MEDIZIN
AWARDS
Forschergeist gefragt: 14. Novartis Oppenheim-Förderpreis für MS-Forschung ausgelobt
FernstudiumCheck Award: Deutschlands beliebteste Fernhochschule bleibt die SRH Fernhochschule
Vergabe der Wissenschaftspreise der Deutschen Hochdruckliga und der Deutschen Hypertoniestiftung
Den Patientenwillen auf der Intensivstation im Blick: Dr. Anna-Henrikje Seidlein…
Wissenschaft mit Auszeichnung: Herausragende Nachwuchsforscher auf der Jahrestagung der Deutschen…
VERANSTALTUNGEN
Wichtigster Kongress für Lungen- und Beatmungsmedizin ist erfolgreich gestartet
Virtuelle DGHO-Frühjahrstagungsreihe am 22.03. / 29.03. / 26.04.2023: Herausforderungen in…
Pneumologie-Kongress vom 29. März bis 1. April im Congress Center…
Die Hot Topics der Hirnforschung auf dem DGKN-Kongress für Klinische…
Deutscher Schmerz- und Palliativtag 2023 startet am 14.3.
DOC-CHECK LOGIN
Familiäre Hypercholesterinämie
Kardiovaskuläres Risiko 5fach erhöht DNA-Chip ermöglicht frühzeitige Diagnose und Therapie
Berlin (8. Juni 2011) – Die Familiäre Hypercholesterinämie (FH) wird häufig gar nicht oder zu spät erkannt. Darauf machten Fettstoffwechselspezialisten, Fachhumangenetiker sowie Patientenvertreter im Rahmen eines Pressegespräches der Trommsdorff GmbH & Co. KG Arzneimittel aufmerksam. Die Experten sprachen sich für die zuverlässige und effiziente Diagnose der genetischen Störung mittels DNA-Chip aus, um das bis zu 5fach erhöhte kardiovaskuläre Risiko der Patienten zu verringern. Für die zielgerichtete Behandlung steht mit dem Gallensäurenbinder Colesevelam (Cholestagel®) von Genzyme eine Therapieoption zur Verfügung, die auch bei Statinunverträglichkeit eingesetzt werden kann.
Die Familiäre Hypercholesterinämie ist die am weitesten verbreitete genetische Störung. Sie wird autosomal-dominant vererbt und betrifft etwa eine von 500 Personen. Ihr liegen neben Mutationen in den Genen APOB und PCSK9 vor allem Mutationen im LDL-Rezeptorgen (LDLR) zu Grunde. Diese führen zum funktionellen Ausfall der membranständigen LDL-Rezeptormoleküle. Das LDL kann nicht abgebaut werden bei gleichzeitig erhöhter Cholesterin-Produktion in den Zellen. Infolge des stark erhöhten LDL-Spiegels ist das kardiovaskuläre Risiko von FH-Patienten um das 4-5fache erhöht.
Die Gefäße der Betroffenen können seit früher Kindheit hohen Belastungen ausgesetzt sein. Da die Arteriosklerose jedoch jahrzehntelang „stumm“ fortschreiten kann, wird die Familiäre Hypercholesterinämie häufig gar nicht, zufällig oder sehr spät diagnostiziert.
Unentdeckt und unbehandelt – KHK schon im mittleren Alter
„Ohne medikamentöse Therapie manifestieren sich bei Männern mit Familiärer Hypercholesterinämie bereits in der vierten Lebensdekade Symptome der koronaren Herzerkrankung, bei Frauen etwa zehn Jahre später. Im Alter von 60 Jahren haben etwa 60 % der Männer einen Myokardinfakt erlitten“, berichtete Professor Dr. med. Elisabeth Steinhagen-Thiessen, von ihren Erfahrungen als langjährige Leiterin der Lipidambulanz der Charité.
Die Fettstoffwechselspezialistin rät bereits in der symptomfreien Phase zur aggressiven cholesterinsenkenden Therapie, um den leitliniengerechten LDL-C-Wert von unter 100mg/dl (2,5mmol/l) zu erreichen. „Die frühzeitige, adäquate Diagnose und Therapie der Familiären Hypercholesterinämie ist extrem wichtig, um Arteriosklerose-Entstehung und -Progredienz entgegenzuwirken“, so Steinhagen-Thiessen.
Die Diagnose der Familiären Hypercholesterinämie erfolgt bisher überwiegend anhand von klinischen Bewertungen und Laborparametern. Vor dem Hintergrund, dass die genetische Störung in sehr unterschiedlicher Ausprägung auftritt und die Cholesterinwerte von Kindern kaum erhoben werden, ist diese Art der Diagnose relativ unzuverlässig. Beim Verdacht auf Familiäre Hypercholesterinämie kann bei negativem Mutationsscreening mittels DNA Chip zusätzlich eine Komplettsequenzierung des LDL-Rezeptorgens erfolgen.
DNA-Array erfasst zuverlässig und effizient 222 Mutationen
Mit LIPOchip® steht seit einiger Zeit ein präziser, schneller und effizienter Gen-Test zur Verfügung, der die Forderungen internationaler Leitlinien erfüllt.
„Mit dieser Chip-Technologie steht uns ein wichtiges Diagnostik- und Screeningtool zur Verfügung, da wir die DNA des Patienten in nur einem Analyseschritt zügig und vergleichsweise kostengünstig auf 222 Hotspot-Mutationen testen können. Dazu gehören 215 Mutationen für das LDLR-Gen, drei für das APOB-Gen und vier für das PCSK9-Gen“, erläuterte Professor Dr. rer. nat. Joachim Arnemann, Köln, die Testung mit dem ersten CE-zertifizierten DNA-Chip zur FH-Diagnostik.
„In Anbetracht dessen, dass das LDLR-Gen mit 18 Exonen sehr groß und eine Komplettsequenzierung entsprechend zeitaufwändig und teuer ist, senkt der Einsatz von LIPOchip® die individuellen Kosten pro Patient und kann so mehr Risikopatienten einer gezielten Diagnostik zuführen“, so der Fachhumangenetiker.
Cholestagel® – gut verträgliche LDL-Senkung, z.B. bei Statinunverträglichkeit
Eine Therapieoption stellt der Gallensäurenbinder Colesevelam (Cholestagel®) dar. Er bewirkt die selektive Bindung und Ausscheidung von Gallensäuren, so dass diese immer wieder nachsynthetisiert werden müssen. Das dafür notwendige Cholesterin wird größtenteils dem Plasma entnommen, der Cholesterinspiegel sinkt.
“Colesevelam weist im Vergleich zu anderen Gallensäurebindern eine vielfach höhere Bindungsfähigkeit auf, so dass die Wirkstoffmenge stark reduziert werden kann. Damit steht erstmals ein gut verträglicher gallensäurenbindender Ionenaustauscher als Tablette zur Verfügung“, so Fettstoffwechselexperte Professor Dr. med. Eberhard Windler, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. „Da Colesevelam ausschließlich im Darm wirkt, ist es sicher anwendbar und damit insbesondere bei der Familiären Hypercholesterinämie eine wichtige Therapieoption.“
Gleichzeitig ist Cholestagel® eine wirksame Therapiealternative bei Statinunverträglichkeit, entweder als Monotherapie oder im synergetischen Zusammenspiel mit Ezetimib®. Auch kann bei Statinnebenwirkungen die Statindosis verringert werden und dann mit Colesevelam kombiniert werden. Windler wies darauf hin, dass mit einem Statin allein nur selten LDL-Cholesterinwerte unter 100mg/dl erzielt werden.
„Die Sicherheit und der einzigartige Wirkmechanismus, der die anderen Wirkmechanismen physiologisch sinnvoll ergänzt, machen Colesevelam zu einem idealen Partner in der Kombinationstherapie“, so Windlers Fazit.
Neue Patientenorganisation – Aufklärung statt Zufallsdiagnose
Die Notwendigkeit einer frühen, präzisen Diagnostik und einer konsequenten, sicheren Therapie wurde mit dem Erfahrungsbericht von Michaela Wolf greifbar. Die erste Vorsitzende der Patientenorganisation für Patienten mit Familiärer Hypercholesterinämie oder anderen schweren genetischen Fettstoffwechselstörungen (CholCo e.V.), fand nach dem zufälligen Befund stark erhöhter Cholesterinwerte bei ihrer damals 8jährigen Tochter selbst im Universitätsklinikum ihrer Region keinen Arzt, der sich mit Diagnose und Therapie der Familiären Hypercholesterinämie auskannte. Die Tochter wurde schließlich – mit Unterstützung 300 km entfernt tätiger Experten – als homozygote Genträgerin diagnostiziert und therapeutisch eingestellt. Die Eltern und die ältere Schwester erwiesen sich als heterozygot, bei stark unterschiedlicher Ausprägung – von völlig unauffälligen Werten bis hin zum stark erhöhten LDL-Cholsterinspiegel.
Michaela Wolfs Erfahrungen führten im Februar 2011 zur Gründung von CholCo e.V. Hauptziele des gemeinnützigen Vereins sind die Aufklärung über die Familiäre Hypercholesterinämie, der Erfahrungsaustausch sowie die Förderung einer wirkungsvollen Prävention durch frühzeitige Diagnostik und der optimalen medizinischen Versorgung von Betroffenen jeden Alters.
Literatur
-
Graham I et al. European guidelines on cardiovascular disease prevention in clinical practice: Eur J Cardiovasc 2007;14: Suppl 2 e1-e40.
Quelle: Pressegespräch der Trommsdorff GmbH & Co. KG Arzneimittel, „Familiäre Hypercholesterinämie: Weg von der Zufallsentdeckung – hin zur gezielten Diagnostik und Therapie“, Berlin, 8 Juni 2011 (signum pr) (tB).