Expertentipps der DIVI

So lassen sich Krankenhausinfektionen vermeiden

 

Berlin (7. November 2013) – Etwa 15 Prozent aller Patienten, die auf einer Intensivstation behandelt werden müssen, bekommen eine Infektion – überwiegend verursacht durch ihre eigene natürliche Bakterienflora, teilweise aber auch mit Krankenhauskeimen. Damit gehören die so genannten nosokomialen Infektionen zu den häufigsten Komplikationen eines Intensivstationsaufenthalts. Die beste Gegenmaßnahme ist eine strenge Einhaltung der Hygiene. Aber auch Patienten können viel tun, um eine Infektion zu verhindern.

 

Mehr als 100 Billionen Bakterien besiedeln unseren Körper. Auf der Haut liegen sie wie ein schützender Film, um schädliche Keime abzuwehren, in der Mundhöhle bilden sie die so wichtige Mundflora, im Darm die genauso wichtige Darmflora. „Der Mensch braucht diese Keime um zu überleben“, erklärt Professor Sebastian Lemmen, Mitglied der Sektion Sepsis bei der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI). „Zu einer Gefahr können die eigenen Erreger aber dann werden, wenn sie die physiologischen Barrieren durchbrechen und in den Körper gelangen.“ Der Hautschnitt bei einer Operation, Venen- und Blasenkatheter, künstliche Beatmung und Drainagen – all das können Eintrittspforten sein. Hinzu kommt, dass viele Patienten auf Intensivstationen ein schwächeres Immunsystem haben und deshalb anfälliger für Infektionen sind.

Zu den häufigsten nosokomialen Infektionen gehören Harnwegsinfektionen, verursacht durch einen Blasenkatheter, gefolgt von Atemwegsinfektionen und Wundinfektionen nach einer Operation. „Sie alle können den Zustand eines Patienten erheblich verschlechtern und den Heilungsprozess verzögern“, sagt der Experte, der auch Ärztlicher Leiter des Zentralbereichs Krankenhaushygiene und Infektiologie am Uniklinikum Aachen ist. „Da jeder Mensch, sowohl Patienten als auch das medizinische Personal, Keime mit sich herumträgt, sind nicht alle Infektionen vermeidbar. Aber mit den richtigen Hygienemaßnahmen können wir die Zahl der nosokomialen Infektionen um etwa 30 Prozent senken.“

Die wichtigste Maßnahme, und das nicht nur auf der Intensivstation, ist die Desinfektion der Hände. Vor und nach jedem Patientenkontakt sind diese gründlich zu reinigen. Mehr als 800 Krankenhäuser und 600 Intensivstationen beteiligen sich mittlerweile am Krankenhaus-Infektions-Surveillance-System (KISS). Das System liefert wichtige Daten zur Epidemiologie und hat schon zu neuen Maßnahmen geführt. Dazu gehört die tägliche Ganzkörperwaschung mit antiseptischen Substanzen der Patienten, die auf einer Intensivstation liegen. „So konnten wir die Zahl der Infektionen schon deutlich senken“, sagt Professor Lemmen. „Leider ist diese Art des Desinfektion noch nicht Standard, doch sie wird immer häufiger angewandt.“

Bei offenen Wunden ist zwar jeder Keim gefährlich, große Sorgen bereiten aber die so genannten multiresistenten Erreger. Sie sind äußerst schwer zu behandeln, weil bei ihnen selbst die stärksten Antibiotika kaum noch Wirkung zeigen. Als besonders heimtückisch gilt der Keim Staphylococcus aureus. Was kaum jemand weiß: jeder Zehnte trägt diesen Keim in sich, ohne Beschwerden zu haben. Kommt es allerdings zu einer Infektion mit seiner resistent mutierten Form, die kurz MRSA genannt wird, kann nur noch mit sehr wenigen Antibiotika therapiert werden.

Deshalb sollten allen daran gelegen sein, die Gefahr einer Infektion möglichst gering zu halten. Jeder kann dazu beitragen. „Wer eine Operation vor sich hat und raucht oder gerne Alkohol trinkt, sollte diese Genussmittel möglichst meiden“, rät der Aachener Infektiologe. „Bei Rauchern und Menschen, die viel Alkohol trinken, können Keime leichter in den Körper eindringen und sich dort ausbreiten, weil ihr Immunsystem schlechter arbeitet. Das gilt auch für Übergewichtige. Jedes Pfund weniger reduziert das Infektionsrisiko.“


DIVI Kongress 2013

Krankenhaushygiene ist eins der Schwerpunktthemen des 13. Kongresses der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin, der vom 04.-06.12.2013 im Congress Center Leipzig stattfindet. Das Motto lautet in diesem Jahr „Innovation trifft Kompetenz“. Dazu Kongresspräsident Professor Gernot Marx: „Die Innovation in der Intensiv- und Notfallmedizin ist geprägt von einer sprudelnden Vielfalt und spannt den Bogen von der Telemedizin bis zur psychologischen Langzeitbetreuung von Patienten und Angehörigen. Wir freuen uns darauf, diese und andere Themen in Theorie und Praxis ausgiebig zu erörtern.“ Ein besonderer Höhepunkt ist der DIVI Charity Lauf, dessen Erlös an die Organisation „Kinderhilfe Organtransplantation – Sportler für Organspende e.V.“ geht. Schirmherr des Laufes ist Olympiasieger im Gehen Hartwig Gauder, der selbst seit 1997 ein Spenderherz hat.


DIVI weltweit einzigartig

Die 1977 gegründete DIVI ist ein weltweit einzigartiger Zusammenschluss von mehr als 2000 Anästhesisten, Neurologen, Chirurgen, Internisten, Kinder- und Jugendmedizinern sowie Fachkrankenpflegern und entsprechenden Fachgesellschaften: Ihre fächer- und berufsübergreifende Zusammenarbeit und ihr Wissensaustausch machen im Alltag den Erfolg der Intensiv- und Notfallmedizin aus. Insgesamt bündelt die DIVI damit das Engagement von mehr als 30 Fachgesellschaften und persönlichen Mitgliedern.


Die Experten der DIVI

  • Professor Gernot Marx, Gründungsmitglied der Sektion Systemische Inflammation und Sepsis bei der DIVI. Er arbeitet als Direktor der Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care am Universitätsklinikum der RWTH Aachen.
  • Professor Sebastian Lemmen, Mitglied der Sektion Sepsis bei der DIVI und Ärztlicher Leiter des Zentralbereichs Krankenhaushygiene und Infektiologie am Universitätsklinikum der RWTH Aachen.

 


 

Quelle: Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin e. V., 07.11.2013. (tB)

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