MEDIZIN

DOC-CHECK LOGIN

Gut für ältere Patienten

In Zukunft Teamwork von Unfallchirurgen und Altersmedizinern verpflichtend

 

  • G-BA-Richtlinie zur Versorgung der hüftgelenknahen Femurfraktur

 

Berlin (10. März 2020) — Ältere Patienten mit einer hüftgelenknahen Femurfraktur, auch Oberschenkelhalsbruch genannt, sollen in Zukunft nur noch gemeinsam von Orthopäden und Unfallchirurgen und Altersmedizinern versorgt werden. Das besagt eine neue Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). Die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) und die Deutsche Gesellschaft für Geriatrie (DGG) begrüßen diesen Beschluss dem Grunde nach.

Denn die betagten Patienten benötigen nach einem Sturz nicht nur eine fachgerechte unfallchirurgische Behandlung, sondern auch ihre Multimorbidität und altersbedingte Gebrechlichkeit muss mitversorgt werden. „Nur wenn wir Hand in Hand arbeiten, können wir die bisher dramatische Sterblichkeit nach Oberschenkelhalsbruch bei betagten Patienten stärker senken“, sind sich DGU-Präsident Prof. Dr. Michael J. Raschke und DGG-Präsident Prof. Dr. Hans Jürgen Heppner einig. Allerdings haben noch nicht alle Kliniken die nötigen Voraussetzungen und es mangelt lokal derzeit noch an Altersmedizinern für eine flächendeckende Versorgung für die Umsetzung der Richtlinie. Wie Fachärzte die erforderliche Qualifikation erhalten können und welche Vorkehrungen für die Kliniken erforderlich sind, darüber informieren Experten von DGU und DGG auf dem Alterstraumatologie-Kongress. Er findet vom 19.-20. März 2020 in München statt.

Den Beschluss über eine Richtlinie zur Versorgung der hüftgelenknahen Femurfraktur traf der G-BA Ende Dezember 2019. Damit soll die Versorgung älterer Menschen mit Knochenbrüchen nachhaltig verbessert werden. Denn insbesondere bei älteren Patienten liegt die 30-Tage-Sterblichkeit nach einer Hüftfraktur bei über 10 Prozent. Eine aktuelle und kürzlich im Deutschen Ärzteblatt veröffentlichte Studie (Rapp et al. Dtsch Arztebl Int 2020; 117: 53-9) zeigt jedoch, dass sich bei der Zusammenarbeit von Unfallchirurgen und Altersmedizinern in einem multiprofessionellen Team die Sterblichkeit älterer Patienten nach einem Oberschenkelhalsbruch um mehr als 20 Prozent senken lässt. „Der aktuelle Beschluss zeigt, dass DGU und DGG mit dem Weißbuch Alterstraumatologie und den Alterstraumazentren bereits den wichtigen Weg eingeschlagen haben“, sagt Professor Dr. Ulrich Liener, Leiter der DGU-Arbeitsgemeinschaft Alterstraumatologie und Leiter der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie Marienhospital Stuttgart. Kern der Weißbuch-Empfehlungen ist die Zusammenarbeit von Unfallchirurgen und Altersmedizinern in einem multiprofessionellen Team. Bereits 2014 haben die DGU und die DGG mit ihren Zertifizierungsinitiativen AltersTraumaZentrum DGU® (ATZ-DGU) und Alterstraumatologisches Zentrum DGG (atz-DGG) begonnen, die im Weißbuch Alterstraumatologie enthaltenen Empfehlungen umzusetzen. „Damit erfüllen bereits jetzt schon über 100 Kliniken freiwillig die zukünftig verpflichtende Richtlinie“, betont Liener.

Die Anforderungen des G-BA Beschlusses sind hoch, sie betreffen alle behandelnden Krankenhäuser. „Aktuell fehlen für die Umsetzung in ganz Deutschland mehr als 400 Geriater, sodass die Auflagen nicht sofort und überall erfüllt werden können. Bei großen Kliniken wird dies in einem ATZ erfolgen, bei kleineren Krankenhäusern meist durch die Zusammenarbeit der Unfallchirurgie mit der Allgemeinen Inneren Medizin mit dem Schwerpunkt Altersmedizin“, sagt Professor Dr. Clemens Becker, Chefarzt der Abteilung für Geriatrie, Alterstraumatologisches Zentrum und Klinik für Geriatrische Rehabilitation des Robert-Bosch-Krankenhauses Stuttgart. Eine fünfjährige Übergangsfrist biete jedoch allen Krankenhäusern ausreichend Zeit, die nötigen Veränderungen selbst zu veranlassen, um eine flächendeckende Versorgung sicher zu stellen.

Für die in dem G-BA Beschluss geforderte Behandlung entlang standardisierter Behandlungspfade (SOPs) können die DGU und DGG auf umfassende Erfahrungen aus ihren interdisziplinären Alterstraumazentren zurückgreifen. „Wir stehen mit unseren Erfahrungen allen mit der Behandlung von Hüftfrakturen befassten Kliniken beratend zur Seite“, sagt Becker. Dazu habe die DGU gemeinsam mit der DGG eine Task-Force mit Experten gebildet, die den Prozess und die Dialoge kontinuierlich begleiten wird.


Hintergrund

Jeder Dritte über 65 Jahre stürzt mindestens ein Mal pro Jahr, bei den über 80-Jährigen sogar fast jeder Zweite. Laut Robert Koch-Institut passieren mehr als die Hälfte der Sturzunfälle bei Personen ab 60 Jahre zu Hause oder in der unmittelbaren Umgebung, auf dem Weg zum Briefkasten oder im Garten. In Deutschland werden derzeit mehr als 450.000 alterstraumatologische Frakturen pro Jahr stationär behandelt. Jährlich müssen in Deutschland über 150.000 Hüftfrakturen versorgt werden.


Weitere Informationen

  1. Richtlinie zur Versorgung der hüftgelenknahen Femurfraktur: Erstfassung
    Der Beschluss soll nach Nichtbeanstandung durch das Bundesministerium für Gesundheit und Veröffentlichung im Bundesanzeiger zum 1. Juli 2020 in Kraft treten.
    https://www.g-ba.de/beschluesse/4069/
  2. Studie: Assoziation von orthogeriatrischem Co-Management und Sterblichkeit nach Hüftfraktur
    Rapp, Kilian; Becker, Clemens; Todd, Chris; Rothenbacher, Dietrich; Schulz, Claudia; König, Hans-Helmut; Liener, Ulrich; Hartwig, Erich; Büchele, Gisela, Dtsch Arztebl Int 2020; 117: 53-9; DOI: 10.3238/arztebl.2020.0053
    https://www.aerzteblatt.de/treffer?mode=s&wo=&typ=16&aid=212049&…
  3. Weißbuch Alterstraumatologie
    https://www.dgu-online.de/fileadmin/published_content/5.Qualitaet_und_Sicherheit…

 

Weitere Informationen

 


Quelle: Gemeinsame Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) und der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG), 10.03.2020 (tB).

Schlagwörter: ,

MEDICAL NEWS

IU School of Medicine researchers develop blood test for anxiety
COVID-19 pandemic increased rates and severity of depression, whether people…
COVID-19: Bacterial co-infection is a major risk factor for death,…
Regenstrief-led study shows enhanced spiritual care improves well-being of ICU…
Hidden bacteria presents a substantial risk of antimicrobial resistance in…

SCHMERZ PAINCARE

Hydromorphon Aristo® long ist das führende Präferenzpräparat bei Tumorschmerz
Sorgen und Versorgen – Schmerzmedizin konkret: „Sorge als identitätsstiftendes Element…
Problem Schmerzmittelkonsum
Post-Covid und Muskelschmerz
Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln

DIABETES

Wie das Dexom G7 abstrakte Zahlen mit Farben greifbar macht…
Diabetes mellitus: eine der großen Volkskrankheiten im Blickpunkt der Schmerzmedizin
Suliqua®: Einfacher hin zu einer guten glykämischen Kontrolle
Menschen mit Diabetes während der Corona-Pandemie unterversorgt? Studie zeigt auffällige…
Suliqua® zur Therapieoptimierung bei unzureichender BOT

ERNÄHRUNG

Positiver Effekt der grünen Mittelmeerdiät auf die Aorta
Natriumaufnahme und Herz-Kreislaufrisiko
Tierwohl-Fleisch aus Deutschland nur mäßig attraktiv in anderen Ländern
Diät: Gehirn verstärkt Signal an Hungersynapsen
Süßigkeiten verändern unser Gehirn

ONKOLOGIE

Strahlentherapie ist oft ebenso effizient wie die OP: Neues vom…
Zanubrutinib bei chronischer lymphatischer Leukämie: Zusatznutzen für bestimmte Betroffene
Eileiter-Entfernung als Vorbeugung gegen Eierstockkrebs akzeptiert
Antibiotika als Störfaktor bei CAR-T-Zell-Therapie
Bauchspeicheldrüsenkrebs: Spezielle Diät kann Erfolg der Chemotherapie beeinflussen

MULTIPLE SKLEROSE

Multiple Sklerose: Aktuelle Immunmodulatoren im Vergleich
Neuer Biomarker für Verlauf von Multipler Sklerose
Multiple Sklerose: Analysen aus Münster erhärten Verdacht gegen das Epstein-Barr-Virus
Aktuelle Daten zu Novartis Ofatumumab und Siponimod bestätigen Vorteil des…
Multiple Sklerose durch das Epstein-Barr-Virus – kommt die MS-Impfung?

PARKINSON

Meilenstein in der Parkinson-Forschung: Neuer Alpha-Synuclein-Test entdeckt die Nervenerkrankung vor…
Neue Erkenntnisse für die Parkinson-Therapie
Cochrane Review: Bewegung hilft, die Schwere von Bewegungssymptomen bei Parkinson…
Technische Innovationen für eine maßgeschneiderte Parkinson-Diagnostik und Therapie
Biomarker und Gene: neue Chancen und Herausforderungen für die Parkinson-Diagnose…