten Zellen ab. Doch der entzündete Darm sondert gleichzeitig vermehrt Abwehrmoleküle und Darmschleim ab. Diese sollten den Körper vor weiteren Infektionen schützen, gedeihen jedoch zum Vorteil der Salmonellen.
Die im Darm verbliebenen Erreger profitieren
Der Darmschleim enthält nämlich spezielle, mit Zuckerverbindungen versehene Eiweisse, so genannte Muzine. Diese energiereichen Moleküle schüren das Wachstum der im Darm verbliebenen Salmonellen. Denn im Gegensatz zu den Vertretern der Darmflora besitzen Salmonellen dünne Anhängsel, so genannte Flagellen. Die Drehung dieser Flagellen – ähnlich einem Propeller – ermöglicht den Salmonellen, sich zielgerichtet auf die Muzine zu stürzen, sich an ihnen gütlich zu tun und sich dadurch rasch zu vermehren.
Nun setzt ein Teufelskreis ein. Denn wieder opfert sich ein Bruchteil der – inzwischen gewachsenen – Salmonellenpopulation auf, indem er die Darmzellen befällt. Das löst eine noch stärkere Entzündung aus und führt wiederum zur Absonderung von noch mehr Schleim, wodurch die im Darm verbliebenen Salmonellen immer mehr vom Tod ihrer Schwesterzellen profitieren.
Mit dem Nachweis, dass sich Salmonellen fortbewegen müssen, um sich zu vermehren, hat das Team von Wolf-Dietrich Hardt eine neue Möglichkeit zur Bekämpfung dieser Erreger aufgezeigt. Die Forschenden hoffen, dass dereinst ein Medikament die zielgerichtete Fortbewegung auszuschalten und somit den Teufelskreis zu durchbrechen vermag.
Abb.: Salmonellen (rot) müssen sich gegen die Bakterien der Darmflora (kleine grüne Strichlein) durchsetzen. Dies gelingt ihnen, wenn einige Salmonellen die Zellen der Darmwand (blau) befallen und absterben, aber gleichzeitig eine Entzündung auslösen, die den verbliebenen Salmonellen eine rasche Vermehrung ermöglicht. © Bärbel Stecher und Wolf-Dietrich Hardt, Institut für Mikrobiologie ETH Zürich/SNF
Quelle: Pressemitteilung der ETH Zürich vom 26.05.2009.