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Interview mit PD Dr. med. Jörg Petersen, Universitätsklinik Hamburg‑Eppendorf (UKE), zum Thema aktuelle HCV-Therapie
Die IDEAL‑Studie hat gezeigt, dass die beiden Kombinationstherapien mit Peginterferon und Ribavirin bei der HCV‑Therapie in etwa gleich wirksam sind. Wie erklären Sie sich die trotzdem unterschiedlich hohen Marktanteile von Peglntron® I REBETOL® (essex pharma) und Pegasys® I Copegus®(Roche)?
Petersen: Die IDEAL‑Studie hat vergleichbare dauerhafte virologische Ansprechraten der beiden Kombinationstherapien mit pegyliertem Interferon und Ribavirin bei Patienten mit HCV Genotyp 1 bestätigt, was gegen eine rein rationale Begründung der unterschiedlichen Marktanteile spricht. Meiner Meinung nach handelt es sich dabei in erster Linie um ein psychologisches Problem. Der Pen ist und bleibt komplexer als die Fertigspritze.
Die Verabreichung mit dem Pen hat aber auch Vorteile: Zum einen ist der Pen sozial akzeptierter als eine Spritze, vergleichbar mit der Insulinapplikation bei Diabetes, und besonders für ehemalige Drogenkonsumenten oft die einzige Alternative. Diese Patienten wollen mit Spritzen häufig nichts mehr zu tun haben. Zum anderen ist mit dem Pen eine höhere Flexibilität bei der Hepatitis C‑Therapie gegeben: Sofern beispielsweise unter der Therapie eine Dosisreduktion aufgrund von Nebenwirkungen erforderlich wird, kann die Interferonmenge mit dem Pen in vielen Fällen individuell angeglichen werden. Das funktioniert mit der Fertigspritze nicht.
Bei welchen Patienten würden Sie generell eher dazu tendieren Peglntron® und REBETOL® einzusetzen?
Petersen: Bei Hepatitis C‑Patienten mit fortgeschrittener Leberfibrose oder gar ‑zirrhose verordne ich eher die Kombinationstherapie mit Peglntron® plus REBETOL®. In erster Linie aus dem bereits zuletzt genannten Grund: Die höhere Flexibilität durch die Möglichkeit der Dosisanpassung mit dem Pen.
Eine weitere Patientengruppe, bei der ich die Peglntron® / REBETOL®‑Kombination vorziehe, sind stark übergewichtige Patienten.
Die IDEAL‑Studie hat gezeigt, dass die Relapse‑Raten in den Peglntron®Gruppen niedriger waren: Was bedeutet das A: Für Sie? B. Für Ihre Patienten?
Petersen: Die Ergebnisse der IDEAL‑Studie haben damit gezeigt, dass bei Patienten mit HCV Genotyp 1 die Vorhersagbarkeit des Therapieerfolgs unter Peglntron® plus REBETOL® im Therapieverlauf höher bzw. zuverlässiger ist. Patienten, die in Woche 4 ein rasches virologisches Ansprechen erreichen (RVR), erlangten unter dieser Kombinationstherapie zu 92 % auch ein dauerhaftes virologisches Ansprechen (SVR) und gelten damit weitestgehend als geheilt. Die Vorhersagbarkeit ist unter Peglntron® plus REBETOL® statistisch signifikant höher. Das gilt ebenfalls für das frühe virologische Ansprechen (EVR) mit negativer HCV RNA bis Woche 12. Dass wir den Patienten zu einem so frühen Zeitpunkt mit höherer Wahrscheinlichkeit sagen können, ob sie dauerhaft ansprechen werden oder nicht, ist ein großer Vorteil ‑ vor allem im Hinblick auf die Motivation.
Viele Patienten setzen das Therapieende allerdings mit dem Ende der Medikamenteneinnahme gleich und nicht mit dem Abschluss der Follow up‑Phase 6 Monate später. Daher wird die End of Treatment Response (EOTR) von der Mehrheit der Patienten als maßgeblich erachtet. Aus diesem Grund ist bei Patienten mit HCV Genotyp 1 und EOTR die Enttäuschung nach Pegasys® / Copegus®‑Therapie ‑ wenn man von den Ergebnissen der IDEAL‑Studie ausgeht ‑ größer, denn die Studie hat eine höhere EOTR‑Rate für diese Kombination gezeigt. Leider resultiert dieser vermeintliche „Vorsprung" jedoch in einer letztendlich vergleichbaren SVR‑Rate. Das bedeutet zusammengefasst: Bei einigen Patienten werden falsche Hoffnungen geweckt, die am Ende nicht erfüllt werden.
Es ist darüber hinaus auch für uns als Ärzte sehr unangenehm, einem Patienten, der über fast ein Jahr starke Medikamente eingenommen und Nebenwirkungen in Kauf genommen hat, sagen zu müssen, dass leider alles umsonst war, weil er einen Relapse erlitten hat. Das ist ein nicht zu unterschätzendes Argument.
Wie wichtig ist die EOTR für Sie als Arzt überhaupt? Zählt nicht letztendlich die Langzeitresponse?
Petersen: Grundsätzlich zählt am meisten, was am Ende herauskommt. Für eine gute Chance auf Heilung ist es demnach am besten, wenn der Patient bereits in Woche 4 oder spätestens Woche 12 auf die Therapie ausreichend angesprochen hat, d.h. bei Bestimmung mit einem sensitiven PCR Test HCV RNA negativ wurde.
Stellen die in der IDEAL‑Studie untersuchten unterschiedlichen Dosierungen von Ribavirin in den Therapiearmen Ihrer Meinung nach die Validität der Daten in Frage? Dieser Umstand wird als Grund für die unter Peglntron® plus REBETOL® unterschiedlichen Relapse‑Raten herangezogen.
Petersen: Nein, die Validität der Studiendaten wird dadurch absolut nicht in Frage gestellt. Ribavirin wurde bei beiden Kombinationstherapien im Rahmen der Zulassungsempfehlungen dosiert. Außerdem war die Ribavirindosierung unter Peglntron® beispielsweise in der Gruppe mit den meisten Patienten (75 ‑ 85 kg) niedriger. Daher ist das Argument bezüglich der unterschiedlichen Relapse‑Raten unter Peglntron® / REBETOL® aufgrund der Ribavirindosierung meiner Meinung nach nicht schlüssig.
Wie hoch bewerten Sie den Stellenwert von klinischen Head‑to‑head‑Studien wie der IDEAL‑Studie? Sind real life‑Daten in Form von nicht interventionellen Studien (NIS) für den Praxisalltag besser?
Petersen: Phase III‑ und Phase IV‑Studien sind ausgesprochen wichtig, um die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Medikamenten zu beurteilen bzw. zu bestätigen. Das Beste, was einem Arzt bei der Verfügbarkeit von mehreren Medikamenten für eine Indikation zur objektiven Beurteilung vorliegen kann, sind Head‑to‑head‑Studien. IDEAL ist die erste Head‑to‑head‑Studie zum direkten Vergleich der Kombinationstherapien über den kompletten Therapieverlauf. Die Initiierung der Studie war wichtig und ist dem Mutterkonzern der essex pharma GmbH hoch anzurechnen. Nicht interventionelle Studien sind selbstverständlich ebenfalls wichtig, doch randomisierte Studien haben deutlich mehr Vorteile.
Die IDEAL‑Studie bietet im Vergleich zum Beispiel den Vorteil, dass die Medikamentendosierungen entsprechend ihrer Zulassung und gleichzeitig in einem kontrollierten Umfeld verabreicht wurden; ihre Ergebnisse können auch in den Praxis‑ bzw. Klinikalltag übertragen werden.
Die Ergebnisse der IDEAL‑Studie haben außerdem bestätigt, dass die aktuellen Entwicklungen in der Hepatitis C‑Therapie in die richtige Richtung gehen und die Individualisierung der Behandlung im Hinblick auf das virologische Ansprechen in den Wochen 4 und 12 sowie die Therapieadhärenz entscheidende Faktoren für die dauerhafte Eliminierung des Hepatitis C‑Virus sind.
Quelle: Pressekonferenz der Firma essex pharma zum Thema “IDEAL – Die Ergebnisse der ersten Head-to-Head-Studie zu den aktuellen Therapieregimen in der Hepatitis C: Haben PegIntron® plus Rebetol® im Vergleich die Nase vorn?” am 29.05.2008 in München (PLUS-POOL) (tB).