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Innerer Kompressionsstrumpf wirkt gegen Krampfadern

 

Bochum (8. Juni 2021) — Erweiterte Venen werden bei ausgeprägtem Krampfaderleiden üblicherweise entfernt oder zerstört. Wenn Betroffene später wegen Durchblutungsstörungen einen Bypass benötigen, fehlen die großen Blutgefäße dann aber als Ersatz. In einer Multicenterstudie unter Leitung von Dr. Dominic Mühlberger aus der Gefäßchirurgie der Ruhr-Universität Bochum am St. Josef Hospital prüften Forschende eine dort entwickelte gefäßerhaltende Therapie: Das Anlegen einer dünnen Ummantelung um die defekte Vene behob das Krampfaderproblem in über 95 Prozent der Fälle. Das Forschungsteam berichtet in der Zeitschrift „Journal of International Medical Research“ vom 6. April 2021.

 

Wenn das Blut im Bein versackt

Krampfadern sind mehr als nur ein kosmetisches Problem: Infolge der unansehnlichen Aussackungen können sich schwere Gesundheitsschäden wie Beingeschwüre, Thrombosen oder sogar Lungenembolien entwickeln. Die Ursache für eine Krampfadernerkrankung liegt meistens in einer Bindegewebsschwäche, die dazu führt, dass die Venenwand nachgibt und damit der Venendurchmesser wächst. Schwangerschaften oder häufiges Stehen und Sitzen begünstigen diesen Prozess.

Die Zunahme des Venendurchmessers beeinträchtigt die Funktion der Venenklappen. Die Klappensegel werden auseinandergezogen, und es entsteht ein Leck, das als Klappeninsuffizienz bezeichnet wird. Das Blut versackt im Bein und führt dort zu einem Anstieg des venösen Blutdruckes. Von dieser Klappeninsuffizienz ist am häufigsten die in der Leiste einmündende Stammvene, auch Vena saphena magna oder große Rosenader genannt, betroffen.

 

Wie eine zweite Haut

Die bisherigen Therapiekonzepte basieren auf einem radikalen Vorgehen: der Zerstörung durch Laser- oder Radiowellentherapie oder der Entfernung insuffizienter Stammvenen durch eine Stripping-Operation. „Am Klinikum der RUB haben wir mit dem Verfahren der extraluminalen Valvuloplastie eine Alternative zu den radikalen Methoden entwickelt, die einen organerhaltenden Ansatz verfolgt“, erklärt Prof. Dr. Achim Mumme, Direktor der Gefäßchirurgie. Die Reparatur der Venenklappen erfolgt über einen kleinen Schnitt in der Leiste. Wie eine zweite Haut wird ein Mantel aus hauchdünnem Polyurethan um die erweiterte Vene gelegt. Die Ummantelung wirkt als eine Art innerer Kompressionsstrumpf, der die bindegewebsschwache Vene wieder auf ihren Normaldurchmesser zurückbringt.

 

Einsatz vor allem bei Risikofaktoren für Durchblutungsstörungen

In einer Multicenterstudie überprüfte das Team die Wirksamkeit der organerhaltenden Behandlungsmethode. „Mit einer Erfolgsrate von 95,24 Prozent stellte sich die Venenreparatur mit dem neuartigen Polyurethan-Mantel als effektive Behandlungsalternative zu den radikalen Behandlungsmethoden dar“, fasst Studienleiter Dominic Mühlberger zusammen. „Ihr großer Vorteil ist, dass im Gegensatz zu den radikalen Therapieverfahren die Stammvene bei der extraluminalen Valvuloplastie erhalten bleibt.“

Das ist vor allem dann wichtig, wenn in einem späteren Lebensabschnitt Durchblutungsstörungen auftreten. In diesem Falle kann das Vorhandensein von geeignetem Bypassmaterial entscheidend sein für die Behandlungsmöglichkeiten. Die Stammvenen werden als Gefäßersatzmaterial in der Herz- und Gefäßchirurgie benötigt. Das Fehlen von geeignetem Ersatzmaterial verschlechtert die Prognose.

„Die venenerhaltende Therapie der Krampfadern sollte vor allem dann zum Einsatz kommen, wenn Risikofaktoren für die Entwicklung von Durchblutungsstörungen vorliegen, etwa Rauchen, Bluthochdruck, Zuckerkrankheit oder Fettstoffwechselstörungen“, so Mühlberger.

 

 

Originalpublikation

  • Dominic Mühlberger, Erich Brenner, Norbert Frings, Bruno Geier, Achim Mumme, Stefanie Reich-Schupke, Horst-Peter Steffen, Dietmar Stenger, Markus Stücker, Thomas Hummel: Functional repair of the great saphenous vein by external valvuloplasty reduces the vein’s diameter: 6-month results of a multicentre study, in: Journal of International Medical Research, 2021, DOI: 10.1177/03000605211014364, https://journals.sagepub.com/doi/10.1177/03000605211014364

 

 


Quelle: Ruhr-Universität Bochum, 08.06.2021 (tB).

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