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Knochenarbeit. Photo: TU-Pressestelle/DahlKnochenarbeit

Wissenschaftler forschen an stabilen Implantaten, die der Körper wieder abbauen kann

 

Berlin (2. August 2011) – Menschliche Knochen sind Regenerationswunder. Nach einem Bruch wachsen sie ohne Narbenbildung wieder zusammen. Überschreitet der Knochendefekt allerdings eine kritische Größe, ist die moderne Medizin gefordert. „In der Regel wird heute ein Implantat eingesetzt, das die Knochenenden verbindet und dadurch das knochenbildende System stimuliert“, weiß Professor Helmut Schubert vom Institut für Werkstoffwissenschaften und Technologien der TU Berlin. „Häufig wird dazu ein speziell gereinigter Rinderknochen benutzt.“

 

Doch jedes noch so gute Implantat hat einen entscheidenden Nachteil: Es verhält sich im Körper immer anders als der menschliche Knochen. „Die Steifheit des Materials ist anders und damit auch die Regeneration des beschädigten Knochens“, so Schubert. In vielen Fällen muss es nach der Heilung auch wieder entfernt werden. „Unser Ziel ist ein bioaktives Implantat, das dem körpereigenen Knochen möglichst ähnlich ist. Zusätzlich soll es im gleichen Tempo abgebaut werden, in dem neues, körpereigenes Knochengewebe entsteht.“

„Knochen bestehen im Wesentlichen aus Kollagen, einem Eiweiß, Hydroxylapatit, einem Mineral, und Wasser. Zusammen formen diese Substanzen die mineralisierten Kollagenfibrillen und das Mineral um die Kollagenfibrillen, aus denen Knochen hauptsächlich aufgebaut sind“, so Rosali Möllmann, wissenschaftliche Mitarbeiterin von Helmut Schubert. Kommt es zu einem Bruch, wird eine so genannte Entzündungskaskade ausgelöst. Bei einer Fraktur zerreißen immer auch Gefäße, so dass eine Blutung entsteht. Dieses Frakturhämatom und die Gewebetrümmer lösen eine Entzündungsreaktion aus, die die erste Phase der Heilung einleitet. Spezifische Botenstoffe locken weitere Zellen, darunter auch Stammzellen, in diesen Bereich. Bereits acht Stunden nach der Fraktur ist die Zellteilungsrate im Knochen deutlich erhöht. Sind die Bruchenden zu weit voneinander entfernt oder gegeneinander beweglich, unterbleibt die Stimulierung des knochenbildenden Systems. In diesen Fällen setzen die Mediziner in die Lücke zwischen den Bruchenden ein Implantat ein, das dann die Entzündungskaskade stimuliert: Osteoblasten, Zellen aus der inneren Knochenhaut, die für die Neubildung von Knochen zuständig sind, besiedeln den Knochenersatz.

„Wir arbeiten an einem Material, das in seiner Festigkeit und Chemie der Knochentextur ähnelt und ein Porennetzwerk hat, damit Zellen und Blutgefäße in das Implantat einwandern können. Die jeweilige Porengröße muss dafür eine kritische Größe von 0,2 Millimetern überschreiten. Die verwendeten Materialien dürfen nicht toxisch und das Material muss vom Körper abbaubar sein“, nennt Rosali Möllmann nur einige der wichtigsten Anforderungen an den neuen Werkstoff.

Die Arbeitsgruppe experimentiert dazu mit einer Emulsion aus Substanzen, die auch im menschlichen Knochen vorkommen: Wasser, Öl, Hydroxylapatit und Gelatine, als vorläufiger Ersatz für Kollagen. Diese Substanzen werden zu einer flüssigen Mischung verrührt, einer Emulsion. Öltropfen sind gleichmäßig fein in der wässrigen Lösung verteilt. Emulgatoren, Substanzen die zwei nicht miteinander mischbare Flüssigkeiten in einer stabilen Mischung halten, unterstützen diese Öl-in-Wasser-Emulsion. „Der eingesetzte Emulgator und die Rührgeschwindigkeit haben unmittelbaren Einfluss auf die Öl-Tropfengröße und -verteilung. Die Größe der einzelnen Öltropfen bestimmt wiederum die spätere Porengröße des Implantats“, so Almuth Berthold, wissenschaftliche Mitarbeiterin. Die Emulsion kann in beliebige Formen gegossen werden. Nach dem Erkalten wird sie gefriergetrocknet, respektive entwässert, sowie der Ölanteil entfernt. Übrig bleibt ein poröser Feststoff aus Hydroxylapatit und Protein, der von einem Porensystem durchzogen ist.

„Das Besondere an diesem Implantat ist die flexible Herstellung: Durch Veränderungen des Ölanteils oder der Rührintensität können wir Anzahl und Größe der Poren regulieren. Die Festigkeit lässt sich über die Menge an Hydroxylapatit bestimmen“, so Berthold. Im Idealfall ließe sich so ein vollständig individualisierbares Implantat herstellen.

 

Katharina Jung

 

 


Quelle: Technische Universität Berlin, 02.08.2011 (tB).

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