Gesunde Lebensweise senkt das Risiko für chronische Erkrankungen um 78 Prozent

 

Eine gesunde Ernährung mit vergleichsweise viel Obst, Gemüse und Vollkornbrot kann dazu beitragen, das Risiko für Erkrankungen zu senken. Photo DIfEPotsdam-Rehbrücke (10. August 2009) – Wer niemals geraucht hat, nicht massiv übergewichtig ist, pro Woche mehr als dreieinhalb Stunden körperlich aktiv ist und sich gesund ernährt, hat im Vergleich zu einer Person, die sich gegenteilig verhält, ein um 78 Prozent vermindertes Risiko, chronisch zu erkranken. Detailliert betrachtet, sinkt bei einer solchen gesunden Lebensweise das Diabetesrisiko sogar um 93 Prozent und das Herzinfarktrisiko um 81 Prozent. Das Schlaganfallrisiko vermindert sich dabei immerhin noch um die Hälfte und das Krebsrisiko um 36 Prozent. Dies ist das Ergebnis einer großen Potsdamer Langzeitstudie, die Heiner Boeing vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE) leitet.

 

Neben Heiner Boeing hat auch der DIfE-Gastwissenschaftler Earl S. Ford vom National Center for Chronic Disease Prevention and Health Promotion in Atlanta, USA, maßgeblich zur vorliegenden Untersuchung beigetragen. Die Forschergruppe veröffentlichte ihr Ergebnis in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Archives of Internal Medicine (Ford et al., 2009; 169:1-8).

Seit langem ist bekannt, dass der Lebensstil das Risiko für chronische Erkrankungen beeinflusst. Ziel der vorliegenden Studie war nun, die Einzel- sowie kombinierten Effekte der vier wohl einflussreichsten Lebensstilfaktoren zu untersuchen – nämlich den Raucherstatus, das Körpergewicht in Relation zur Körpergröße, den Aktivitätsstatus und die Ernährungsweise. Für ihre Berechnungen stuften die Wissenschaftler die folgenden Merkmale als risikosenkend ein: das Merkmal "niemals geraucht zu haben", ein Körpergewicht mit einem Body Mass Index (BMI)* unter 30 zu besitzen, mindestens dreieinhalb Stunden pro Woche körperlich aktiv zu sein und das Merkmal "sich gesund zu ernähren" – das heißt, mit vergleichsweise viel Obst, Gemüse und Vollkornbrot, aber wenig Fleisch.

Grundlage der Studienergebnisse waren Daten von 23.153 weiblichen und männlichen Studienteilnehmern der Potsdamer European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition (EPIC). Im Schnitt waren die Frauen und Männer bei Studieneintritt 49,3 Jahre alt. Die durchschnittliche Nachbeobachtungszeit betrug etwa acht Jahre.

Neun Prozent der Studienteilnehmer erfüllten alle vier Kriterien einer gesunden Lebensweise. Nur vier Prozent der Probanden wiesen keine dieser positiven Merkmale auf. Den meisten Teilnehmern konnten die Wissenschaftler ein bis drei der Kriterienpunkte zuordnen. Generell galt: Je mehr der vier Merkmale die Teilnehmer aufwiesen, desto geringer war ihr Erkrankungsrisiko.

"Daneben untersuchten wir auch, welche Kombination der gesundheitsförderlichen Lebensstilmerkmale besonders günstig ist", sagt Heiner Boeing. "Wer einen BMI unter 30 aufweist, vermindert allein hierdurch sein Risiko chronisch zu erkranken um mehr als die Hälfte. Dies trifft besonders auf das Typ-2-Diabetesrisiko zu. Ist man dann auch noch sein Leben lang Nichtraucher, so vermindert sich das Risiko für chronische Erkrankungen sogar um 70 Prozent. Aber auch Raucher und Exraucher können ihr Risiko durch eine gesunde Ernährung, ausreichend Bewegung und ein normales Körpergewicht um bis zu 70 Prozent senken".

"Wie die Untersuchung zeigt, haben die Teilnehmer der Potsdamer EPIC**-Studie deutlich von einer gesunden Lebensweise profitiert. Dies belegt, wie wichtig es ist, eine gesunde Lebensweise im Rahmen einer effektiven Prävention chronischer Erkrankungen weiter in die Bevölkerung zu tragen und mit gesundheitspolitischen Maßnahmen zu unterstützen", so Boeing.

Hintergrund

Der *Body Mass Index, der auch kurz mit BMI bezeichnet wird, ist ein Richtwert, mit dem man das Körpergewicht beurteilen kann. Er berechnet sich, indem man das Körpergewicht in Kilogramm durch das Quadrat der Körperhöhe teilt, die in Metern gemessen wird (Einheit: kg/m2).

Die **EPIC-Studie ist eine prospektive, 1992 begonnene Studie, die Zusammenhänge zwischen Ernährung, Krebs und anderen chronischen Erkrankungen wie Typ-2-Diabetes untersucht. An der EPIC-Studie sind 23 administrative Zentren in zehn europäischen Ländern mit 519.000 Studienteilnehmern beteiligt. Die Potsdamer EPIC-Studie mit mehr als 27.500 Studienteilnehmern/innen im Erwachsenenalter leitet Heiner Boeing vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE).
Bei der Auswertung einer prospektiven Studie ist es wichtig, dass die Teilnehmer/innen zu Beginn der Studie noch nicht an der zu untersuchenden Krankheit leiden. Die Risikofaktoren für eine bestimmte Erkrankung lassen sich so vor ihrem Entstehen erfassen, wodurch eine Verfälschung der Daten durch die Erkrankung weitestgehend verhindert werden kann – ein entscheidender Vorteil gegenüber retrospektiven Studien.

Das Deutsche Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Es erforscht die Ursachen ernährungsbedingter Erkrankungen, um neue Strategien für Prävention, Therapie und Ernährungsempfehlungen zu entwickeln. Forschungsschwerpunkte sind dabei Adipositas (Fettsucht), Diabetes und Krebs.

Zur Leibniz-Gemeinschaft gehören zurzeit 86 Forschungsinstitute und Serviceeinrichtungen für die Forschung sowie drei assoziierte Mitglieder. Die Ausrichtung der Leibniz-Institute reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Sozial- und Raumwissenschaften bis hin zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute arbeiten strategisch und themenorientiert an Fragestellungen von gesamtgesellschaftlicher Bedeutung. Bund und Länder fördern die Institute der Leibniz-Gemeinschaft daher gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen etwa 14.200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon sind ca. 6.500 Wissenschaftler, davon wiederum 2.500 Nachwuchswissenschaftler. Näheres unter www.leibniz-gemeinschaft.de

 

Abb. oben: Eine gesunde Ernährung mit vergleichsweise viel Obst, Gemüse und Vollkornbrot kann dazu beitragen, das Risiko für Erkrankungen zu senken. Photo DIfE

 


Quelle: Pressemitteilung des  Deutschen Instituts für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) vom 10.08.2009 (tB).

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