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Hepatitis C

LDV/SOF mit überzeugenden Daten bei Zirrhotikern und bei der Kurzzeitbehandlung von therapienaiven Nicht-Zirrhotikern

 

Frankfurt am Main (20. Mai 2015) – Studien, die auf dem Internationalen Leber-Kongress 2015[*] präsentiert wurden, zeigen: LDV/SOF ist auch bei bislang schwer zu behandelnden Patienten hochwirksam und verträglich. Real-Life-Daten bestätigen, dass das 8-wöchige Ribavirin-freie LDV/SOF-Regime bei nicht-zirrhotischen Patienten im Praxisalltag ebenso wirksam ist wie im Studien-Setting. Und die Entwicklung geht weiter. Mit neuen Wirkstoffen und Kombinationen sollen noch vorhandene therapeutische Beschränkungen beseitigt werden.


Sie galten lange Zeit als Problemfälle, für die es kaum wirksame Behandlungsoptionen gab: HCV-Patienten mit dekompensierter Zirrhose und lebertransplantierte Patienten mit rekurrierender HCV-Infektion. Für sie stellte die Zulassung von Ledipasvir/Sofosbuvir (LDV/SOF, Harvoni®) bei Infektionen mit den Genotypen 1 und 4 einen wichtigen Fort-schritt dar.(1) Nun haben aktuelle Studienergebnisse die Datenlage in diesen Indikationen entscheidend erweitert.

 

 

Hohe SVR12-Raten auch bei schwerer Lebererkrankung

 

In der SOLAR-2-Studie waren 329 Patienten mit einer HCV-Infektion der Genotypen 1 und 4 unter anderem aus Europa eingeschlossen.(2) „Sie standen wegen einer dekom­pensierten Leberzirrhose vor der Lebertransplantation oder hatten nach der Transplan­tation eine rekurrierende HCV-Infektion ohne oder mit Leberschaden bis hin zur Dekom­pensation“, berichtete Professor Dr. Christoph Sarrazin, Frankfurt. Als Therapie erhielten die Patienten randomisiert LDV/SOF plus Ribavirin (RBV) entweder für 24 oder für 12 Wochen[†]. Wirksamkeitsendpunkt war ein anhaltendes virologisches Ansprechen 12 Wochen nach Therapieende (SVR12).

 

LDV/SOF plus RBV für 24 Wochen führte zu SVR12-Raten von 85 % (n=35/41, dekom-pensierte Zirrhose vor Transplantation), 98 % (n=57/58, Fibrose und kompensierte Zirrhose nach Transplantation) und 95 % (n=19/20, dekompensierte Zirrhose nach Trans-plantation). Bei Patienten mit Zirrhose ging das virologische Ansprechen zudem mit einer Verbesserung des MELD- und des CPT-Scores einher. Im Arm mit der 12-wöchigen Therapie wurden nahezu identische Ergebnisse beobachtet. „Damit entsprechen die Ergebnisse im Wesentlichen jenen, die schon in der SOLAR-1-Studie beobachtet wurden“, schilderte Sarrazin. SOLAR-1 hatte ein identisches Design, rekrutierte die Patienten aber ausschließlich in den USA.

 

„Damit steht mit LDV/SOF plus RBV für diese Patienten, die bislang eine sehr schlechte Prognose hatten, eine wirksame und verträgliche Therapie der HCV-Infektion zur Verfügung“, kommentierte Sarrazin. „Allerdings kann in einzelnen Fällen trotz Elimination der HCV-Infektion keine Verbesserung der (de)kompensierten Lebererkrankung erreicht werden.“

 

 

LDV/SOF bestätigt im Alltag, was Studien versprechen

 

Für nicht-zirrhotische therapie-naive Patienten mit Genotyp-1- und -4-Infektion kann die Behandlung mit LDV/SOF auf 8 Wochen verkürzt werden.(3,1) Auf dem ILC 2015 wurden nun erstmals Daten präsentiert, die die Wirksamkeit und Sicherheit dieses Regimes im Praxiseinsatz dokumentieren.(4) „Eingeschlossen waren 45 Patienten eines Zentrums, die bis auf einen – bereits vorbehandelten – Patienten die Kriterien für die 8-wöchige Behandlung erfüllten“, sagte Dr. Peter Buggisch, Hamburg. 22 bzw. 21 Patienten waren mit den Genotypen 1a bzw. 1b infiziert (48,9 % bzw. 46,7 %), 2 Patienten mit dem Gentoyp 4 (4,4 %).(4) Ein gutes Drittel hatte keine Leberschäden, die anderen wiesen Fibrosen der Stadien F1 (n=15, 33,3 %) F2 (n=11, 24,4 %) oder F3 (n=2, 4,4 %) auf.(4)  Endpunkte waren das Ansprechen nach 4 Wochen und zum Ende der Behandlung sowie das anhaltende virologische Ansprechen 4 Wochen nach Ende der Behandlung (SVR4).

 

Für die jeweiligen Endpunktanalysen lagen Daten von 43, 31 bzw. 42 Patienten vor. „Jeweils 100 % hatten nach 4 Wochen, zum Ende der Behandlung und 4 Wochen danach HCV-RNA-Spiegel unterhalb der Nachweisgrenze“, erläuterte Buggisch.(4) Therapieabbrüche gab es nicht, bei einem Patienten traten Nebenwirkungen mit wahrscheinlichem Bezug zur Medikation auf. Dabei habe es sich um Kopfschmerzen gehandelt, so Buggisch.(4)

 

„Die Analyse zeigt, dass das 8-wöchige Ribavirin-freie LDV/SOF-Regime, wenn es in der Praxis entsprechend der Zulassung eingesetzt wird, hochwirksam, verträglich und sicher ist“, schloss Buggisch. Damit untermauere die Zwischenauswertung die positiven Ergebnisse der ION-3-Studie, in der die 8-wöchige Therapie mit LDV/SOF bei 94 % der Patienten zu einer SVR12 führte.(3)

 

 

Im Fokus der Entwicklung: Genotyp-3-Patienten und weitere Verkürzung der Therapiedauer

 

Diese Studienergebnisse zeigen, dass sich mit LDV/SOF hohe SVR-Raten bei kurzer Behandlungsdauer und in einer breiten Patientenpopulation erzielen lassen. Dennoch werden nach wie vor weitere Therapieoptionen benötigt. So sind die virologischen Ansprechraten bei Genotyp-3-Infektionen bislang niedriger als bei Infektionen mit anderen Genotypen, insbesondere in zirrhotischen Kollektiven.(5) Für diese Patienten werden derzeit neue Wirkstoffkombinationen von verschiedenen Unternehmen geprüft. Die neuen Regime lassen deutlich höhere SVR12-Raten erwarten.

 

Darüber hinaus suchen Forscher nach Optionen, die noch kürzere Behandlungszeiten erlauben und mit denen auch Patienten behandelt werden können, die auf eine Vorbehandlung mit mehreren, direkt antiviral wirkenden oralen Agenzien nicht ansprechen. Gilead prüft dafür eine Dreifachkombination, bestehend aus einem NS5B-Polymerase-Inhibitor, einem NS5A-Inhibitor und einem NS3/4a-Proteaseinhibitor. In einer Phase-II-Studie mit nicht-zirrhotischen, therapie-naiven Genotyp-1-Patienten führte schon die 6-wöchige Therapie zu einer SVR12-Rate von 93 %.(6) Bei Zirrhotikern betrug die SVR12-Rate 87 % und bei Patienten, die zuvor mit zwei oder mehr DAA nicht erfolgreich behandelt werden konnten 67 %.(6)

 

 

Chronische Hepatitis B: Therapiestopp nach langer Virussuppression scheint den HBsAg-Verlust zu fördern

 

Neuigkeiten gibt es auch in der Therapie der chronischen Hepatitis B (CHB). Dort haben moderne Nukleos(t)idanaloga (NA) wie Tenofovir (TDF) zu erheblichen Fortschritten geführt. „Unklar ist bislang jedoch, wie lange eine Behandlung dauern sollte“, sagte Professor Dr. Eckart Schott, Berlin.

 

Derzeit empfiehlt die EASL, die Therapie bei der HbeAg-negativen Hepatitis B bis zum HBsAg-Verlust fortzusetzen.(7) „Dieser Endpunkt wird mit NA jedoch nur selten, bei HbeAg-negativen Patienten praktisch nie erreicht, ein vorheriges Absetzen der Medikamente führt selbst nach langjähriger Virussuppression meistens zu einer Reaktivierung der Infektion“, sagte Schott. Fallserien mit HBeAg-negativen Patienten deuten aber darauf hin, dass eben diese Reaktivierung mit einem HBsAg-Verlust assoziiert ist.(8) Nun wird in der offenen, randomisierten und kontrollierten FINITE-CHB-Studie untersucht, wie sich ein Therapiestopp versus einer fortgesetzten Therapie mit TDF auf die Raten von HBsAg-Verlust und -Serokonversion bei HBeAg-negativen CHB-Patienten auswirkt.(9)

 

In der noch laufenden Studie sind 45 Patienten eingeschlossen, die unter einer TDF-Therapie für mindestens 3,5 Jahre HBV-DNA-Spiegel < 400 Kopien/ml erreicht hatten. Alle waren zum Studienbeginn HBsAg-positiv, HBeAg-negativ und anti-HBe-positiv und hatten normale ALT-Werte, keiner wies eine Zirrhose oder dekompensierte Leberer-krankung auf. Die Patienten wurden randomisiert auf zwei Arme verteilt: In einem Arm wird die TDF-Therapie fortgesetzt (n=21), im anderen wurde sie unter engmaschiger Beobachtung der Patienten beendet (n=21). Primärer Endpunkt der Studie ist der Anteil der Patienten mit HBsAg-Verlust zur Woche 144. Nun wurde eine Zwischenanalyse nach 48 Wochen vorgestellt.

 

„Im Arm mit fortgesetzter Therapie blieben die HBV-DNA bei allen Patienten supprimiert und die ALT-Werte stabil“, schilderte Schott. Keiner der Patienten habe einen HBsAg-Verlust erreicht, die HBsAg-Serumkonzentrationen seien nur leicht zurückgegangen (median -0,09 log10 IU/ml). „Im Gegensatz dazu wurden alle Patienten im Stopp-Arm virämisch, 19 von 21 zeigten einen ALT-Anstieg“, so Schott. Drei Patienten nahmen die TDF-Therapie bis zur Woche 48 wieder auf und erreichten danach neuerdings HBV-DNA-Spiegel unterhalb der Nachweisgrenze sowie normale ALT-Werte. Bemerkenswert war laut Schott jedoch, dass zwei Patienten nach dem Absetzen der Medikamente einen HBsAg-Verlust erreichten und die HBsAg-Serumkonzentrationen im gesamten Stopp-Arm deutlich stärker sanken als im Vergleichsarm (median -0,28 vs. -0,09 log10 IU/ml). Während der  48-wöchigen Studiendauer waren keine schweren unerwünschten Ereignisse mit Bezug zu TDF aufgetreten, bei einem Patienten mit Arm mit fortgesetzter Therapie wurden Kopfschmerzen beobachtet.

 

„Ein Therapiestopp nach mehrjähriger Virussuppression scheint damit sicher zu sein und zu einem deutlich höheren Rückgang der HBsAg-Serumkonzentrationen zu führen als eine Fortsetzung der Therapie, in zwei Fällen sogar zu einem HBsAg-Verlust“, resümierte Schott. Allerdings hat dieser Ansatz derzeit nur akademischen Stellenwert.

 

Gilead Sciences (Nasdaq: GILD) ist ein biopharmazeutisches Unternehmen, das Therapeutika erforscht, entwickelt und vertreibt, die weltweit einer Verbesserung der Behandlung von Patienten mit lebensbedrohlichen Erkrankungen dienen. Das Unternehmen vertreibt derzeit in den USA 19 Produkte und konzentriert sich in Forschung und klinischer Entwicklung auf den Bereich Infektiologie insbesondere auf HIV, chronische Hepatitis B, systemische Pilzinfektionen, Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen. Gilead Sciences Inc., mit Firmenhauptsitz in Foster City, Kalifornien, unterhält Niederlassungen in den USA, Europa und Australien. Der deutsche Firmensitz befindet sich in Martinsried bei München. In Deutschland besteht das Gilead Sciences Portfolio aus derzeit 13 Produkten für die Indikationen HIV, Hepatitis B und C, Cystische Fibrose und systemische Pilzinfektionen.

 

 

Anmerkungen

 

  • [*] International Liver Congress (ILC), 22. bis 26. April 2015, Wien; eine Veranstaltung der European Association for the Study of the Liver (EASL)
  • [†] International Liver Congress (ILC), 22. bis 26. April 2015, Wien; eine Veranstaltung der European Association for the Study of the Liver (EASL)

 

 

Literaturverweise 

  1. Fachinformation Harvoni®, Stand November 2014
  2. Manns M et al. Abstract G02, presented at ILC 2015, Wien
  3. Kowdley KV et al. N Engl J Med 2014; 370: 1879–88
  4. Buggisch P et al. Poster LP32, presented at ILC 2015, Wien
  5. Zeuzem S et al. N Engl J Med 2014; 370: 1993–2001
  6. Gane E et al. Poster LP03, presented at ILC 2015, Wien
  7. EASL Clinical Practice Guidelines: Management of chronic hepatitis B virus infection. J Hepatol  2012; 57: 167–185
  8. Hadziyannis SJ et al. Gastroenterology. 2012; 143(3): 629
  9. Berg T et al. Abstract O119, presented at ILC 2015, Wien

 


Quelle: Gilead Sciences, 20.05.2015 (tB). 

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