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Gehirn: Ursache einer Krankheit geklärt
Würzburg (30. Januar 2009) – Eine Entzündung im Gehirn, epileptische Anfälle, schlimme Spätfolgen: Die Rasmussen-Enzephalitis ist eine schwere Erkrankung und trifft vor allem Kinder. Über ihre Entstehung gab es bisher nur Vermutungen. Für mehr Klarheit sorgen jetzt Forscher aus Würzburg, Bonn und Martinsried. Ihr Bericht wurde am 29. Januar online im Fachblatt Brain veröffentlicht. Glücklicherweise ist die Rasmussen-Enzephalitis relativ selten. In Deutschland werden pro Jahr weniger als 50 Fälle diagnostiziert; die Patienten sind in der Regel jünger als zehn Jahre.
Symptome und Behandlung
Typisch für diese chronisch entzündliche Erkrankung: Sie befällt nur eine Hirnhälfte und zerstört sie in einem Prozess, der Monate bis Jahre dauern kann. Die Krankheit endet in der Regel mit schweren Defektzuständen oder tödlich.
Die Betroffenen leiden zunächst hauptsächlich an epileptischen Anfällen, die sich mit Medikamenten kaum behandeln lassen. Im weiteren Verlauf kommen Spätfolgen wie Sprachstörungen oder Lähmungen der Arme und Beine dazu.
"Ein chirurgischer Eingriff ist leider oft die letzte Therapiemöglichkeit", erklärt Professor Heinz Wiendl von der Universität Würzburg. Den Kindern werden dann große Teile der erkrankten Gehirnhälfte entfernt, damit die Schäden nicht weiter ausufern. Damit bekommt man die epileptischen Anfälle in den Griff, die neurologischen Defizite aber bleiben.
Schäden im Gehirn von Immunzellen verursacht
"Für die Schäden, die bei dieser Krankheit im Gehirn entstehen, sind Immunzellen verantwortlich, die so genannten zytotoxischen CD8-positiven T-Zellen", sagt Heinz Wiendl. Das hat seine Arbeitsgruppe zusammen mit dem Zentrum für Epilepsie der Universitätsklinik Bonn und dem Max-Planck-Institut für Neuroimmunologie in Martinsried herausgefunden. Die Ergebnisse sind aktuell in der Fachzeitschrift Brain veröffentlicht.
Wiendls Team hat die Immunzellen aus dem Blut und dem Gehirn von Rasmussen-Patienten analysiert. Ergebnis: Die zytotoxischen T-Zellen im Gehirn der Patienten sind auf wenige Zielmoleküle spezialisiert, während die T-Zellen von gesunden Menschen auf Billiarden verschiedene Zielmoleküle anspringen.
"Das ist ein eindeutiger immunologischer Hinweis darauf, dass die T-Zellen der Patienten nicht unspezifisch durch eine Entzündung ins Nervensystem gelockt werden. Vielmehr suchen sie im Gehirn der Patienten gezielt die Moleküle, auf die sie spezialisiert sind, und zerstören sie dann", so Professor Wiendl.
Wo sich die Immunzellen im Gehirn ansiedeln
Die Forscher haben noch mehr herausgefunden: Die gefährlichen T-Zellen befinden sich im Gehirn sehr häufig direkt bei Nervenzellen und Sternzellen (Astrozyten), die für die Funktion des Zentralen Nervensystems wichtig sind.
Oft schmiegen sich die krank machenden T-Zellen eng an diese beiden Zelltypen an. Viele von ihnen speichern außerdem das Protein Granzym B – was für eine hohe zellschädigende Aktivität spricht.
Wie die Forscher weiter vorgehen
Fazit der Wissenschaftler: Die Rasmussen-Enzephalitis entsteht durch einen gezielten Angriff des Immunsystems auf bislang unbekannte Strukturen im Gehirn. "Diese Strukturen befinden sich sehr wahrscheinlich auf den Nervenzellen und den Astrozyten", sagt Heinz Wiendl.
Möglicherweise gehören die Strukturen zum eigenen Körper, möglicherweise sind sie Bestandteile bislang unbekannter Viren. Wie sie genau aussehen, soll im nächsten Forschungsschritt geklärt werden. Mit ersten Ergebnissen rechnen die Forscher in zwei bis drei Jahren.
"CD8+ T-cell clones dominate brain infiltrates in Rasmussen encephalitis and persist in the periphery", Nicholas Schwab; Christian G. Bien; Anne Waschbisch; Albert Becker; Giles H. Vince; Klaus Dornmair; Heinz Wiendl; Brain 2009; doi: 10.1093/brain/awp003. Online publiziert am 29. Januar 2009
Abb.: Aus dem Gehirngewebe eines Patienten mit Rasmussen-Enzephalitis: Zu sehen sind zytotoxische T-Zellen, die das zellschädigende Protein Granzym B gespeichert haben (in rot angefärbten Kügelchen, bei den Pfeilen). Bild aus der Publikation Schwab et al., Brain 2009
Weitere Informationen
Prof. Dr. Heinz Wiendl, T (0931) 201-23755 oder 201-23756 (Sekretariat),
eMail heinz.wiendl@klinik.uni-wuerzburg.de
Heinz Wiendl leitet in der Neurologischen Klinik der Universität Würzburg die Klinische Forschungsgruppe für Multiple Sklerose und Neuroimmunologie.
Quelle: Pressemitteilung der Julius-Maximilians-Universität Würzburg vom 30.01.2009.