MEDIZIN

DOC-CHECK LOGIN

Dresdner Studie

ADHS Patienten lernen über Neurofeedback sich selbst besser zu steuern

Dresden (12. September 2016) – Medikamente oder individuelles Training? Um ADHS-Patienten langfristig zu helfen, gibt es verschiedene Therapieansätze.Die Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie des Universitätsklinikums sowe der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus Dresden erforscht in diesem Zusammenhang das Neurofeedback. Das Team um Veit Rößner, Christian Beste und Annet Bluschke konnte jetzt nachweisen, dass sich impulsives Verhalten der Patienten durch das Theta-Beta Neurofeedback reduzieren lässt. Die im Journal Scientific Reports (Nature-Verlag) publizierte Studie (doi10.1038/srep31178) zeigt erstmals, dass Neurofeedback nicht nur Effekte auf Verhaltensebene, sondern auch auf neurophysiologischer Ebene zeigt.

„In den letzten Jahren haben wir immer wieder versucht neue Therapieansätze zu finden, wie man ADHS-Symptome von Kindern und Jugendlichen reduzieren und ihnen somit den Alltag zu Hause und in der Schule erleichtern kann“, sagt Annet Bluschke. Medikamente sind da ein Teil der Behandlung, allerdings kann auch ein intensives Training helfen, das ist die Vermutung. „Seit zweieinhalb Jahren bieten wir daher Neurofeedback als Therapieansatz für Patienten mit ADHS an. Mittlerweile liegen jetzt die ersten Studienergebnisse vor, die belegen, dass diese Form der Therapie eine messbare Verbesserung für die Patienten bringt“, so die Psychologin weiter.

Neurofeedback ist eine direkte Rückmeldung der eigenen Gehirnaktivität auf dem Computerbildschirm. Die Kinder sollten unter anderem ein Auto auf dem Computerbildschirm bewegen und versuchen, gegen den Computer zu gewinnen. Auf diesem Weg ist es möglich, dass der Blick auf die eigenen Gedanken geschult wird und der Patient sich selbst zu kontrollieren lernt. „Bei Kindern mit der Diagnose AD(H)S geht es hier vor allem darum, das eigene Verhalten und die Konzentration besser selber steuern zu können“, so Dr. Annet Bluschke weiter.

In die Studie wurden neunzehn Kinder mit ADHS eingeschlossen und in jeder der sechzehn Sitzungen wurde Neurofeedback durchgeführt. Ziel und Herausforderung war es, dass die Patienten erlernen, bestimmte Gehirnwellen so zu regulieren, dass die Konzentration steigt bzw. besser gesteuert werden kann. Um zu untersuchen ob dieser Therapieansatz tatsächlich die gewünschten Effekte bringt, erfolgte ein Vorher-Nachher-Vergleich durch die Forschungsabteilung „Kognitive Neurophysiologie“ der KJP. Dabei absolvierten die Neurofeedbackpatienten vor Beginn und nach Ende der achtwöchigen Therapie eine Reaktionsaufgabe, während gleichzeitig die Gehirnaktivität im EEG gemessen wurde. Hier mussten die Patienten auf einen „Drückimpuls“ hin eine Taste betätigen. Wurde stattdessen ein „Stoppsignal“ eingeblendet, musste die Antwort zurückgehalten werden. Damit kann gemessen werden, wie gut die Kinder ihr Verhalten entsprechend der äußeren Reize steuern können. Nach dem Neurofeedback hatten sich die kleinen Patienten besser im Griff als die Vergleichsgruppe, deren Selbstkontrolle nicht trainiert wurde.

Dies spiegelt sich sowohl im erfolgreichen Zurückhalten des Tastendruckes als auch in der Verbesserung zugrundeliegender neuronaler Mechanismen wider, die nur bei den mit Neurofeedback behandelten Patienten auftrat. Insgesamt beobachtete Annet Bluschke dabei, dass neben den wichtigen Effekten des Neurofeedbacks auf die impulsiven Verhaltensweisen der Kinder auch konkrete Veränderungen in der Gehirnaktivität auftraten.

Daraus kann die Schlussfolgerung gezogen werden: ein speziell eingesetztes Neurofeedbackverfahren führt zu Veränderungen in ganz bestimmten Hirnarealen. Das heißt: die typischen impulsiven Verhaltensweisen werden auf Verhaltensebene und neuronaler Ebene deutlich reduziert. Dies zeigt, dass Neurofeedback nicht nur oberflächlich wirkt, sondern tatsächlich zu einer Veränderung im Gehirn führt. ADHS Patienten lernen so, sich besser zu steuern, und davon profitieren Eltern, Lehrer und Kinder.

Langfristig ist noch geplant zu untersuchen, ob die beschriebenen Effekte auch sechs Monate nach Ende der Therapie noch anhalten und ob Neurofeedback eine ähnliche Wirkung wie der Einsatz von Medikamenten haben kann.


Publikation

  • Annet Bluschke, Felicia Broschwitz, Simon Kohl, Veit Roessner & Christian Beste: The neuronal mechanisms underlying improvement of impulsivity in ADHD by theta/beta neurofeedback; in: Scientific Reports 6, Article number: 31178 (2016), doi:10.1038/srep31178


Quelle: Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden , 12.09.2016 (tB).

MEDICAL NEWS

IU School of Medicine researchers develop blood test for anxiety
COVID-19 pandemic increased rates and severity of depression, whether people…
COVID-19: Bacterial co-infection is a major risk factor for death,…
Regenstrief-led study shows enhanced spiritual care improves well-being of ICU…
Hidden bacteria presents a substantial risk of antimicrobial resistance in…

SCHMERZ PAINCARE

Hydromorphon Aristo® long ist das führende Präferenzpräparat bei Tumorschmerz
Sorgen und Versorgen – Schmerzmedizin konkret: „Sorge als identitätsstiftendes Element…
Problem Schmerzmittelkonsum
Post-Covid und Muskelschmerz
Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln

DIABETES

Wie das Dexom G7 abstrakte Zahlen mit Farben greifbar macht…
Diabetes mellitus: eine der großen Volkskrankheiten im Blickpunkt der Schmerzmedizin
Suliqua®: Einfacher hin zu einer guten glykämischen Kontrolle
Menschen mit Diabetes während der Corona-Pandemie unterversorgt? Studie zeigt auffällige…
Suliqua® zur Therapieoptimierung bei unzureichender BOT

ERNÄHRUNG

Positiver Effekt der grünen Mittelmeerdiät auf die Aorta
Natriumaufnahme und Herz-Kreislaufrisiko
Tierwohl-Fleisch aus Deutschland nur mäßig attraktiv in anderen Ländern
Diät: Gehirn verstärkt Signal an Hungersynapsen
Süßigkeiten verändern unser Gehirn

ONKOLOGIE

Strahlentherapie ist oft ebenso effizient wie die OP: Neues vom…
Zanubrutinib bei chronischer lymphatischer Leukämie: Zusatznutzen für bestimmte Betroffene
Eileiter-Entfernung als Vorbeugung gegen Eierstockkrebs akzeptiert
Antibiotika als Störfaktor bei CAR-T-Zell-Therapie
Bauchspeicheldrüsenkrebs: Spezielle Diät kann Erfolg der Chemotherapie beeinflussen

MULTIPLE SKLEROSE

Multiple Sklerose: Aktuelle Immunmodulatoren im Vergleich
Neuer Biomarker für Verlauf von Multipler Sklerose
Multiple Sklerose: Analysen aus Münster erhärten Verdacht gegen das Epstein-Barr-Virus
Aktuelle Daten zu Novartis Ofatumumab und Siponimod bestätigen Vorteil des…
Multiple Sklerose durch das Epstein-Barr-Virus – kommt die MS-Impfung?

PARKINSON

Meilenstein in der Parkinson-Forschung: Neuer Alpha-Synuclein-Test entdeckt die Nervenerkrankung vor…
Neue Erkenntnisse für die Parkinson-Therapie
Cochrane Review: Bewegung hilft, die Schwere von Bewegungssymptomen bei Parkinson…
Technische Innovationen für eine maßgeschneiderte Parkinson-Diagnostik und Therapie
Biomarker und Gene: neue Chancen und Herausforderungen für die Parkinson-Diagnose…