DKG zum "Gutachten zur ambulanten Notfallversorgung im Krankenhaus"

Milliarden-Defizit bei ambulanter Notfallversorgung

 

Berlin (17. Februar 2015) – "Die Notaufnahmen der Krankenhäuser sind vielerorts stark überlastet und absolut unterfinanziert. Sie werden immer stärker zum Lückenbüßer für die eigentlich zuständigen Bereitschaftsdienste der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) und dabei durch die Vergütungsregelungen der KVen und Krankenkassen sowie einen 10-prozentigen gesetzlichen Investitionsabschlag auch noch diskriminiert", erklärte der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Georg Baum, anlässlich der Veröffentlichung eines Gutachtens zur ambulanten Notfallversorgung im Krankenhaus.


Einem durchschnittlichen Erlös von 32 Euro pro ambulantem Notfall stünden Fallkosten von mehr als 120 Euro gegenüber. Mehr als 10 Millionen ambulante Notfälle mit einem Fehlbetrag von 88 Euro pro Fall führten zu 1 Milliarde Euro nicht gedeckter Kosten, rechnete Baum vor.

 

Untermauert wird dieses Ergebnis vom "Gutachten zur ambulanten Notfallversorgung im Krankenhaus – Fallkostenkalkulation und Strukturanalyse", das die DKG in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft interdisziplinäre Notfall- und Akutmedizin (DGINA) bei der Management Consult Kestermann GmbH (MCK) im Juni 2014 beauftragt hat. Im Rahmen einer aufwendigen Kalkulation haben 55 Krankenhäuser für insgesamt 612.070 ambulante Notfälle fallbezogene Kosten- und Leistungsdaten – und somit eine außergewöhnlich breite und valide Datengrundlage – bereitgestellt. Durch die Verbindung der ökonomischen Aspekte mit der Versorgungsrealität bietet das Gutachten eine einzigartige, datenbasierte Diskussionsgrundlage für die dringend notwendige Weiterentwicklung der ambulanten Notfallversorgung.

 

"Die Krankenhäuser sehen sich in der Leistungspflicht für jeden, der Hilfe in den Notaufnahmen sucht und geraten dadurch in eine Kostenfalle", erläuterte Baum die schwierige Lage der Krankenhäuser. Die ambulante Notfallversorgung werde schon lange nicht mehr durch die KVen sichergestellt, obwohl diese dafür zuständig seien. Selbst dort, wo Notfalldienste von den KVen organisiert seien, gingen die Patienten in die Ambulanzen der Krankenhäuser. Die Auswertung der Behandlungsfälle zeige, dass ein Drittel der Patienten von niedergelassenen Ärzten versorgt werden könnte. Viele Patienten suchten die Notaufnahmen der Krankenhäuser auf, weil im vertragsärztlichen Bereich kein geeignetes oder ausreichendes Versorgungsangebot für Notfälle vorhanden sei.

 

"Für die unverzichtbare ambulante Notfallversorgung im Krankenhaus muss eine geeignete Vergütung geschaffen werden, die den Behandlungsmöglichkeiten und den damit verbundenen Kostenstrukturen der Krankenhäuser Rechnung trägt", forderte der DKG-Hauptgeschäftsführer. Das Gutachten mache deutlich, dass die für die niedergelassenen Ärzte entwickelte Notfallvergütung nicht für die kostenintensiven Vorhaltungen und Leistungen der Krankenhäuser geeignet seien. "Absolut inakzeptabel sind zudem die seit Jahren stattfindenden zusätzlichen Minderungen dieser ohnehin viel zu niedrigen Vergütung in Folge aktiver Diskriminierungsstrategien durch KVen und Krankenkassen", beklagte Baum. Es werde höchste Zeit, dass das Mandat zur Regelung der Rahmenbedingungen einschließlich der Vergütungen für die ambulante Notfallversorgung durch Krankenhäuser auf diese übergehe. Die in den Eckpunkten für die Krankenhausreform vorgesehene Aufforderung an die KVen zu mehr Kooperation mit den Krankenhäusern reiche da nicht aus. "Ebenfalls abzuschaffen ist der 10-prozentige Investitionsabschlag, den die Krankenhäuser von den Vergütungen hinzunehmen haben, obwohl die Länder nicht ausreichend Investitionsmittel bereitstellen", erklärte Baum.

 

Dringenden Handlungsbedarf sieht auch Dr. Timo Schöpke, Generalsekretär der DGINA. "Die finanzielle Belastung für Krankenhäuser wird in den kommenden Jahren weiter steigen", so Schöpke und bezweifelte, dass künftig ausreichend Krankenhäuser unter diesen Bedingungen in der Lage sein werden, eine hochwertige Notfallversorgung aufrecht zu erhalten. Der Betrieb einer Notaufnahme mit der ständigen Vorhaltung umfangreicher Diagnostik sei deutlich teurer als der Betrieb einer Arztpraxis zu normalen Sprechstundenzeiten. Dennoch werde bei der Vergütung der Leistungen bislang kein Unterschied gemacht.

 

Christoph Haas, MCK-Projektleiter, hob hervor, dass sich das Gutachten dank der freiwilligen Mitwirkung von 55 Krankenhäusern auf eine breite und valide Datenbasis stützen könne. Durch den Fallbezug der Kalkulation würden nicht nur die Kosten- und Erlösstrukturen, sondern auch die Leistungen der Krankenhäuser in der ambulanten Notfallbehandlung detailliert beschrieben. Die Erhebung liefere damit einen wesentlichen Beitrag zur Erhöhung der Transparenz über die Notfallversorgung an deutschen Krankenhäusern.

 

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) ist der Dachverband der Krankenhausträger in Deutschland. Sie vertritt die Interessen der 28 Mitglieder – 16 Landesverbände und 12 Spitzenverbände – in der Bundes- und EU-Politik und nimmt ihr gesetzlich übertragene Aufgaben wahr. Die 1.996 Krankenhäuser versorgen jährlich 18,8 Millionen stationäre Patienten und rund 18 Millionen ambulante Behandlungsfälle mit 1,2 Millionen Mitarbeitern. Bei 90 Milliarden Euro Jahresumsatz in deutschen Krankenhäusern handelt die DKG für einen maßgeblichen Wirtschaftsfaktor im Gesundheitswesen.

 

 

Download

 

Gutachten zur ambulanten Notfallversorgung im Krankenhaus:

2015-02-17_Gutachten zur ambulanten Notfallversorgung im Krankenhaus 2015 (pdf, 4 MB)http://www.dkgev.de/newsletter/?link=http%3A%2F%2Fwww.dkgev.de%2Fmedia%2Ffile%2F19401.2015-02-17_Gutachten_zur_ambulanten_Notfallversorgung_im_Krankenhaus_2015.pdf

 


Quelle: Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), 17.02.2015 (tB).

MEDICAL NEWS

IU School of Medicine researchers develop blood test for anxiety
COVID-19 pandemic increased rates and severity of depression, whether people…
COVID-19: Bacterial co-infection is a major risk factor for death,…
Regenstrief-led study shows enhanced spiritual care improves well-being of ICU…
Hidden bacteria presents a substantial risk of antimicrobial resistance in…

SCHMERZ PAINCARE

Hydromorphon Aristo® long ist das führende Präferenzpräparat bei Tumorschmerz
Sorgen und Versorgen – Schmerzmedizin konkret: „Sorge als identitätsstiftendes Element…
Problem Schmerzmittelkonsum
Post-Covid und Muskelschmerz
Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln

DIABETES

Wie das Dexom G7 abstrakte Zahlen mit Farben greifbar macht…
Diabetes mellitus: eine der großen Volkskrankheiten im Blickpunkt der Schmerzmedizin
Suliqua®: Einfacher hin zu einer guten glykämischen Kontrolle
Menschen mit Diabetes während der Corona-Pandemie unterversorgt? Studie zeigt auffällige…
Suliqua® zur Therapieoptimierung bei unzureichender BOT

ERNÄHRUNG

Positiver Effekt der grünen Mittelmeerdiät auf die Aorta
Natriumaufnahme und Herz-Kreislaufrisiko
Tierwohl-Fleisch aus Deutschland nur mäßig attraktiv in anderen Ländern
Diät: Gehirn verstärkt Signal an Hungersynapsen
Süßigkeiten verändern unser Gehirn

ONKOLOGIE

Strahlentherapie ist oft ebenso effizient wie die OP: Neues vom…
Zanubrutinib bei chronischer lymphatischer Leukämie: Zusatznutzen für bestimmte Betroffene
Eileiter-Entfernung als Vorbeugung gegen Eierstockkrebs akzeptiert
Antibiotika als Störfaktor bei CAR-T-Zell-Therapie
Bauchspeicheldrüsenkrebs: Spezielle Diät kann Erfolg der Chemotherapie beeinflussen

MULTIPLE SKLEROSE

Multiple Sklerose: Aktuelle Immunmodulatoren im Vergleich
Neuer Biomarker für Verlauf von Multipler Sklerose
Multiple Sklerose: Analysen aus Münster erhärten Verdacht gegen das Epstein-Barr-Virus
Aktuelle Daten zu Novartis Ofatumumab und Siponimod bestätigen Vorteil des…
Multiple Sklerose durch das Epstein-Barr-Virus – kommt die MS-Impfung?

PARKINSON

Meilenstein in der Parkinson-Forschung: Neuer Alpha-Synuclein-Test entdeckt die Nervenerkrankung vor…
Neue Erkenntnisse für die Parkinson-Therapie
Cochrane Review: Bewegung hilft, die Schwere von Bewegungssymptomen bei Parkinson…
Technische Innovationen für eine maßgeschneiderte Parkinson-Diagnostik und Therapie
Biomarker und Gene: neue Chancen und Herausforderungen für die Parkinson-Diagnose…