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ENS 2013
Einfache Testmethode für Wachkomapatienten
Barcelona, Spanien (9. Juni 2013) – Widerstand gegen das Öffnen der Augen ist bei Wachkoma-Patienten ein Indiz für graduelles Bewusstsein, berichteten Koma-Forscher beim Kongress der Europäischen Neurologengesellschaft in Barcelona. Der einfache Test könnte Hinweise geben, ob Menschen im vermeintlichen Wachkoma doch mehr Bewusstsein haben als gedacht und inadäquat behandelt werden. Pflegekräften und Angehörigen wird damit ein wichtiges und einfaches Instrument in die Hand gegeben.
Welches Ausmaß von Bewusstsein Patienten/-innen nach schweren Schädel-Hirn-Verletzungen haben, lässt sich selbst von Experten manchmal schwer beantworten. Nun hat ein Forschungsteam der Universität Lüttich (Belgien) eine neue Methode entdeckt, um graduelles Bewusstsein nachzuweisen. Der besondere Vorteil daran: Sie ist alltagstauglich – auch Pflegepersonen und Angehörige können sie anwenden. Prof. Steven Laureys, einer der weltweit führenden Koma-Forscher und Leiter der Coma Science Group, stellte den neuen Ansatz auf dem 23. Meeting der Europäischen Neurologengesellschaft (ENS) in Barcelona vor, wo 3.000 Experten aktuelle Entwicklungen des Fachbereichs diskutieren.
Widerstand bedeutet Bewusstsein
Bei vielen Menschen mit gestörtem Bewusstsein ist zu beobachten, dass sie Widerstand leisten, wenn jemand versucht, ihre Augen mithilfe der Finger zu öffnen. Im Rahmen einer Studie untersuchte Prof. Laureys‘ Team, ob der Widerstand bei Komapatienten ein Reflex wie etwa der Lidschluss bei Überreizung ist – oder ein Zeichen gewollter Abwehr und somit ein Indiz für Bewusstsein. Zu diesem Zweck wurden im Laufe von 28 Monaten bei 108 Patienten jeweils eine Woche lang die Widerstände beim Öffnen der Augen aufgezeichnet. Während bei fast allen Untersuchten Hornhautreflexe und ein Zusammenziehen der „Zornesfalte“ über den Augen registrierte wurden, ließen sich nur 22 Personen identifizieren, die Widerstand beim Augenöffnen (REO; resistance to eye opening) zeigten.
„Eine bedeutende Erkenntnis war, dass die meisten Patienten/-innen, die REO zeigten, in einem Wachkoma oder in einem minimalen Bewusstseinszustand sind. Nach wiederholten Untersuchungen stellte sich heraus, dass sie einen höheren Bewusstseinslevel hatten, als ursprünglich angenommen. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass es sich beim Widerstand gegen das Augenöffnen um einen reinen Reflexmechanismus handelt“, so Prof. Laureys. „Viel eher wirkt es wie ein Vorzeichen dafür, dass ein Befehl ausgeführt wird. Wenn bei mehr als der Hälfte der Untersuchungen Widerstände beim Augenöffnen vorkommen, sind die Chancen hoch, dass der/die Patient/in manche Aufforderungen befolgen kann.“
Wiederholte Untersuchungen nötig
Prof. Laureys plädiert für wiederholte Beurteilungen der einzelnen Patienten, da bei den meisten Betroffenen der Bewusstseinslevel häufig schwankt. „Es muss nicht sein, dass sie gerade dann ihren besten Moment haben, wenn sie untersucht werden. Testmethoden, die Pflegende ganz einfach im Alltag wiederholt verwenden könnten, würden die Beurteilung mancher komatösen Menschen unter Umständen verändern. Nicht wenige Koma-Patienten haben einen höheren Grad an Bewusstsein als ursprünglich angenommen. Ist ihr chronischer vegetativer Zustand aber einmal diagnostiziert, ist diese Einstufung schwer zu reversieren, denn sie sind in Langzeitpflege und werden unter Umständen selten oder gar nicht mehr von Neurologen untersucht.“
Was der Widerstand gegen das Augenöffnen in weiterer Folge bedeuten könnte, lässt sich laut Prof. Laureys aus heutiger Sicht noch nicht ausreichend beantworten. „Jedenfalls sollte bei Patienten, die diese Art der Abwehr zeigen, dringend hinterfragt werden, ob sie ausreichend therapiert werden, auch gegen Schmerzen, ob sie auch nicht zu früh medizinisch aufgegeben oder emotional vernachlässigt werden“, forderte der Wissenschaftler. Der Widerstand gegen das Augenöffnen würde für Angehörigen und Pflegekräfte ein einfaches Beobachtungskriterium darstellen.
Quelle: ENS Abstract O267: Resistance to eye opening in patients with disorders of consciousness: reflex or voluntary? (tB)