HTA-Bericht

Kein klares Ja oder Nein für palliative Musiktherapie

 

Wiesbaden (27. Juni 2013) – Trost spenden, Schmerzen lindern, Angst nehmen – das sind die Erwartungen an die Betreuung unheilbar erkrankter Menschen. Die palliative Versorgung versucht daher, Menschen in ihrer letzten Lebensphase zu unterstützen und ihre Lebensbedingungen zu verbessern. Inwieweit dabei Musik als Therapie die Lebensqualität steigern kann, haben jetzt Wissenschaftler im Auftrag des DIMDI untersucht. Sie fanden dafür jedoch nur schwache Hinweise, da bisher zu wenig verwertbare Studien vorliegen.

 

In der wissenschaftlichen Literatur werden vereinzelt Hinweise auf eine Wirksamkeit von Musiktherapie diskutiert. Um dies in der Versorgung unheilbar Kranker evidenzbasiert zu bewerten, erstellte ein Team Münchener Forscher den nun veröffentlichten HTA-Bericht (Health Technology Assessment, systematische Bewertung gesundheitsrelevanter Verfahren und Technologien). Er ist kostenfrei auf den Webseiten des DIMDI abrufbar.


Bisher nur geringe Effekte nachgewiesen

In der in ihre Untersuchung eingeschlossenen Literatur fanden die Autoren nur Hinweise auf schwache Wirkungen von Musiktherapie. So verbesserte sich in einzelnen Studien die Lebensqualität in geringem Umfang. In einer Arbeit konnten spezielle entspannungsfördernde Ansätze (Fantasiereisen mit sogenannter Theta-Musik) die Atemnot der Patienten leicht reduzieren. Generell trägt Musiktherapie zu einer größeren Entspannung und positiveren Grundstimmung bei. Bei Schmerzen sind die Ergebnisse jedoch widersprüchlich. Auch Angstgefühle verringerten sich nicht maßgeblich.


Mangelnde Studienqualität

Die für den Bericht durchgeführte systematische Literaturrecherche erbrachte lediglich sechs relevante Publikationen. Schon deshalb bewerten die Autoren daraus abgeleitete Effekte für die Musiktherapie kritisch. Auch sei die Qualität dieser Arbeiten gering: die Anzahl der Patienten ist niedrig, eine Therapie wird meist nur einmal angewendet und dauert nicht länger als eine Stunde. Zudem seien die Beobachtungszeiträume zu kurz, da die Wirksamkeit einer Behandlung nur direkt im Anschluss erfasst wird.


Großer Forschungsbedarf

Aufgrund dieser schwachen Studienlage verzichtet der Bericht auf Empfehlungen für oder gegen den Einsatz von Musiktherapie in der Palliativmedizin. Die in der wissenschaftlichen Literatur diskutierte Wirkung bildeten die Studien nur unzureichend ab. Die Autoren fordern neue, qualitativ hochwertige Studien, um klare Aussagen treffen zu können. Sie empfehlen, vor allem die Nachhaltigkeit von Effekten und spezifische Therapieansätze wie Theta-Musik zu untersuchen.


Hintergrund: Palliative Versorgung und Musiktherapie

Patienten mit schweren Erkrankungen, bei denen eine Heilung nicht mehr möglich ist, bedürfen professioneller palliativer Versorgung. Sie soll ihnen die bestmögliche Lebensqualität ermöglichen. Die Versorgung kann ambulant oder stationär durch Palliativ- und Hospizdienste oder Palliativstationen erfolgen. Die Kosten tragen i.d.R. die Kassen als Teil der Regelfinanzierung. Musik kommt meistens als Baustein eines umfassenden Therapiekonzeptes zum Einsatz. Sie soll Emotionen, Erinnerungen und Lebensfreude aktivieren und soziales Verhalten fördern. Patienten können dabei bewusst zuhören oder sich aktiv beteiligen, indem sie singen oder ein Instrument spielen.
(Musiktherapie im palliativen Setting; Dieter Korczak, Michael Schneider, Monika Wastian)


HTA-Berichte bei DAHTA

Die HTA-Berichte sind in der DAHTA-Datenbank beim DIMDI bzw. im HTA-Journal bei German Medical Science (GMS) kostenfrei als Volltext abrufbar. Für die Inhalte der HTA-Berichte sind die genannten Autoren verantwortlich. Alle durch die DAHTA beauftragten Berichte werden in einem standardisierten, anonymisierten Verfahren erstellt, um die Unabhängigkeit der Autoren zu gewährleisten.

 

 

Weitere Informationen

 

 


 

Quelle: Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI), 27.06.2013 (tB).

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