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HAI 2011: Erste Evaluationsdaten des ‚Aktionsbündnis Schmerzfreie Stadt Münster‘
Ergebnisse der einzigartigen Versorgungsforschungsstudie legen Grundstein für eine verbesserte Versorgung von Schmerzpatienten
Berlin (13. September 2011) – Neben der medikamentösen Schmerztherapie sind auch nicht-medikamentöse Maßnahmen unerlässlich für eine effektive Schmerztherapie. Entscheidend ist, dass die beteiligten Berufsgruppen miteinander kommunizieren und kooperieren. Diese Schlüsse lassen sich aus den ersten Evaluationsergebnissen (aus Krankenhaus und Altenheim) des ‚Aktionsbündnis Schmerzfreie Stadt Münster’ ziehen.
Vorgestellt wurden die Daten der Versorgungsforschungsstudie auf dem Symposium des Aktionsbündnisses, das im Rahmen des HAI 2011 stattfand. Die Situation der Schmerzpatienten in den untersuchten Einrichtungen ist verbesserungswürdig. „Es bestehen jedoch geeignete Strukturen, auf die aufgebaut werden kann“, betont der Projektleiter Professor Dr. Jürgen Osterbrink von der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Salzburg. Hervorzuheben sei die hohe Motivation aller Beteiligten, mit Schulungen, Weiterbildungen und weiteren Maßnahmen wie Qualitätszirkeln, die Situation nachhaltig zu verbessern. Professorin Dr. Esther Pogatzki-Zahn, Oberärztin am Universitätsklinikum Münster, ergänzt: „Wenn festgelegte Grenzwerte der Schmerzstärke zur Anpassung der Schmerztherapie berücksichtigt werden, können unnötige Schmerzen vermieden werden.“ So werden Schmerzen frühzeitig und ausreichend gelindert. Dies wiederum erhöhe nicht nur die medizinische, sondern auch die gesundheitsökonomische Effizienz der Schmerztherapie, wie Professor Dr. Matthias Augustin, Direktor des Instituts für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen am Universitätsklinikum Hamburg, ausführt.
Mit dem ‚Aktionsbündnis Schmerzfreie Stadt Münster’ wird erstmals über Institutionsgrenzen hinweg die komplexe Versorgung von Schmerzpatienten innerhalb eines städtischen Gesundheitssystems untersucht. „Ziel des Aktionsbündnisses ist es, Wissens- und Versorgungslücken an den Schnittstellen städtischer Gesundheitseinrichtungen zu erkennen und zu schließen“, erläutert der Projektleiter. Für die Bereiche „Stationäre Altenpflege“ und „Krankenhaus“ ist der Ist-Zustand bereits ausgewertet. Erste Optimierungsvorschläge wurden bereits erarbeitet. Diese werden weiter definiert und bei der abschließenden Re-Evaluation überprüft.
Stationäre Altenpflege: Mehr Kommunikation für bessere Schmerztherapie
Die Befragung der kognitiv orientierten Altenheimbewohner ergab, dass bei 66 Prozent Schmerzen bei Belastung auftreten. Unter einem Ruheschmerz leiden 47 Prozent. Durchschnittlich 51,3 Prozent der Pflegenden befragen die Bewohner zu diesen Schmerzen mindestens einmal pro Dienst. Jedoch gaben nur 18,4 Prozent der Pflegekräfte an, dass für alle bzw. die meisten Bewohner ein Personen-spezifischer Grenzwert für die Schmerzstärke festgelegt ist. „Daher ist eine individuelle Anpassung der Schmerztherapie oftmals nicht möglich“, so der Projektleiter. Ein Problem sei auch, dass noch nicht mal die Hälfte der Pflegenden dazu handlungsfähig ist. Nur 42 Prozent der Pflegekräfte gaben an, dass ärztliche Anweisungen in schriftlicher Form bestehen, dass Analgetika binnen einer halben Stunde gegeben werden können und dass diese vorrätig sind. Es gelte insbesondere die Kommunikation zwischen Pflegenden und Ärzten weiter auszubauen. Darüber hinaus kann die Schmerztherapie durch die Kombination medikamentöser und nicht-medikamentöser Maßnahmen noch weiter verbessert werden. Osterbrink ist optimistisch: „Es bestehen bereits geeignete Strukturen, auf die aufgebaut werden kann.“ So wird es zukünftig in allen Heimen „Pain Nurses“(1) geben. Dazu werden jeweils zwei Pflegekräfte ausgebildet, die sich primär mit den pflegerischen Aspekten der Schmerzversorgung befassen und damit einen wichtigen Beitrag zur Qualitätssicherung im Schmerzmanagement leisten. Darüber hinaus werden gemeinsam mit dem Hausärzteverbund und der Facharzt Initiative wie auch mit der Apothekerkammer relevante Fortbildungen geplant.
Gute Noten für die Qualität der Schmerztherapie im Krankenhaus
„Grundsätzlich erhalten Patienten mit postoperativen Schmerzen in den Münsteraner Krankenhäusern eine gute Schmerztherapie“, lautet das Fazit von Pogatzki-Zahn. Mit durchschnittlich 1,70 (2) bewerten die Patienten die Qualität der Schmerztherapie. Ähnlich gut ist die Bewertung durch die Krankenhausmitarbeiter: Die Pflegekräfte vergaben die Note 2,31, Stations- und Oberärzte 2,01 und die Anästhesisten die Note 1,96. Nahezu alle Patienten (97,7%) werden postoperativ nach Schmerzen befragt. Die Schmerzen dokumentieren 91,5 Prozent aller Pflegenden und Ärzte.
Frühzeitiger Einsatz starker Analgetika ist wichtig
Einen klinikspezifischen Grenzwert zur Anpassung der Schmerztherapie kennen 61,6 Prozent der Anästhesisten, 53,6 Prozent der Pflegenden, und ein Viertel der Stations- und Oberärzte. „Dennoch leiden noch immer zu viele Patienten unter Ruhe- und Belastungsschmerzen“, gibt die Münsteraner Oberärztin zu bedenken. Denn die Folge ist, dass ausreichend starke Schmerzmittel nicht gegeben werden: Fast die Hälfte (44,7%) aller im Krankenhaus eingesetzten Analgetika sind nicht-opioidhaltige Präparate (WHO-Stufe I). Starke Opioide (WHO-Stufe III) machen 35,2 Prozent aus. Pogatzki-Zahn sieht hier Optimierungspotential: „Werden, wie in gültigen Standards und Leitlinien empfohlen, frühzeitig stark wirksame Analgetika eingesetzt, können die Schmerzen effektiver gelindert werden.“ Auch sollte die Schmerzmittelgabe vor möglichen schmerzauslösenden Situationen (v. a. Aufstehen, Umlagerung und Gehen) verbessert werden: Dies erfolgt bislang nur bei 13 Prozent der Patienten.
Auch sollten nicht-medikamentöse Maßnahmen häufiger und insbesondere gezielter eingesetzt werden. Denn die wenigen Patienten (durchschnittlich 22,3%), die diese erhielten, beurteilten den schmerzlindernden Effekt zu 80 Prozent mit „eher schlecht“ bis „schlecht“. Die Interventionsmaßnahmen sollen diese Lücken schließen und die post-operative Schmerztherapie weiter verbessern.
Eine Chance für Münster
In den Verbesserungsmaßnahmen in den einzelnen Einrichtungen, aber auch an den Schnittstellen sieht die Stadt Münster eine große Chance für die Kommune und ihre Bürger. Die Stadt engagiert sich schon lange, insbesondere im Bereich der Prävention, für die Gesundheit und das Wohlbefinden ihrer Bürger. „So war es für die Stadt eine logische Schlussfolgerung, das Aktionsbündnis zu unterstützen“, so Dr. Claus Weth, Gesundheitsplaner der Stadt Münster. Neben der Optimierung der regionalen Versorgung von Schmerzpatienten profitiert Münster auch von den unterschiedlichen Informationsveranstaltungen des Aktionsbündnisses zum Thema Schmerz.
Effiziente Schmerztherapie durch Leitlinien
Die Behandlung von Schmerzen ist einer der größten Kostenfaktoren im Gesundheitswesen. Wie teuer der Schmerz ist, untersucht eine parallel laufende gesundheitsökonomische Auswertung. Analysiert werden dabei der Nutzen, die Kosten und die Wirtschaftlichkeit einer optimierten Schmerztherapie. Hierzu stellte Professor Augustin Daten der Barmer GEK vor. So beliefen sich die direkten Kosten der Schmerztherapie 2009 auf 8.107 Euro pro Schmerzpatient. Dazu kommt, dass unbehandelte oder schlecht versorgte Schmerzen erhebliche indirekte (u.a. Krankheitstage) und intangiblen Kosten (z.B. Verlust der Lebensqualität) verursachen. Aus diesem Grund plädiert der Hamburger Professor für eine leitliniengerechte Therapie. Denn eine frühzeitige und qualifizierte Schmerztherapie erhöht die Effizienz.
Schirmherrschaft „Aktionsbündnis Schmerzfreie Stadt Münster“:
Daniel Bahr, Bundesminister für Gesundheit
Kooperationspartner „Aktionsbündnis Schmerzfreie Stadt Münster“:
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Barmer GEK
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Bezirksregierung Münster
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Gesellschaft für Qualifizierte Schmerztherapie Certcom e.V.
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Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK)
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Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin e.V. (DGP)
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Deutsche Schmerzliga e.V.
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Deutsche Gesellschaft zum Studium des Schmerzes e.V. (DGSS)
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Facharztinitiative Münster
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Hausärzteverbund Münster (HVM)
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MEDICA Deutsche Gesellschaft für Interdisziplinäre Medizin e.V.
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Palliativnetz Münster e.V.
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Praxis für ganzheitliche Schmerztherapie Münster
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Schmerztherapiezentrum Münster
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Universitätsklinikum Münster (UKM)
Fördermittel stellen die Stadt Münster sowie das Land Salzburg zur Verfügung. Zusätzlich unterstützt das Unternehmen Mundipharma das Aktionsbündnis.
Weitere Informationen zum Projekt unter www.schmerzfreie-stadt.de
Anmerkungen
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Zusatzqualifikation für Pflegekräfte im Bereich Schmerzmanagement für besondere Patientengruppen mit chronischen Schmerzen
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Schulnotenskala: 1 = sehr gut bis 6 = ungenügend
Quelle: Symposium „Aktionsbündnis Schmerzfreie Stadt Münster“, HAI 2011 – Der Hauptstadtkongress der DGAI, 13. September 2011, Berlin (Dorothea Küsters Life Science Communications) (tB).