„Ich glaubte, ich wäre schuld an der Sucht meiner Mutter“

Kinder aus Suchtfamilien tragen eine Bürde aus Schuld und Scham

 

Hessische Landesstelle für Suchtfragen und Techniker Krankenkasse veröffentlichen Fotostorys für Kinder suchtkranker Eltern

 

Frankfurt am Main (14. Februar 2011) – „Sie haben sich gestritten, Sachen sind durch die Gegend geflogen, es war laut. Das ging meist bis spät in die Nacht hinein, so dass ich kaum schlafen konnte.“ Marie spricht ruhig, fast ausdruckslos, wenn sie über ihre Kindheit berichtet. Ihre Mutter ist alkoholkrank. Die 16-Jährige versucht jegliche Emotion hinter einer Maske von Coolness zu verstecken. Doch als sie weiterspricht, hört man die Trauer in ihrer Stimme. „Manchmal haben sie mich für irgendwas angegriffen, für das ich gar nicht verantwortlich war. Mit der Zeit habe ich mich in mir selber verkrochen und war immer sehr ruhig. Und immer hatte ich das Gefühl, dass ich daran schuld bin, dass meine Eltern trinken.“

 

Berichte wie dieser von Marie sind typisch für Kinder suchtkranker Eltern. "Die betroffenen Kinder wachsen in einer spannungsgeladenen Atmosphäre auf und leben in ständiger Unsicherheit, was ihre betrunkenen Eltern im nächsten Moment tun werden“, sagt Wolfgang Schmidt-Rosengarten, Geschäftsführer der Hessischen Landesstelle für Suchtfragen (HLS). Die Zahl der Kinder aus Suchtfamilien werden von Experten auf 2,6 Millionen bundesweit geschätzt. In Hessen dürften mehr als 220.000 Kinder betroffen sein. Etwa jedes sechste Kind in Deutschland wächst demnach im Schatten der Sucht auf, die meisten mit alkoholkranken Eltern, so Schmidt-Rosengarten.

 

Sehr früh übernehmen diese Kinder Verantwortung für ihre Eltern, wenn die Erwachsenen suchtbedingt ausfallen. Meist erledigen sie den Haushalt und versorgen die kleineren Geschwister. Zudem kümmern sie sich so intensiv um die Bedürfnisse ihres suchtkranken Elternteils, dass sie darüber verlernen, Kind zu sein. Auch Marie entwickelte feine Antennen und lernte, aus Stimmungen, Gesten und Nuancen abzulesen, was ihre Mutter brauchte. Vor allem spürte Marie aber eines: wann die Mutter „Nachschub“ brauchte. „Wenn man alkoholkranke Eltern hat, achtet man immer darauf, dass sie genügend Alkohol haben, damit der Pegel stabil bleibt und sie sich nicht auf einmal anders benehmen.“ Wenn es hart auf hart kam ging Marie durchaus auch einmal nachts zur Tankstelle, um Hochprozentiges für die Mutter zu besorgen.

 

„Kinder von Suchtkranken schämen sich für ihre Eltern und versuchen zugleich alles, um sie zu schützen. Niemand außerhalb der Familie soll erfahren, dass Vater oder Mutter ein Suchtproblem hat. So dürfen die Kinder oft keine Freunde mit nach Hause bringen und erzählen notfalls Lügengeschichten, um den Schein der Normalität zu wahren. Innerlich quält sie das Gefühl, anders zu sein als andere Kinder, nicht normal und nicht liebenswert zu sein“, berichtet Judith Klingelhöfer-Eckhardt von Drachenherz, einem Beratungsangebot für Kinder und Jugendliche aus suchtbelasteten Familien des Blauen Kreuzes in Marburg.

 

Eine solche Kindheit hinterlässt Spuren in den Seelen der Kinder. Jedes dritte dieser Kinder entwickelt in der Jugend oder im Erwachsenenalter eine eigene stoffliche Sucht. Ein weiteres Drittel der betroffenen Kinder zeigt psychische oder soziale Störungen. Viele Kinder, die mit süchtigen Eltern aufwachsen, suchen sich wieder einen Süchtigen als Lebenspartner und leben damit das Programm weiter, das sie bereits als Kinder verinnerlicht haben.

 

Um diesen Teufelskreis zu durchbrechen, benötigen die betroffenen Kinder Hilfe. Um ihnen dieses Ziel zu erleichtern, hat die HLS mit finanzieller Unterstützung der Techniker Krankenkasse (TK) in Hessen und fachlicher

 

Beratung durch Drachenherz in Marburg Fotostorys für Kinder und Jugendliche zwischen zwölf und 16 Jahren herausgegeben: In drei Geschichten werden Kinder und Jugendliche, die mit suchtkranken Eltern zusammenleben, durch die Protagonisten Paul, Nils und Marie altersgerecht angesprochen und über Möglichkeiten informiert, Hilfen zu erhalten.

 

„Lange Zeit erhielten Kinder aus Suchtfamilien in Deutschland wenig Aufmerksamkeit und fielen allzu oft durch die Maschen bestehender Hilfesysteme hindurch. Wir sind froh, dass wir durch die Kooperation mit der HLS einen Beitrag leisten können, mit dem wir die schlimme Situation für die betroffenen Kinder verbessern können“, so Dr. Barbara Voß, Leiterin der TK-Landesvertre­tung in Hessen.

 

Die Broschüren können kostenlos in der HLS angefordert werden. Auf den Internetseiten der HLS und der TK in Hessen stehen sie zudem zum Download bereit.

 

Internet: www.hls-online.org  und www.tk.de  

 

 

Download

 

 

 

 

 


Quelle: Techniker Krankenkasse, Landesvertretung Hessen, 14.02.2011 (tB).

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