IQWiG: Vorbericht zu Clopidogrel in Kombination mit ASS erschienen

Nutzen bei akutem Koronarsyndrom belegt: Herzinfarkt-Risiko sinkt

 

Berlin (23. September 2008) – Um Blutgerinnseln besser vorzubeugen, kann Patienten mit akutem Koronarsyndrom (AKS) zusätzlich zu Acetylsalicylsäure (ASS) auch der Wirkstoff Clopidogrel verordnet werden. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat nun untersucht, ob die Kombination mit Clopidogrel für diese Patienten tatsächlich einen höheren Nutzen hat als die alleinige Gabe von ASS. Am 23. September 2008 haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre vorläufigen Ergebnisse vorgelegt. Damit beginnt eine Frist von vier Wochen (22. Oktober), in der interessierte Personen und Institutionen schriftliche Stellungnahmen zum Vorbericht "Clopidogrel plus Acetylsalicylsäure bei akutem Koronarsyndrom" abgeben können.

 

Gerinnungshemmer sollen sich in ihrer Wirkung ergänzen

Clopidogrel ist ein sogenannter Thrombozytenaggregationshemmer, der ähnlich wie ASS eingesetzt wird: Er hemmt Teile des Gerinnungssystems im Blut, wodurch die Blutplättchen weniger "klumpen" (aggregieren) und Blutgerinnsel (Thrombosen) bilden können. Clopidogrel verringert damit die Gefahr von Arterienverschlüssen und beugt Herzinfarkt und Schlaganfall vor. Allerdings nimmt auch das Risiko von Blutungen zu. Da der Mechanismus, mit dem die Blutgerinnung gehemmt wird, ein etwas anderer ist als bei ASS, kann Clopidogrel in bestimmten Fällen auch zusammen mit ASS eingesetzt werden. Denn man geht davon aus, dass sich beide Arzneistoffe ergänzen und die hemmende Wirkung auf die Blutgerinnung insgesamt steigt.

 

Zugelassen ist Clopidogrel in Kombination mit ASS für Patienten mit einem akuten Koronarsyndrom (AKS). Dabei handelt es sich zum einen um Patienten mit einem akuten Herzinfarkt, der sich auch im Elektrokardiogramm (EKG) mit einer sogenannten charakteristischen Hebung der Herzstromkurve zwischen den Punkten "S" und "T" (ST-Strecken-Hebung) deutlich niederschlägt (STEMI). Zum anderen sind dies Patienten mit einer akuten schweren Durchblutungsstörung des Herzens, die aber nicht zu einem Herzinfarkt mit einer solchen "ST-Strecken-Hebung" im EKG führt. Beide Patientengruppen müssen in der Regel in einem Krankenhaus medizinisch versorgt werden.

 

Bislang unveröffentlichte Daten in die Bewertung einbezogen

Insgesamt fanden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler 7 randomisierte kontrollierte Studien, in denen der Effekt von Clopidogrel plus ASS mit einer alleinigen ASS-Behandlung bei akutem Koronarsyndrom hinsichtlich patientenrelevanter Ziele untersucht wurde. Bei zwei dieser Studien waren nicht alle nötigen Angaben verfügbar, um ihre Ergebnisse verlässlich interpretieren zu können. Sie konnten deshalb nicht in die Bewertung einbezogen werden. Darunter ist auch eine Studie (CREDO) der Firma Sanofi-Aventis, die Clopidogrel entwickelt hat und das Medikament vertreibt. Weil beide Studien aber vergleichsweise klein sind, ist nicht zu vermuten, dass sie die Schlussfolgerung des Berichts wesentlich verändern würden.

 

Von den verbleibenden 5 klinischen Vergleichen betraf nur einer das akute Koronarsyndrom ohne ST-Strecken-Hebung. Die Übrigen untersuchten Patienten mit STEMI. Für die 3 größten und wichtigsten Studien stellte Sanofi-Aventis dem IQWiG alle angeforderten Daten zur Verfügung. Damit konnten maßgebliche, bislang öffentlich nicht zugängliche Informationen in die Bewertung einfließen.

 

Patienten ohne ST-Strecken-Hebung profitieren in der Frühphase der Behandlung

Die Ergebnisse der einzigen Studie, die zum AKS ohne ST-Strecken-Hebung bewertet werden konnte, liefert Belege, dass bei einer Kombinationstherapie seltener Herzinfarkte auftreten. Dabei wurden die Patienten über 3 bis 12 Monate behandelt, im Mittel 9 Monate. Die Sterblichkeit insgesamt wird durch die zusätzliche Gabe von Clopidogrel nicht reduziert. Zugleich sind gravierende Blutungskomplikationen häufiger als bei einer ASS-Monotherapie. Wie lange die Kombinationstherapie sinnvoller Weise gegeben werden sollte, damit sie mehr nützt als schadet, lässt sich anhand der verfügbaren Daten nicht abschließend beurteilen. Hier fehlen spezielle Studien. Insgesamt scheinen die Patienten aber besonders in der Frühphase der Behandlung von der Kombination profitieren zu können.

 

Kombi-Therapie kann erneutem Herzinfarkt bei STEMI besser vorbeugen

Was das Auftreten erneuter Herzinfarkte bei Patienten mit STEMI betrifft, ist die Datenlage eindeutig: Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fanden Belege, dass die zusätzliche Gabe von Clopidogrel während des Klinikaufenthalts die Infarkt-Rate weiter senkt als ASS allein. Dass es für diese Patienten vorteilhaft ist, auch nach der Entlassung aus dem Krankenhaus beide Wirkstoffe einzunehmen, ist jedoch bislang nicht belegt. Zudem gibt es Hinweise, dass die Kombinationstherapie bei diesen Patienten auch in Hinblick auf die Schlaganfall-Prävention erfolgreicher ist.

 

Nicht eindeutig ist die Datenlage beim Aspekt "Gesamtsterblichkeit". Zwar legt eine große Studie einen Vorteil der Kombinationstherapie nahe. Es ist allerdings fraglich, ob sich die Ergebnisse dieses in China durchgeführten klinischen Vergleichs auf die hiesige Situation übertragen lassen.

 

Auch bei Patienten mit STEMI treten unter Clopidogrel häufiger Blutungskomplikationen auf, allerdings sind diese in der Regel nicht gravierend. Es gibt Hinweise, dass Patienten profitieren, wenn die Therapie spätestens 6 Stunden nach Auftreten der Symptome begonnen wird.

 

Zum Ablauf der Berichtserstellung

Die erste Version des Berichtsplans war bereits Anfang September 2005 publiziert und im Juli 2006 und Juni 2007 jeweils durch ein Amendment ergänzt worden. Nach dem Stellungnahmeverfahren wurde Ende März 2008 der überarbeitete Berichtsplan (Version 2.0) – zeitgleich mit den Stellungnahmen und deren Würdigung – im Internet veröffentlicht.

 

Zu dem jetzt vorgelegten, zusammen mit externen Sachverständigen erarbeiteten Vorbericht können interessierte Personen und Institutionen bis zum 22. Oktober 2008 schriftliche Stellungnahmen abgeben. Diese werden – wie beim Berichtsplan – gesichtet und ausgewertet. Bleiben Fragen offen, können die Stellungnehmenden zu einer mündlichen Erörterung eingeladen werden. Danach wird der Vorbericht überarbeitet und als Abschlussbericht an den Auftraggeber, den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), weitergeleitet.

 

Bereits 2006 abgeschlossen und publiziert hat das IQWiG eine Nutzenbewertung von Clopidogrel als Monotherapie im Vergleich zu ASS in der Sekundärprophylaxe vaskulärer Erkrankungen.

 


 

Quelle: Pressemitteilung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) vom 23.09.2008.

 

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