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Insomnietherapie ab der fünften Lebensdekade –
Brennpunkte Suchtgefahr und Hang Over
Interview mit Prof. Dr. Göran Hajak, Regensburg
Herr Prof. Hajak, immer wieder wird das Suchtpotenzial unter den konventionellen Hypnotika diskutiert. Sehen Sie hier auch für den älteren Patienten ein Risiko?
Leipzig (13. November 2009) – Prof. Hajak: Eine längere Einnahme von Schlafmitteln aus der Gruppe der Benzodiazepin-Rezeptor-Agonisten ist mit einem Risiko von Toleranz- und Abhängigkeitsentwicklung verbunden. Abhängigkeits- und Reboundsymptome bis hin zum Entzugsdelir können bei einem abrupten Absetzen des Hypnotikums auftreten. Die Gefahr ist bei älteren Patienten sogar noch größer als bei jüngeren, da die renale und hepatische Elimination vermindert und die Sensitivität des Zentralnervensystems höher ist.
Gerade für den älteren Patienten ist ein Optimum seiner kognitiven Leistungsfähigkeit wichtig. Können klassische Hypnotika aus Ihrer Sicht hier zu Einschränkungen führen?
Prof. Hajak: Klassische Hypnotika können zu Hang-over-Effekten mit Tagesmüdigkeit, Benommenheit, verminderter Aufmerksamkeit und verlängerten Reaktionszeiten führen. Dies gilt vor allem für Substanzen aus der Familie der Benzodiazepin-Rezeptor-Agonisten und einer Halbwertszeit von über vier Stunden. Zudem kann es bei diesen Substanzen durch ihre Bindung an zentralen und peripheren Rezeptoren zu einer Muskelrelaxation mit posturaler Instabilität kommen. Für ältere Patienten können diese Nebenwirkungen schwerwiegende Konsequenzen haben. So steigt das ohnehin schon hohe Sturzrisiko noch zusätzlich an. Die Beeinträchtigung der Kognition kann dazu führen, dass fälschlicherweise der Verdacht auf Demenz fällt. Eine Metaanalyse mit knapp 2.500 Patienten im Alter über 60 Jahre hat eindrucksvoll gezeigt, dass eine regelmäßige Einnahme von Benzodiazepinen nicht nur zu statistisch signifikanten, sondern auch klinisch relevanten kognitiven Beeinträchtigungen führt.(1) Das ungünstige Nutzen-/Risikoprofil spiegelt sich auch in der NNT (Number Needed to Treat) und der NNH (Number Needed to Harm) wider. Für Benzodiazepine ermittelten die Autoren eine NNT von 13 und eine NNH von sechs.(1) Das Verhältnis NNT:NNH zeigt uns, dass unerwünschte Ereignisse mehr als doppelt so häufig sind wie die erwünschte Verbesserung des Schlafes. Daher lässt sich nach aktueller Meinung ein langfristiger Einsatz von klassischen Hypnotika bei einer Hochrisikopopulation wie älteren Menschen wegen ihres Nebenwirkungsprofils nur unter einer strengen Indikation und einer engen Überwachung der Patienten rechtfertigen.
Für einen erholsamen Schlaf ist der geregelte Ablauf der Schlafphasen essentiell. Inwieweit können Schlafmedikamente die Schlafarchitektur stören?
Prof. Hajak: Der normale Schlaf umfasst mehrere, sich zyklisch wiederholende REM- und Non-REM-Schlafstadien. In diesen Stadien werden verschiedene Schlaftiefen erreicht, wobei die Phasen 1 und 2 zum Leichtschlaf und die Phasen 3 und 4 zum Tiefschlaf gezählt werden. Die beiden Tiefschlafstadien brauchen wir für die Erholung und Regeneration. Klassische Hypnotika wie Benzodiazepine und im geringeren Maße auch die so genannten Z-Substanzen können die natürliche Schlafarchitektur häufig verändern, indem sie sowohl die Tiefschlafanteile als auch die für den Traumschlaf wichtigen REM-Anteile verringern. Es wird diskutiert, ob dieses unphysiologische Schlafmuster mit den reduzierten Tiefschlafanteilen zu nicht-erholsamem Schlaf führt und sich einige Patienten daher am nächsten Morgen müde und erschöpft fühlen.
Ein neuer Ansatz in der Insomnietherapie der über 55-Jährigen steht mit dem Melatonin-Rezeptoragonisten Circadin®, einem retardierten Melatoninpräparat, zur Verfügung. Was ist das Besondere an diesem andersartigen Therapiekonzept?
Prof. Hajak: Retardiertes Melatonin imitiert bei abendlicher Einnahme die Sekretion und die Wirkung des endogenen Neurohormons. Es handelt sich also um einen physiologischen Therapieansatz. Beim schlafgesunden Menschen wird Melatonin mit Beginn der Dunkelheit von der Zirbeldrüse sezerniert. Es bindet an spezifische Rezeptoren im Nucleus suprachiasmaticus, dem Sitz der Inneren Uhr. Zum Morgen hin fällt die Melatoninproduktion wieder ab; man wacht auf. Mit dem Alter nimmt die Melatoninsynthese ab. Besonders niedrige Werte hat man bei älteren Insomniepatienten gefunden. Und genau hier können wir nun mit retardiertem Melatonin eingreifen. Die Tabletten setzen die Nacht hindurch Melatonin frei, so dass der Schlaf in gleicher Weise reguliert wird wie durch ausreichende Konzentrationen des endogenen Botenstoffs. Im Gegensatz zu Hypnotika bleibt die natürliche Abfolge der Schlafstadien erhalten. Für Verordner und Patient ist es dabei wichtig zu wissen, dass retardiertes Melatonin kein klassisches Hypnotikum ist, das eine unmittelbare Schlafinduktion bewirkt. Daher kann nicht bei allen Patienten sofort eine Normalisierung des Schlafes gemessen werden – Ziel der Behandlung mit retardiertem Melatonin ist vielmehr das Anstoßen der Inneren Uhr, um langfristig wieder einen geregelten Schlafrhythmus zu erreichen. Empfohlen wird dafür eine dreiwöchige Behandlung mit dem Präparat. Für diese Zeitdauer besteht eine Indikation zur Behandlung mit retardiertem Melatonin. So kann die Schlafqualität verbessert und der Schlaf wieder erholsam werden. Statt unter Hang-over-Effekten und Tagesmüdigkeit zu leiden, fühlen sich viele Patienten am folgenden Tag wach und leistungsfähig.
Bietet Circadin® auch hinsichtlich der besprochenen Nebenwirkungen – Suchtpotenzial, Aufmerksamkeitsstörungen, Störung der Schlafarchitektur – eine Alternative für ältere Insomniker?
Prof. Hajak: Ältere Insomniepatienten können gleich aus mehreren Gründen von retardiertem Melatonin profitieren: Zum einen kann es das altersbedingte nächtliche Melatonindefizit wieder ausgleichen, zum anderen geht die Behandlung mit einer Verbesserung der Schlafqualität und der Vigilanz am folgenden Tag einher. Studienergebnisse belegen, dass eine dreiwöchige Therapie mit dem in Deutschland zugelassenen, retardiertem Melatonin den Schlaf von über 55-jährigen Patienten verbessert, ohne Reboundinsomnien oder Entzugssymptome zu induzieren.(2) Ein Einfluss auf kognitive oder psychomotorische Fähigkeiten ist nicht zu befürchten. So zeigte eine Vergleichsstudie, dass retardiertes Melatonin keine kognitiven Nebenwirkungen hat, während nach der Einnahme von Zolpidem Einbußen der Aufmerksamkeit, des Gedächtnisses und Fahrvermögens dokumentiert wurden.(3) Aus einer polysomnographischen Studie wissen wir, dass unter retardiertem Melatonin die Schlafarchitektur und der Anteil der Tiefschlafphasen erhalten bleiben.(4) Zudem wurde gezeigt, dass die Patienten eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität erfuhren.(5)
Quellen
[1] Glass J et al. BMJ 2005; 331: 1169. Epub 2005 Nov 11.
[2[ Lemoine P et al. J Sleep Res 2007; 16: 372-380
[3] Otmani S et al. Hum Psychopharmacol Clin Exp 2008; 23: 693-705
[4] Fachinformation Circadin®, Stand: März 2009
[5] Wade et al. Curr Med Res Opin 2007; 23: 2597-2605
Quelle: Pressegespräch der Firma Lundbeck zum Thema „„Insomnietherapie ab der fünften Lebensdekade – Brennpunkte Suchtgefahr und Hang Over“ anlässlich der 17. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin in Leipzig am 13.11.2009 (Gianni Public Relations).