MEDIZIN

DOC-CHECK LOGIN

„Hot Spots“ als Schlüssel für die Erholung der Sehfunktion bei Schlaganfallpatienten

 

Magdeburg (23. Januar 2014) – Wissenschaftler wissen, dass Patienten mit Beeinträchtigungen ihres Sehvermögens durch Glaukom, Schädigung des Sehnervs oder durch einen Schlaganfall mittels einer visuellen Restitutionstherapie (Vision Restoration Therapy, VRT) visuelle Funktionen teilweise wiedererlangen. Jedoch ist bisher nicht bekannt, welche Faktoren den Grad der visuellen Erholung bestimmen.

 

Im interdisziplinären Journal „Restorative Neurology and Neuroscience“ wurden aktuell Ergebnisse veröffentlicht, dass die Wiederherstellung der visuellen Funktionen vor allem von der Aktivität der nach Schädigung verbliebenen Bereiche mit Restsehfähigkeit abhängen. Dabei haben sowohl die lokale neuronale Aktivität als auch die Aktivität in der unmittelbaren Umgebung Einfluss auf die Wiederherstellung visueller „Hot Spots“. Damit kann gezeigt werden, dass die Wiederherstellung der visuellen Funktionen durch teilweise überlebende Nervenzellen vermittelt wird.

Forscher des Instituts für Medizinische Psychologie und des Instituts für Informatik der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg führten in Kooperation mit dem Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation in Göttingen eine retrospektive Analyse von Gesichtsfeldtests von 32 Schlaganfall-patienten mit Hemianopsie (Verlust der Sehkraft in der Mitte des Gesichtsfelds) vor VRT und mindestens sechs Monate danach durch. Bei diesem Test wurden visuelle Reize auf einem PC-Monitor präsentiert, welche der Patient bei Erkennen durch das Drücken einer Taste bestätigen musste.

Als Ergebnis entstand eine Gesichtsfeld-Karte mit normal sehenden Bereichen, blinden Bereichen und solchen mit Restsehfähigkeit (reduzierte Sehfähigkeit). In diesen „Bereichen des Residualsehens“ war die Reaktionszeit langsamer bzw. die richtige Antwort erfolgte nur gelegentlich. Eine wiederholte Stimulation durch ein tägliches 60-minütiges Training mittels VRT zielte auf diese Bereiche mit Restsehfähigkeit ab, um deren Leistung zu stärken.

Als „Hot Spots“ wurden jene Bereiche definiert, die zunächst im Gesichtsfeldtest vor VRT (baseline) beeinträchtigt waren, sich dann aber nach dem VRT Training erholten. Dagegen wurden Bereiche, die sich durch VRT nicht erholten als „Cold Spots“ definiert. Von fast 11.000 visuellen Punkten der 32 untersuchten Patienten konnten 688 als Hot Spots definiert werden, während 3.426 den Cold Spots zugeordnet wurden. Der Mittelwert der absoluten Verbesserung durch VRT Training betrug 6 Prozent.

Die Forscher verwendeten eine Computer-basierte Data-Mining Technologie zur Auswertung großer Datenmengen, um herauszufinden, welche Merkmale der vor dem VRT-Training erstellten Gesichtsfeld-Karten eine Vorhersage der Wiederherstellung des Sehens ermöglichen. Sie untersuchten verschiedene topographische Merkmale und fanden heraus, dass Gesichtsfeldbereiche eine höhere Wahrscheinlichkeit zur Bildung von Hot Spots besaßen, wenn sie in der baseline eine höhere lokale Restsehfähigkeit hatten, mehr Restaktivität in einer räumlich begrenzten Umgebung (5 Grad Sehwinkel) zeigten und näher am blinden Fleck (Scotoma) angeordnet waren.

„Unsere Ergebnisse unterstreichen die besondere Rolle dieser Reststrukturen bei der Wiederherstellung des Sehens, das höchstwahrscheinlich durch überlebende Zellen im teilweise geschädigten Hirngewebe vermittelt wird“, so Prof. Bernhard A. Sabel vom Institut für Medizinische Psychologie der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg. Prof. Sabel glaubt, dass die starke visuelle Stimulation während des VRT-Training die Wiederherstellung des Sehens durch Fokussierung der Aufmerksamkeit auf die teilweise geschädigten Sehfelder verbessert. Eine tägliche Wiederholung dieses Trainings hilft bei der Aufmerksamkeit und somit bei der Erholung des Sehverlusts. „Dieses neue Verständnis erlaubt es uns nun ein Sehtraining im Internet anzubieten“, sagt Prof. Sabel.

 

  • “Local topographic influences on vision restoration hot spots after brain damage,” by Bernhard A. Sabel, Fred Wolf, and Tobias Guenther. Restorative Neurology and Neuroscience, 2013. DOI 10.3233/RNN-139019. Published by IOS Press online ahead of issue

 


 

Quelle: Universitätsklinikum Magdeburg 23.01.2014 (tB).

MEDICAL NEWS

IU School of Medicine researchers develop blood test for anxiety
COVID-19 pandemic increased rates and severity of depression, whether people…
COVID-19: Bacterial co-infection is a major risk factor for death,…
Regenstrief-led study shows enhanced spiritual care improves well-being of ICU…
Hidden bacteria presents a substantial risk of antimicrobial resistance in…

SCHMERZ PAINCARE

Hydromorphon Aristo® long ist das führende Präferenzpräparat bei Tumorschmerz
Sorgen und Versorgen – Schmerzmedizin konkret: „Sorge als identitätsstiftendes Element…
Problem Schmerzmittelkonsum
Post-Covid und Muskelschmerz
Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln

DIABETES

Wie das Dexom G7 abstrakte Zahlen mit Farben greifbar macht…
Diabetes mellitus: eine der großen Volkskrankheiten im Blickpunkt der Schmerzmedizin
Suliqua®: Einfacher hin zu einer guten glykämischen Kontrolle
Menschen mit Diabetes während der Corona-Pandemie unterversorgt? Studie zeigt auffällige…
Suliqua® zur Therapieoptimierung bei unzureichender BOT

ERNÄHRUNG

Positiver Effekt der grünen Mittelmeerdiät auf die Aorta
Natriumaufnahme und Herz-Kreislaufrisiko
Tierwohl-Fleisch aus Deutschland nur mäßig attraktiv in anderen Ländern
Diät: Gehirn verstärkt Signal an Hungersynapsen
Süßigkeiten verändern unser Gehirn

ONKOLOGIE

Strahlentherapie ist oft ebenso effizient wie die OP: Neues vom…
Zanubrutinib bei chronischer lymphatischer Leukämie: Zusatznutzen für bestimmte Betroffene
Eileiter-Entfernung als Vorbeugung gegen Eierstockkrebs akzeptiert
Antibiotika als Störfaktor bei CAR-T-Zell-Therapie
Bauchspeicheldrüsenkrebs: Spezielle Diät kann Erfolg der Chemotherapie beeinflussen

MULTIPLE SKLEROSE

Multiple Sklerose: Aktuelle Immunmodulatoren im Vergleich
Neuer Biomarker für Verlauf von Multipler Sklerose
Multiple Sklerose: Analysen aus Münster erhärten Verdacht gegen das Epstein-Barr-Virus
Aktuelle Daten zu Novartis Ofatumumab und Siponimod bestätigen Vorteil des…
Multiple Sklerose durch das Epstein-Barr-Virus – kommt die MS-Impfung?

PARKINSON

Meilenstein in der Parkinson-Forschung: Neuer Alpha-Synuclein-Test entdeckt die Nervenerkrankung vor…
Neue Erkenntnisse für die Parkinson-Therapie
Cochrane Review: Bewegung hilft, die Schwere von Bewegungssymptomen bei Parkinson…
Technische Innovationen für eine maßgeschneiderte Parkinson-Diagnostik und Therapie
Biomarker und Gene: neue Chancen und Herausforderungen für die Parkinson-Diagnose…