MEDIZIN

DOC-CHECK LOGIN

Lebertransplantationen:
Bessere Ergebnisse bei höheren Fallzahlen

 

  • In Krankenhäusern mit vielen Lebertransplantationen sind die Überlebenschancen größer. Studien zu Auswirkungen von konkret in die Versorgung eingeführten Mindestfallzahlen fehlen allerdings

 

Köln (2. Oktober 2019) — Ist die Wahrscheinlichkeit eines Behandlungserfolgs bei planbaren Operationen davon abhängig, wie häufig das Krankenhaus bzw. das Ärzteteam den Eingriff durchführt? Um diese Frage geht es in acht Prüfaufträgen zu Mindestmengen, die der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) erteilt hat. Für die zweite untersuchte Indikation, die Lebertransplantation, liegt nun der IQWiG-Bericht vor.

Danach gibt es bei Lebertransplantationen (einschließlich Teilleber-Lebendspenden) einen positiven Zusammenhang zwischen der Leistungsmenge und der Qualität des Behandlungsergebnisses: In Krankenhäusern mit höheren Fallzahlen sind die Überlebenschancen für die Transplantierten insgesamt größer. Für das Transplantatversagen zeigt sich je nach Höhe der Fallzahl ein uneinheitliches Bild. Studien zu den Auswirkungen von konkret in die Versorgung eingeführten Mindestfallzahlen gibt es nicht und konnten vom IQWiG dementsprechend nicht ausgewertet werden.

 

795 Lebertransplantationen im Jahr 2017 in Deutschland

Bei einer Lebertransplantation wird der Spenderin bzw. dem Spender das vollständige Organ oder ein Teil der Leber (bei Lebendspenden) entnommen und der Empfängerin bzw. dem Empfänger anstelle des erkrankten Organs eingesetzt. Häufigste Indikation dafür ist das chronische Leberversagen bei einer Leberzirrhose. Auch bei akutem Leberversagen, etwa durch eine Vergiftung, oder bei bösartigen Tumoren kann eine Lebertransplantation notwendig werden.

In den meisten Fällen setzt das Ärzteteam der Empfängerin bzw. dem Empfänger das Organ einer bzw. eines Verstorbenen ein. Dabei besteht die Option, das Spenderorgan auf zwei Personen aufzuteilen: Dann erhält in der Regel ein Erwachsener den größeren rechten Leberlappen und ein Kind den kleineren linken Leberlappen. Im Gegensatz zur postmortalen Spende entnehmen die Operateure den Organspenderinnen und -spendern bei der Lebendspende nur einen Teil der Leber und transplantieren diesen der Empfängerin bzw. dem Empfänger.

Im Jahr 2017 wurden in Deutschland insgesamt 795 Lebertransplantationen durchgeführt.

Trotz Einnahme von Immunsuppressiva kommt es in den ersten drei Monate nach der Transplantation bei bis zu 30 Prozent der Betroffenen zu mindestens einer akuten Abstoßungsreaktion der Spenderleber. Spätere chronische Abstoßungsreaktionen werden bei drei bis 17 Prozent der Patientinnen und Patienten beobachtet.

 

Positiver Zusammenhang zwischen Menge und Qualität

Auf Basis von sechs in die Bewertung einbezogenen Beobachtungsstudien sieht das IQWiG einen positiven Zusammenhang zwischen der Zahl der in einem Krankenhaus durchgeführten Lebertransplantationen und der Qualität des Behandlungsergebnisses. Vor allem sind die Überlebenschancen in Krankenhäusern mit höheren Fallzahlen insgesamt größer. Die Sicherheit dieser Aussage stuft das Institut wegen der eher geringen Datenqualität jedoch als niedrig ein.

Was das Transplantatversagen angeht, sehen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler (bei ebenfalls niedriger Aussagekraft der Ergebnisse) zwar einen Zusammenhang zwischen der Leistungsmenge und der Qualität des Behandlungsergebnisses auf Krankenhausebene – dieser Zusammenhang ist aber nicht linear. So sinkt die Transplantat-Abstoßungsrate in einer relevanten Studie nur bis zu einer jährlichen Fallzahl von 50 Lebertransplantationen pro Jahr, steigt dann an und sinkt ab etwa 90 Lebertransplantationen pro Jahr wieder. Sollte sich dieses Ergebnis in weiteren hochwertigen Studien bestätigen, so wären neben zu erfüllenden Mindestmengen auch jährliche Höchstmengen denkbar.

Für die definierten Zielgrößen „unerwünschte Wirkungen der Therapie“, „gesundheitsbezogene Lebensqualität“ und „Krankenhausaufenthaltsdauer“ konnte das IQWiG-Team wegen fehlender Daten keinen Zusammenhang zwischen der Zahl der Lebertransplantationen und der Behandlungsqualität ableiten. Da keine der eingeschlossenen Studien die Leistungsmengen der einzelnen Ärztinnen und Ärzte einbezogen hatte, beziehen sich die Ergebnisse des IQWiG-Berichts ausschließlich auf die Ebene der Krankenhäuser, in denen die Lebertransplantationen durchgeführt wurden.

 

Keine Aussage zur deutschen Mindestmengenregelung möglich

Die derzeit in Deutschland gültige jährliche Mindestmenge für die Lebertransplantation liegt bei 20 Behandlungen pro Krankenhausstandort (inklusive Teilleber-Lebendspenden). Dabei werden auch die Organentnahmen mitgezählt. Für die aktuelle Bewertung blieben die reinen Organentnahmen jedoch unberücksichtigt, unter anderem weil die eingeschlossenen Studien dazu keine Daten liefern.

Studien zu den Auswirkungen von konkret in die Versorgung eingeführten Mindestfallzahlen gibt es nicht und konnten vom IQWiG dementsprechend nicht ausgewertet werden.

 

Zum Ablauf der Berichtserstellung

Der G-BA hatte das IQWiG im Dezember 2018 beauftragt, den Bericht zum Zusammenhang zwischen Leistungsmenge und Behandlungsqualität von Lebertransplantationen in einem beschleunigten Verfahren als sogenannten Rapid Report zu erarbeiten. Zwischenprodukte wurden daher nicht veröffentlicht und nicht zur Anhörung gestellt. Der vorliegende Rapid Report wurde im September 2019 an den Auftraggeber geschickt.

 

Weitere Informationen

 


Quelle: Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), 02.10.2019 (tB).

Schlagwörter: , ,

MEDICAL NEWS

IU School of Medicine researchers develop blood test for anxiety
COVID-19 pandemic increased rates and severity of depression, whether people…
COVID-19: Bacterial co-infection is a major risk factor for death,…
Regenstrief-led study shows enhanced spiritual care improves well-being of ICU…
Hidden bacteria presents a substantial risk of antimicrobial resistance in…

SCHMERZ PAINCARE

Hydromorphon Aristo® long ist das führende Präferenzpräparat bei Tumorschmerz
Sorgen und Versorgen – Schmerzmedizin konkret: „Sorge als identitätsstiftendes Element…
Problem Schmerzmittelkonsum
Post-Covid und Muskelschmerz
Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln

DIABETES

Wie das Dexom G7 abstrakte Zahlen mit Farben greifbar macht…
Diabetes mellitus: eine der großen Volkskrankheiten im Blickpunkt der Schmerzmedizin
Suliqua®: Einfacher hin zu einer guten glykämischen Kontrolle
Menschen mit Diabetes während der Corona-Pandemie unterversorgt? Studie zeigt auffällige…
Suliqua® zur Therapieoptimierung bei unzureichender BOT

ERNÄHRUNG

Positiver Effekt der grünen Mittelmeerdiät auf die Aorta
Natriumaufnahme und Herz-Kreislaufrisiko
Tierwohl-Fleisch aus Deutschland nur mäßig attraktiv in anderen Ländern
Diät: Gehirn verstärkt Signal an Hungersynapsen
Süßigkeiten verändern unser Gehirn

ONKOLOGIE

Strahlentherapie ist oft ebenso effizient wie die OP: Neues vom…
Zanubrutinib bei chronischer lymphatischer Leukämie: Zusatznutzen für bestimmte Betroffene
Eileiter-Entfernung als Vorbeugung gegen Eierstockkrebs akzeptiert
Antibiotika als Störfaktor bei CAR-T-Zell-Therapie
Bauchspeicheldrüsenkrebs: Spezielle Diät kann Erfolg der Chemotherapie beeinflussen

MULTIPLE SKLEROSE

Multiple Sklerose: Aktuelle Immunmodulatoren im Vergleich
Neuer Biomarker für Verlauf von Multipler Sklerose
Multiple Sklerose: Analysen aus Münster erhärten Verdacht gegen das Epstein-Barr-Virus
Aktuelle Daten zu Novartis Ofatumumab und Siponimod bestätigen Vorteil des…
Multiple Sklerose durch das Epstein-Barr-Virus – kommt die MS-Impfung?

PARKINSON

Meilenstein in der Parkinson-Forschung: Neuer Alpha-Synuclein-Test entdeckt die Nervenerkrankung vor…
Neue Erkenntnisse für die Parkinson-Therapie
Cochrane Review: Bewegung hilft, die Schwere von Bewegungssymptomen bei Parkinson…
Technische Innovationen für eine maßgeschneiderte Parkinson-Diagnostik und Therapie
Biomarker und Gene: neue Chancen und Herausforderungen für die Parkinson-Diagnose…