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Therapiekunst – Erhaltung der Kreativität unter medikamentöser Behandlung
Dr. phil. Andreas Loh
Berlin (13. September 2011) – Die Behandlung von Patienten mit affektiven Erkrankungen, seien es eine bipolare Störung oder eine unipolare Depression, stellt an alle Beteiligten im Versorgungssystem höchste Anforderungen. Im Mittelpunkt stehen dabei in erster Linie der Patient oder die Patientin und deren Angehörige.
Bei der bipolaren Störung liegt zudem meist eine paradoxe Situation vor. Einerseits ist es ausdrücklich symptomatisch für die depressive Erkrankung, dass der Antrieb der Patienten beeinträchtigt ist, ihr Denken und Handeln verlangsamt ist und die Patienten sich wenig zutrauen. Bei bipolar erkrankten Patienten schlägt das Pendel auch ins Gegenteil um, die Patienten können agitiert sein, denken und handeln vorschnell sowie unüberlegt und trauen sich unreflektiert alles zu. Andererseits ist es neben einer evidenzbasierten pharmakologischen Behandlung insbesondere die Aktivität und die konstruktive und reflektierte Mitarbeit der Patienten, die den Erfolg einer Behandlung erst möglich machen. Die Einsicht in die Tatsache, dass eine Erkrankung vorliegt, die Auseinandersetzung mit der Krankenrolle und der Aufbau von Behandlungsbereitschaft sind die Hürden, die im Rahmen der Behandlung zu nehmen sind.
Gerade bei affektiven Erkrankungen wird das Interesse der Patienten an Informationen und an Partizipation am Behandlungsprozess häufig unterschätzt. Therapeuten und Patienten arrangieren sich – wenn auch unausgesprochen – viel zu sehr damit, dass das Medikament es richten soll und man hauptsächlich auf das Einsetzen der Wirksamkeit der pharmakologischen Substanzen warten muss. Dies bedeutet jedoch, dass die Potentiale der Patienten für Aktivität und Kreativität nicht ausreichend genutzt werden. Das verzögert den Behandlungserfolg und ist von Nachteil, da die Patienten nach der Behandlung das Gefühl haben, nicht etwa sie selbst haben es geschafft, sondern nur das Medikament.
Wesentliches Ziel einer effizienten Behandlung ist deshalb nicht nur, evidenzbasierte pharmakologische Strategien umzusetzen oder das richtige Medikament zu finden. Stattdessen ist für eine wirkungsvolle Behandlung ein ganzes Behandlungsteam aufzustellen, bestehend aus dem behandelnden Arzt, dem Medikament und dem Patienten mit seiner Akzeptanz, Kooperation, Adhärenz und seiner Kreativität. Patienten von Anfang an als Partner einzubeziehen, die mit ihren Eigenheiten, Einfällen und ihren Lösungsstrategien den Behandlungsweg mitgestalten, macht die Behandlung für die Beteiligten nicht nur interessanter. Es zielt auch auf die Verbesserung der Adhärenz: Patienten, die von Anfang an mit dem Behandler „in einem Boot sitzen“, setzen die Therapiemaßnahmen auch konsequenter um. Dass konsequent umgesetzte Behandlungen eher erfolgreich sind als solche, die nur halbherzig verfolgt werden, ist naheliegend.
Kreativität meint somit nicht immer die Gestaltung von Werken oder das Arbeiten mit künstlerischen Ausdrucksformen, obwohl Patienten mit affektiven Erkrankungen diesbezüglich auch häufig nicht entsprechend gewürdigt werden. Ein Einblick in die Gestaltungsarbeit von Patienten während des therapeutischen Prozesses gibt erstaunliche Belege für die kreative Schaffenskraft von Patienten. Unter Kreativität ist hier in erster Linie die Kompetenz von Patienten zu verstehen, trotz der affektiven Erkrankung ihr Geschick durch eigene Beiträge mitzugestalten und das Leben und folglich die Behandlung der Erkrankung in die eigene Hand zu nehmen.
Dies gelingt Patienten leichter, wenn für die pharmakologische Behandlung Substanzgruppen gewählt werden, die von ihrem Verträglichkeitsprofil möglichst wenig sedieren und die kognitive Leistungsfähigkeit nur wenig beeinträchtigen. Dann kann ein „Winning Team“ aus Patient, Medikament und Arzt ins Spiel gebracht werden.
Autor
Dr. phil. Andreas Loh
Diplom-Psychologe,
Freiburg
Quelle: 10. Lundbeck Dialog ZNS am 13.09.2011 in Berlin (antwerpes) (tB).