Hilfe für Beatmungspatienten

Mit Salbe soll Sauerstoffaufnahme über die Haut erhöht werden

 

Homburg (22. Mai 2020) — Ein kleiner Teil des Sauerstoffs, ca. 0,4 Prozent, gelangt nicht über die Lunge, sondern über die Haut in den Körper. Ein Team um den Biophysiker Lars Kaestner erforscht nun eine Möglichkeit, diesen Anteil auf bis zu 10 Prozent zu erhöhen. Gelingt dies, könnten künftig beispielsweise Intensivpatienten wie in der aktuellen Coronakrise in kritischen Phasen, etwa, wenn nicht genügend Beatmungsgeräte zur Verfügung stehen, besser mit Sauerstoff versorgt werden.

Es klingt ein wenig nach Science Fiction, ist aber tatsächlich „nur“ Science: Forscher der Universität des Saarlandes arbeiten an einem Projekt, das die Sauerstoffaufnahme über die Haut drastisch verbessern soll. Üblicherweise spielt die Haut dabei nur eine sehr geringe Rolle, etwa 0,4 Prozent des benötigten Sauerstoffs gelangen über das größte Organ des Menschen in den Körper. Gelänge es hingegen, eine Salbe auf Basis von Fluorkohlenstoffen zu entwickeln, könnte die Sauerstoffaufnahme über die Haut unter gewissen Bedingungen verzwanzigfacht werden.

„Eine Steigerung auf etwa zehn Prozent der üblichen Sauerstoffversorgung könnte intensivmedizinisch zu versorgenden Patienten, wie aktuell zum Beispiel an Covid-19 erkrankten Menschen, helfen, eine kritische Phase zu überleben“, erläutert der Biophysiker Professor Lars Kaestner den Hintergrund. Er ist der federführende Wissenschaftler des Projektes.

„Beatmungsgeräte bleiben sicherlich die erste Wahl, um Patienten mit Covid-19 mit Sauerstoff zu versorgen“, sagt er. „Aber in vielen Ländern dürfte es auch mittelfristig nicht genügend Beatmungsgeräte geben, um alle schwer verlaufenden, beatmungspflichtigen Covid-19-Fälle zu behandeln“, erklärt Lars Kaestner. „Insofern könnte die Erhöhung der transdermalen Sauerstoffversorgung sowohl Patienten helfen, die keinen Zugang zu Beatmungsgeräten haben, als auch Patienten, bei denen die Beatmungsgeräte nicht ausreichen.“

In einem ersten Schritt wollen Lars Kaestner und seine Kooperationspartner nun herausfinden, ob ihre Annahme, dass mithilfe eines Gels bzw. einer Emulsion aus Fluorkohlenstoffen (einer Stoffgruppe, zu der auch Teflon zählt, nur in kürzeren Ketten bzw. Ringen, so dass die Substanzen bei Raum- und Körpertemperaturbereich flüssig sind) die Sauerstoffaufnahme über die Haut verbessert werden kann, auch tatsächlich stimmt.

Messen sie im Tierversuch, dass tatsächlich mehr Sauerstoff in den Körper gelangt, folgen in einem weiteren Schritt Experimente mit freiwilligen, gesunden Probanden. Schritt drei wäre dann der Test mit Beatmungspatienten. „All diese Tests werden natürlich eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen“, so Lars Kaestner. Da die beteiligten Substanzen aber allesamt unbedenklich sind, könnte die Testphase unter den üblichen Zeitmaßstäben wissenschaftlicher Testverfahren recht schnell abgeschlossen sein. „Wir rechnen damit, dass wir in etwa sechs Monaten belastbare Ergebnisse haben werden, so dass eine entsprechende Salbe möglicherweise recht schnell auf den Markt kommen könnte“, meint Lars Kaestner.

„Es ist zugegebenermaßen eine etwas verrückte Idee“, räumt er ein. „Aber davon lebt ja die Wissenschaft.“ Folgerichtig hat der Biophysiker den Projektantrag bei der Volkswagen-Stiftung in der Förderrichtlinie „Off the beaten track“, also wörtlich „abseits ausgetretener Pfade“, eingereicht. Im Deutschen trägt die Förderrichtlinie den Titel „Offen für Außergewöhnliches“.

 

 


Quelle: Universität des Saarlandes, 22.05.2020 (tB).

Schlagwörter: ,

MEDICAL NEWS

IU School of Medicine researchers develop blood test for anxiety
COVID-19 pandemic increased rates and severity of depression, whether people…
COVID-19: Bacterial co-infection is a major risk factor for death,…
Regenstrief-led study shows enhanced spiritual care improves well-being of ICU…
Hidden bacteria presents a substantial risk of antimicrobial resistance in…

SCHMERZ PAINCARE

Hydromorphon Aristo® long ist das führende Präferenzpräparat bei Tumorschmerz
Sorgen und Versorgen – Schmerzmedizin konkret: „Sorge als identitätsstiftendes Element…
Problem Schmerzmittelkonsum
Post-Covid und Muskelschmerz
Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln

DIABETES

Wie das Dexom G7 abstrakte Zahlen mit Farben greifbar macht…
Diabetes mellitus: eine der großen Volkskrankheiten im Blickpunkt der Schmerzmedizin
Suliqua®: Einfacher hin zu einer guten glykämischen Kontrolle
Menschen mit Diabetes während der Corona-Pandemie unterversorgt? Studie zeigt auffällige…
Suliqua® zur Therapieoptimierung bei unzureichender BOT

ERNÄHRUNG

Positiver Effekt der grünen Mittelmeerdiät auf die Aorta
Natriumaufnahme und Herz-Kreislaufrisiko
Tierwohl-Fleisch aus Deutschland nur mäßig attraktiv in anderen Ländern
Diät: Gehirn verstärkt Signal an Hungersynapsen
Süßigkeiten verändern unser Gehirn

ONKOLOGIE

Strahlentherapie ist oft ebenso effizient wie die OP: Neues vom…
Zanubrutinib bei chronischer lymphatischer Leukämie: Zusatznutzen für bestimmte Betroffene
Eileiter-Entfernung als Vorbeugung gegen Eierstockkrebs akzeptiert
Antibiotika als Störfaktor bei CAR-T-Zell-Therapie
Bauchspeicheldrüsenkrebs: Spezielle Diät kann Erfolg der Chemotherapie beeinflussen

MULTIPLE SKLEROSE

Multiple Sklerose: Aktuelle Immunmodulatoren im Vergleich
Neuer Biomarker für Verlauf von Multipler Sklerose
Multiple Sklerose: Analysen aus Münster erhärten Verdacht gegen das Epstein-Barr-Virus
Aktuelle Daten zu Novartis Ofatumumab und Siponimod bestätigen Vorteil des…
Multiple Sklerose durch das Epstein-Barr-Virus – kommt die MS-Impfung?

PARKINSON

Meilenstein in der Parkinson-Forschung: Neuer Alpha-Synuclein-Test entdeckt die Nervenerkrankung vor…
Neue Erkenntnisse für die Parkinson-Therapie
Cochrane Review: Bewegung hilft, die Schwere von Bewegungssymptomen bei Parkinson…
Technische Innovationen für eine maßgeschneiderte Parkinson-Diagnostik und Therapie
Biomarker und Gene: neue Chancen und Herausforderungen für die Parkinson-Diagnose…