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Ein einfacher Blutwert kann Leben retten

Marker weist Thrombosen nach Schädeloperationen nach

 

Halle-Wittenberg (6. August 2013) – Wenn sich Blutgerinnsel auflösen, entstehen im Körper Abbauprodukte, die so genannten D-Dimere. In der Medizin werden diese Abbauprodukte auch gemessen, um venöse Thrombosen ausfindig zu machen beziehungsweise diese auszuschließen. Nach Operationen wurde auf diese Bestimmung bisher verzichtet, da der D-Dimer-Wert – so die Annahme – immer nach Operationen ansteigt und damit nicht zuverlässig auf Thrombosen hindeuten kann. Forscher der halleschen Universitätsklinik und Poliklinik für Neurochirurgie (Direktor: Prof. Dr. Christian Strauss) vermuteten jedoch, dass es einen bestimmten postoperativen Schwellenwert gibt, der doch zuverlässig auf die lebensgefährlichen Thrombosen nach einer Schädeloperation hinweisen kann und sich vom „normalen“ D-Dimere-Anstieg nach Operationen unterscheidet. Die Ergebnisse ihrer Unterschuchung veröffentlichten die Forscher um Dr. Julian Prell heute in einem der weltweit führenden Neurochirurgie-Journale: „D-dimer plasma level: a reliable marker for venous thromboembolism after elective craniotomy“ in Journal of Neurosurgery, Charlottesville, Virginia (USA).

 

Nach einer so genannten Kraniotomie (Öffnung des knöchernen Schädels) erlebt fast die Hälfte der Patienten eine Venenthrombose (Bildung von Blutgerinnseln in den Venen, meist in den Beinen). Diese können, wenn sich die Blutgerinnsel in den Beinen gelöst haben, zu Lungenembolien führen – eine für den betroffenen Patienten oftmals tödliche Gefahr. Wenn sich Blutgerinnsel auflösen, entsteht das Abbauprodukt D-Dimer. Unter normalen Bedingungen zeigt mehr als 0,5 Milligramm D-Dimer in einem Liter Plasma (0,5 mg/l) die Anwesenheit von venösen Thromboembolien an. Nach einer Kraniotomie und anderen Operationen ist die Blutgerinnung aktiviert und der D-Dimer-Plasmaspiegel kann sich erhöhen. Dr. Prell, der Leiter des Neurophysiologischen Labors der Neurochirurgie, und seine Kollegen vermuteten, dass der D-Dimer-Wert bei Patienten mit einer Thrombose deutlich höher steigt als bei Patienten nach einer Operation ohne Thrombose.


Um ihre Hypothese zu verfolgen, führten die Forscher zwischen April 2010 und Februar 2012 eine Studie an Patienten, die eine geplante Schädel-Operation hatten, durch. In die Studie schlossen die Forscher 101 Patienten (59 weibliche und 42 männliche) im Alter zwischen 18 und 82 Jahren ein. Alle Patienten wurden mit Kompressionsstrümpfen vom Tag der Operation bis zum fünften postoperativen Tag ausgestattet. Alle erhielten täglich prophylaktisch Dosen von Heparin. Der Spiegel von D-Dimer wurde nach dem 3., 7. und 10. Tag nach der Operation gemessen.

Bei allen Patienten war der D-Dimer-Wert nach der Operation gegen über dem präoperativen Niveau gestiegen. Etwa 42 Prozent der Patienten hatten nach der Operation eine Venenthrombose. Die Forscher verglichen die D-Dimer-Werte vor und nach der Operation sowie zwischen den Patienten mit und ohne Thrombose nach der Operation. Vor der Operation hatten alle Patienten ähnliche Werte.
Bei den Patienten mit einer postoperativen Thrombose konnten die Neurochirurgen nachweisen, dass ein D-Dimer-Wert von 2 Miligramm pro Liter als Schwellenwert gelten kann (ohne Operation: 0,5 mg/l). Bei Patienten, die sogar eine Lungenembolie nach einer Operation erlitten, lag der Wert sogar noch deutlich darüber: bei durchschnittlich 7 mg/l.

„Wir konnten erstmals in einer Studie nachweisen, dass es einen postoperativen Schwellenwert von D-Dimer gibt, der auf eine Thrombose hinweist“, sagt Oberarzt Dr. Julian Prell. „Wir waren überrascht, dass sich unsere Ergebnisse sich so deutlich von der etablierten Lehrmeinung unterscheiden.“ Die Forscher gehen davon aus, dass ähnliche Ergebnisse auch bei anderen Operationen gefunden werden können. Wobei sie sich vorstellen können, dass sich der D-Dimer-Wert je nach Operationsart unterscheiden kann.

Nach Überzeugung der halleschen Wissenschaftler sollte die Bestimmung des D-Dimer-Wertes nach einer Operation nicht vernachlässigt werden. „Wir können damit neurochirurgische Operationen sicherer machen und rechzeitig erkennen, wenn für einen Patienten die Gefahr einer Thrombose oder Lungenembolie besteht.“ Auch seien die Erkenntnisse nach weiteren Forschungen auch in anderen operativen Fächern anwendbar.

Hinweis: Die Finanzierung für diese Studie wurde durch das Wilhelm Roux-Programm der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (Medizinische Fakultät) zur Verfügung gestellt.

 


 

Quelle: Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, 06.08.2013 (tB).

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