PFLEGE
AWARDS
Forschergeist gefragt: 14. Novartis Oppenheim-Förderpreis für MS-Forschung ausgelobt
FernstudiumCheck Award: Deutschlands beliebteste Fernhochschule bleibt die SRH Fernhochschule
Vergabe der Wissenschaftspreise der Deutschen Hochdruckliga und der Deutschen Hypertoniestiftung
Den Patientenwillen auf der Intensivstation im Blick: Dr. Anna-Henrikje Seidlein…
Wissenschaft mit Auszeichnung: Herausragende Nachwuchsforscher auf der Jahrestagung der Deutschen…
VERANSTALTUNGEN
Wichtigster Kongress für Lungen- und Beatmungsmedizin ist erfolgreich gestartet
Virtuelle DGHO-Frühjahrstagungsreihe am 22.03. / 29.03. / 26.04.2023: Herausforderungen in…
Pneumologie-Kongress vom 29. März bis 1. April im Congress Center…
Die Hot Topics der Hirnforschung auf dem DGKN-Kongress für Klinische…
Deutscher Schmerz- und Palliativtag 2023 startet am 14.3.
DOC-CHECK LOGIN
Fettleibigkeit und Diabetes
Du bist, was deine Eltern gegessen haben!
Neuherberg (14. März 2016) – Wissenschaftler am Helmholtz Zentrum München haben in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität München und dem Deutschen Zentrum für Diabetesforschung (DZD) nachgewiesen, dass durch Ernährung verursachte Fettleibigkeit und Diabetes sowohl über Eizellen als auch über Spermien epigenetisch* an die Nachkommen vererbt werden können. Die Ergebnisse wurden kürzlich in der Zeitschrift ‚Nature Genetics‘ veröffentlicht. Ein Video-Interview mit den Autoren finden sie hier.
Für Ihre Studien verwendete das Team vom Institut für Experimentelle Genetik (IEG) Mäuse, die aufgrund einer fettreichen Nahrung fettleibig geworden waren und einen Typ-2-Diabetes entwickelt hatten. Ihre Nachkommen wurden ausschließlich über in vitro-Fertilisation (künstliche Befruchtung) von isolierten Eizellen und Spermien gewonnen, sodass Veränderungen bei den Nachkommen nur über diese Zellen weitergegeben wurden. Ausgetragen wurden die Nachkommen von gesunden Leihmüttern. Dadurch konnten die Wissenschaftler zusätzliche Faktoren wie beispielsweise Verhaltensweisen der Eltern und Einflüsse der Mutter während der Schwangerschaft und des Säugens ausschließen.
„Es zeigte sich, dass sowohl Eizellen als auch Spermien epigenetische Information weitergeben, die insbesondere bei den weiblichen Nachkommen zu einer starken Fettleibigkeit führten“, erläutert Prof. Johannes Beckers, Leiter der Studie. Bei den männlichen Nachkommen hingegen war der Blutzuckerspiegel stärker betroffen als bei den weiblichen Geschwistern. Die Daten zeigen außerdem, dass – wie beim Menschen auch – der mütterliche Beitrag zur Veränderung des Stoffwechsels bei den Nachkommen größer ist, als der des Vaters.
Mögliche Erklärung für rasante Ausbreitung von Diabetes weltweit
„Diese Art der epigenetischen Vererbung einer durch Fehlernährung erworbenen Stoffwechselstörung könnte eine weitere wichtige Ursache für den weltweiten dramatischen Anstieg der Diabetes Prävalenz seit der 1960er Jahre sein“, betont Prof. Martin Hrabě de Angelis, Direktor des IEG und Initiator der Studie. Der weltweit beobachtete Anstieg an Diabetikern lässt sich durch die Veränderung der Gene selbst (DNA) nämlich kaum erklären – dazu schreitet der Anstieg zu schnell voran. Da epigenetische Vererbung im Gegensatz zur genetischen Vererbung prinzipiell reversibel ist, ergeben sich aus diesen Beobachtungen neue Möglichkeiten, die Entstehung von Adipositas und Diabetes zu beeinflussen, so die Wissenschaftler.
Sowohl Jean-Baptiste Lamarck als auch Charles Darwin schlossen in ihren Theorien zur Vererbung und Evolution explizit die Möglichkeit ein, dass Eigenschaften und Merkmale, die Eltern während ihres Lebens durch Interaktion mit ihrer Umwelt erwerben, an ihre Nachkommen weitergegeben werden könnten. Erst in der Neo-Darwinistischen „Synthetischen Theorie der Evolution“, welche die Theorien der Selektion von Darwin und der Genetik von Gregor Mendel verbindet, wurde die Vererbung erworbener Eigenschaften abgelehnt. „Aus Sicht der Grundlagenforschung liegt die Bedeutung der Arbeit daher insbesondere darin, dass hier zum ersten Mal nachgewiesen wurde, dass eine erworbene Stoffwechselstörung über Oozyten und Spermien an die Nachkommen epigenetisch vererbt werden kann – ähnlich den Vorstellungen von Lamarck und Darwin“, kommentiert Prof. Johannes Beckers.
Anmerkung
* Epigenetik: Im Gegensatz zur Genetik bezeichnet der Begriff Epigenetik die Vererbung von Eigenschaften, die nicht in der primären Sequenz der DNA (den Genen) fixiert sind. Als Träger dieser epigenetischen Information gelten bislang insbesondere RNA-Transkripte und chemische Modifikationen des Chromatins (beispielsweise an der DNA oder den Histonen).
Original-Publikation
-
Huypens, P. et al. (2016). Epigenetic germline inheritance of diet induced obesity and insulin resistance, Nature Genetics, DOI: 10.1038/ng.3527
Link zur Publikation: http://dx.10.1038/ng.3527.org
—
Das Helmholtz Zentrum München verfolgt als Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt das Ziel, personalisierte Medizin für die Diagnose, Therapie und Prävention weit verbreiteter Volkskrankheiten wie Diabetes mellitus und Lungenerkrankungen zu entwickeln. Dafür untersucht es das Zusammenwirken von Genetik, Umweltfaktoren und Lebensstil. Der Hauptsitz des Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens. Das Helmholtz Zentrum München beschäftigt rund 2.300 Mitarbeiter und ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, der 18 naturwissenschaftlich-technische und medizinisch-biologische Forschungszentren mit rund 37.000 Beschäftigten angehören.
Die Technische Universität München (TUM) ist mit mehr als 500 Professorinnen und Professoren, rund 10.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und 39.000 Studierenden eine der forschungsstärksten Technischen Universitäten Europas. Ihre Schwerpunkte sind die Ingenieurwissenschaften, Naturwissenschaften, Lebenswissenschaften und Medizin, ergänzt um Wirtschafts- und Bildungswissenschaften. Die TUM handelt als unternehmerische Universität, die Talente fördert und Mehrwert für die Gesellschaft schafft. Dabei profitiert sie von starken Partnern in Wissenschaft und Wirtschaft. Weltweit ist sie mit einem Campus in Singapur sowie Verbindungsbüros in Brüssel, Kairo, Mumbai, Peking, San Francisco und São Paulo vertreten. An der TUM haben Nobelpreisträger und Erfinder wie Rudolf Diesel, Carl von Linde und Rudolf Mößbauer geforscht. 2006 und 2012 wurde sie als Exzellenzuniversität ausgezeichnet. In internationalen Rankings gehört sie regelmäßig zu den besten Universitäten Deutschlands.
Ziel der Forschung des Instituts für Experimentelle Genetik (IEG) ist, Ursachen und Entstehung menschlicher Erkrankungen zu verstehen. Durch seine leitende Funktion in interdisziplinären und internationalen Konsortien hat das IEG eine weltweit führende Position in der systemischen Untersuchung von Mausmodellen für Krankheiten des Menschen und der Aufklärung von beteiligten Genen. Schwerpunkt bilden dabei Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes. Das IEG ist Gründer der Deutschen Mausklinik (GMC) und leitet das Europäische Maus Mutanten Archiv (EMMA). Zudem koordiniert das IEG die europäische Forschungsinfrastruktur Infrafrontier (ESFRI). Das IEG ist Teil des Helmholtz Diabetes Center (HDC). Dem IEG gehört die Abteilung Genomanalysezentrum (GAC) an, die die Entwicklung komplexer Krankheiten und den Umwelteinfluss bei ihrer Entstehung untersucht.
Das Deutsche Zentrum für Diabetesforschung e.V. (DZD) ist eines der sechs Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung. Es bündelt Experten auf dem Gebiet der Diabetesforschung und verzahnt Grundlagenforschung, Epidemiologie und klinische Anwendung. Ziel des DZD ist es, über einen neuartigen, integrativen Forschungsansatz einen wesentlichen Beitrag zur erfolgreichen, maßgeschneiderten Prävention, Diagnose und Therapie des Diabetes mellitus zu leisten. Mitglieder des Verbunds sind das Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt, das Deutsche Diabetes-Zentrum DDZ in Düsseldorf, das Deutsche Institut für Ernährungsforschung DIfE in Potsdam-Rehbrücke, das Institut für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen des Helmholtz Zentrum München an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen und das Paul-Langerhans-Institut Dresden des Helmholtz Zentrum München am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus der TU Dresden, assoziierte Partner an den Universitäten in Heidelberg, Köln, Leipzig, Lübeck und München sowie weitere Projektpartner.
Quelle: Helmholtz Zentrum München, Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt (GmbH), 08.03.2016 (tB).