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Diabetes und Schlaf ‑ Schlafapnoesyndrom und Diabetes
Von Dr. med. Christian Lechner, Dachau
Hamburg (16. Mai 2007) – Seit Langem sind Interaktionen zwischen Diabetes mellitus Typ 2 sowie Schlafstörungen bekannt. Schlafstörungen können im Wesentlichen in zwei Gruppen unterteilt werden. Zum einen die so genannte Insomnie, die mit Ein- und Durchschlafstörungen vergesellschaftet ist. Auf der anderen Seite die schlafassoziierten Atemregulationsstörungen (Schlafapnoesyndrom), wie typischerweise beim obstruktiven Schlafapnoesyndrom. In der Regel führen beide Störungen zu erheblicher Schlaffragmentation mit teils gravierenden Auswirkungen auf die Gesamtbefindlichkeit der Patienten, namentlich auf die Leistungsfähigkeit, Konzentrationsfähigkeit, Unfallgefahr bzw. kardiovaskuläre Erkrankungen.
Patienten mit Diabetes meilitus leiden häufig an Ein- und Durchschlafschwierigkeiten verschiedenster Ursache. Zum einen sind episodische Störungen bei Patienten mit Hypoglykämien zu beobachten. Es ist bekannt, dass Hypoglykämien im zentralen Nervensystem orexinbildende Neurone des Hypothalamus stimulieren können, die ihrerseits wiederum zur intrinsischen Weckreaktion führen. Vor diesem Hintergrund erfüllt dieses Wecksystem eine wichtige Warnfunktion. Störungen mit nächtlichen Hypoglykämien sind diabetologisch tätigen Ärzten sehr wohl vertraut.
Daneben stört die Schlafqualität sowie die Ein- und Durchschlaffähigkeit des Patienten in besonderem Maße das Syndrom der schmerzhaften Polyneuropathie. Assoziiert ist dieses Syndrom nicht selten mit einem sog. PLM (Periodic limb movement)‑Syndrom, welches mit periodischen Bein- oder Extremitätenbewegungen einhergeht. Hier findet sich eine nahe Verwandtschaft zu dem sog. Restless-legs-Syndrom (unruhige Beine), welches beim Diabetiker mit Polyneuropathie ebenfalls überdurchschnittlich häufig gefunden wird. Die Behandlung dieser Syndrome ist jedoch unterschiedlich.
Daher sollte bei der peripheren schmerzhaften Neuropathie des Diabetikers die genaue Anamnese im Vordergrund stehen. Die Patienten klagen typischerweise sensible, motorische oder vegetative Reizerscheinungen. Meist aber über brennende Parästhesien der Haut, welche sich vor allem nachts verstärken. Hier ist das sog. Burning-Feet-Syndrom zu nennen. Polyneuropathien sind neurologischer Diagnostik in der Regel gut zugänglich und weisen bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 eine typische Befundkonstellation auf.
Therapeutisch ist die Gabe von Alpha-Lipomsäure als Infusion über 7 bis 10 Tage hilfreich. Eine länger dauernde orale Medikation ist jedoch hier nicht sinnvoll und Studien haben keinen klaren Beleg für die dauerhafte Wirkung dieser Substanz gezeigt. Bei der schweren schmerzhaften Polyneuropathie mit Ein- und Durchschlafstörungen ist die Behandlung der neuropathischen Schmerzen im Vordergrund. Hier stehen klassische Antiepileptika wie Carbamazepin zur Verfügung. Aufgrund des teils ungünstigen Nebenwirkungsprofils werden jedoch häufig die modernen Medikamente, wie z.B. das Gabapentin oder das Pregabalin bevorzugt. Diese Medikamente haben den Vorteil, dass sie sehr viel besser verträglich sind und im Übrigen der Wirkeintritt erfreulich schnell zu verzeichnen ist.
Dem gegenüber steht das Restless-legs-Syndrom. Hier sind die Beschwerden nicht brennend, sondern eher ziehend mit dumpfem Charakter und gehen vor allem mit einer unangenehmen Bewegungsunruhe einher. Das entscheidende, differentialdiagnostische Kriterium ist, dass sich diese Beschwerden vorübergehend unter Bewegung gut zurückbilden. Nachts haben diese Patienten häufig periodische rhythmische Beinbewegungen mit teilweise grotesken Beinexkursionen, mit erheblichen Störungen des Nachtschlafes. Das reine PLM-Syndrom wird dagegen nur in den leichteren Schlafstadien diagnostiziert und führt zu rhythmischen, länger dauernden Dorsalextensionen und krampfartigen Verspannungen der Unterschenkel- und Fußmuskulatur, begleitet von Weckreaktionen im EEG. Diese beiden Störungen müssen einer sorgfältigen Differentialdiagnostik zugeführt werden, da beispielsweise Eisenmangel, urämisches Syndrom, das idiopathische (genetische) Restless‑legs-Syndrom, aber auch andere Erkrankungen wie Polyneuropathien anderer Ätiologie eine Rolle spielen können.
In der Regel sprechen diese Formen der Bewegungsstörungen und Schlafstörungen sehr gut auf L-Dopa bzw. Dopa-Agonisten an. Ebenso sehr gute Wirkung zeigen in der zweiten Linie lang wirksame Opiate bzw. auch im Einzelfall modernere Antiepileptika. Allen Schlafstörungen ist gemeinsam, dass die Schlaffragmentation zu einer erhöhten Tagesmüdigkeit führt. Bei Diabetikern ist vor allem zu beachten, dass die Schlaffragmentation ihrerseits wiederum zu einer erhöhten Insulinresistenz, Verminderung des Leptins und zu einem pathologischen Glukosestoffwechsel führen kann.
Die Interaktionen zwischen Diabetes mellitus und dem obstruktiven Schlafapnoesyndrom (OSAS) wurden bis vor Kurzem ausschließlich aufgrund der häufig vorkommenden Adipositas bei diesen Patienten gesehen. Eine direkte Verbindung zwischen diesen beiden Erkrankungen konnte jedoch in den letzten Jahren nachgewiesen werden. Pathophysiologisch handelt es sich bei dem obstruktiven Schlafapnoesyndrom um ein teilweise bis zu einer Minute dauernde Sistieren des Atemflusses aufgrund von Kollabieren der oberen Atemwege. Hier kommt es konsekutiv zu erheblichem Sauerstoffpartialdruckabfall mit Weckreaktionen, Herzfrequenzsteigerung, massiven Blutdrucksteigerungen sowie Katecholaminausschüttungen, begleitet ist dies von einer Aktivierung des Interleukin 10, der Komplementkaskade sowie TNF-Alpha. Es konnte gezeigt werden, dass diese Mediatoren wiederum einem erheblichen Anstieg des kardiovaskulären Risikos führen, welches sich nicht nur alleine in der Erhöhung des Bluthochdrucks sondern auch durch Adhäsionsmoleküle sowie verstärkte Thrombozytenfunktion die Schlaganfallhäufigkeit und die Häufigkeit von nächtlichen kardialen Ischämien begünstigt.
Aufgrund der überdurchschnittlichen Koinzidenz von OSAS und Diabetes mellitus wurde nun vermutet, dass durch die autonome Neuropathie die Gaumen- und Rachenmuskulatur nicht mehr ausreichend stark tonisiert ist. Dies wiederum führt hypothetischer Weise zu einer deutlichen Erhöhung der Schlafapnoeinzidenz bei Patienten mit Diabetes mellitus im Vergleich zu gesunden Patienten mit ähnlichem BMI und Altersprofil.
Es konnte in mehreren Studien gezeigt werden, dass sich durch die Therapie des obstruktiven Schlafapnoesyndroms mit nCPAP Beatmung die diabetische Stoffwechsellage gerade bei Patienten mit ausgeprägter Insulinresistenz teilweise sehr rasch und anhaltend effektiv verbessern lässt. Ebenso konnte nachgewiesen werden, dass die Anzahl der hypoglykämen Blutzuckerwerten bei Patienten um bis zu 30 bis 40 % nach der nCPAP-Therapie abnehmen. Gemeinsamer Endpunkt bei Patienten mit Diabetes mellitus und Schlafapnoesyndrom ist hier wiederum die erhöhte Insulinresistenz, der pathologische Glukosestoffwechsel, die Schlaffragmentation mit den bereits oben genannten Folgen.
Zusammenfassend kann also festgestellt werden:
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Aus neurologischer schlafmedizinischer Sicht beeinträchtigt die Schlafqualität des Diabetikers in allererster Linie die schmerzhafte Polyneuropathie, das Restless-legs-Syndrom und das PLM‑Syndrom.
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Die Koinzidenz und der wechselseitige, sich verstärkende Einfluss zwischen Diabetes mellitus und Schlafapnoesyndrom, kann mittlerweile als nachgewiesen gelten. Deutlich positive Interventionsstudien zeigen auch die therapeutische Bedeutsamkeit beim Schlafapnoesyndrom des Diabetikers.
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Diabetologisch tätige Ärzte sollten mithin dem Schlaf sowie den Tagesverhalten der Patienten besondere Aufmerksamkeit schenken und ambulante schlafmedizinische Untersuchungen großzügig indizieren. Diese sind durch einfache Screeningverfahren gut und preiswert durchführbar. Ähnlich wie beim Screening des Augenhintergrundes oder der Nierenfunktion sollte beim Diabetiker der Schlafqualität eine besondere Bedeutung zugestanden werden.
Quelle: Symposium der Firma Pfizer zum Thema „Was stört den Schlaf des Diabetikers?“ am 16.05.2007 in Hamburg (MCG – Medical Consulting Group) (tB).