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Kongress-Bericht DGVS 2015

Kinder, Jugendliche und erwachsene Morbus-Crohn-Patienten mit Prädiktoren für einen schweren Verlauf profitieren von einer frühen Immunsuppression

 

Leipzig (18. September 2015) – Morbus-Crohn-Patienten im Kindes- und Jugendalter, bei denen initial oder im Verlauf Prädiktoren auf einen ungünstigen Verlauf hinweisen, sollten frühzeitig immunsuppressiv behandelt werden, da ohne eine frühzeitige effektive Therapie Wachstums- und Entwicklungsstörungen drohen. Auch bei erwachsenen Patienten, bei denen Prädiktoren auf einen schweren Krankheitsverlauf hindeuten, sollte die Einleitung einer immunsuppressiven Therapie frühzeitig in Betracht gezogen werden. Im Rahmen des Symposiums Herausforderungen in der Therapie der chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen* unter dem Vorsitz von Professor Dr. Stefan Schreiber erläuterten Professor Dr. Michael Radke und Dr. Dominik Bettenworth neben Gemeinsamkeiten und Unterschieden in der Behandlung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen auch den optimalen Transitionsprozess bei Jugendlichen.

Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED) werden in ca. 20% der Fälle bereits im Kindes- und Jugendalter diagnostiziert.1 Nach Auswertungen des deutschen Registers CEDATA-GPGE für Kinder und Jugendliche mit CED ist fast jeder vierte Patient bei Diagnose jünger als 10 Jahre.1 Die Mehrheit der pädiatrischen CED-Patienten leidet unter einem Morbus Crohn, der oftmals komplizierter verläuft als bei Erwachsenen.1,2 „Je jünger ein Patient, desto aggressiver ist die Erkrankung“, so Professor Dr. Michael Radke, Direktor der Universitäts-Kinder- und Jugendklinik Rostock und Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Klinikum Westbrandenburg in Potsdam. Bei Kindern und Jugendlichen ist die frühzeitige Diagnose und zielgerichtete Therapie des Morbus Crohn von großer Bedeutung, da ansonsten die körperliche und psychosoziale Entwicklung gefährdet ist und langfristige Komplikationen auftreten können.3-5 Wachstumsstörungen treten bei Kindern, unter anderem aufgrund einer Mangelernährung, häufig auf.4,5 Ziel der Therapie bei pädiatrischen Patienten ist daher – neben der Induktion und Erhaltung der Remission – auch die Herstellung einer anabolen Ernährungssituation und das Verhindern von Wachstums- und Pubertätsstörungen. „Eine Steroid-Dauertherapie hat einen zusätzlichen wachstumshemmenden Effekt. Daher sollten Steroide wenn möglich nur einmalig und kurzzeitig eingesetzt werden“, so Radke. Dem entgegen zeigen Studien, dass bei Kindern mit mittelschwerem bis schwerem aktiven Morbus Crohn mittels immunsuppressiver Therapie mit einem TNF-α-Inhibitor ein Aufholwachstum erreicht werden kann.6,7 Eine Besonderheit der Initialtherapie von Morbus Crohn bei Kindern und Jugendlichen ist die Ernährungstherapie, die alternativ oder ergänzend zu Kortison eingesetzt wird. „Mit einer Ernährungstherapie kann, wie unter Kortison, eine klinische Remission erreicht werden“, erläuterte Radke.


Prädiktoren für einen ungünstigen Verlauf sind bedeutend für die Therapieentscheidungen

Durch eine frühzeitige und möglichst anhaltende Entzündungskontrolle kann der Krankheitsverlauf günstig beeinflusst werden. Bei Heranwachsenden mit Prädiktoren für einen ungünstigen Verlauf (predictors of poor outcome, POPO) initial oder im Verlauf sollte eine frühe Immunsuppression zum Einsatz kommen. Zu diesen Prädiktoren zählen häufige Schübe (> 2 Schübe pro Jahr), wiederholte Schübe in kurzer Folge, eine chronische Aktivität, ein Wachstumsstillstand, eine Pubertätsverzögerung (Pubertas tarda), eine initiale Perianalpathologie sowie Fisteln.8,9 „Bei diesen Patienten im Kindes- und Jugendalter sollte man primär aggressiv behandeln, nicht nur mit Immunsuppression, sondern auch mit Ernährungssupport, und gegebenenfalls einen Chirurgen hinzuziehen“, so Radke. Bei Patienten mit Prädiktoren für einen ungünstigen Verlauf setzt Radke initial auf eine duale Therapie aus Azathioprin und Biologikum. Die Wirksamkeit und Sicherheit von Biologika bei Kindern und Jugendlichen wurde in Zulassungsstudien gezeigt. So wurde in der IMAgINE-Studie die Wirksamkeit und Sicherheit des TNF-α-Inhibitors Adalimumab bei Patienten im Alter von 6 – 17 Jahren mit mittelschwerem bis schwerem, aktiven Morbus Crohn untersucht. Eingeschlossen waren Patienten im Alter von 6-17 Jahren mit mittelschwerem bis schwerem aktivem Morbus Crohn trotz Behandlung mit oralen Kortikosteroiden und/oder Immunsuppressiva. Zu Woche 4 der Therapie erreichten 82,4% der Patienten ein initiales klinisches Ansprechen, 27,7% befanden sich zu diesem Zeitpunkt bereits in klinischer Remission.7


Optimale Transition erfordert Zusammenarbeit von Kinder- und Erwachsenengastroenterologen

Radke erläuterte daneben den optimalen Transitionsprozess bei Jugendlichen. Die Transition ist definiert als ein geplanter, zielgerichteter Übergang eines Jugendlichen mit einer chronischen Krankheit von pädiatrischen zu Erwachsenenversorgungssystemen.10 „Die primäre Verantwortung für die Steuerung des Transitionsprozesses liegt beim Kindergastroenterologen“, so Radke. Der Experte empfahl unter anderem eine Sechs-Augen-Sprechstunde, bei der der Patient persönlich direkt an den Erwachsenengastroenterologen übergeben wird. Zu den wichtigsten Aufgaben des Pädiaters zähle die Erstellung einer strukturierten Epikrise – diese müsse vom Erwachsenengastroenterologen eingefordert werden. „Zudem ist vom Erwachsenengastroenterologen Offenheit und Interesse an der Betreuung adoleszenter Patienten gefordert“, so Radke weiter.


Erwachsene Patienten profitieren ebenfalls von einer frühen Immunsuppression

„Auch bei Erwachsenen mit Morbus Crohn ist die Analyse von Verlaufsprädiktoren entscheidend für das Therapiemanagement“, sagte Dr. Dominik Bettenworth, Oberarzt der Medizinischen Klinik B, CED-Ambulanz, Universitätsklinikum Münster. Zu diesen Prädiktoren gehören u.a. ein Erkrankungsbeginn im Alter unter 40 Jahren, ausgedehnter oder perianaler Befall, erhöhte Werte des C-reaktiven Proteins (CRP), tiefe Kolonulzera und (postoperativer) Nikotinabusus.9,11-14 Laut der aktualisierten DGVS-S3-Leitlinie „Diagnostik und Therapie des Morbus Crohn“ 2014 sollte bei Patienten mit Prädiktoren für einen ungünstigen Verlauf die Einleitung einer immunsuppressiven Therapie frühzeitig in Betracht gezogen werden.9 Für den Nutzen einer Strategie mit früher Immunsuppression spricht die REACT-Studie (Randomised Evaluation of an Algorithm for Crohn’s Treatment) mit fast 2.000 Patienten mit aktivem Morbus Crohn. Die REACT-Studie vergleicht ein konventionelles Therapiemanagement (sequenzielle Anwendung von Steroiden, Azathioprin/Methotrexat und TNF-Inhibitoren) mit dem frühen Einsatz kombinierter Immunsuppression mit TNF-α-Inhibitoren sowie einer Dosissteigerung des TNF-α-Inhibitors bei ausbleibender Remission. Durch die frühe kombinierte Immunsuppression konnte das Risiko für eine Klinikeinweisung, Operation oder Komplikation im Vergleich zum konventionellen Vorgehen signifikant um gut ein Viertel gesenkt werden (HR 0,73; p<0,001).15


Über AbbVie

AbbVie (NYSE:ABBV) ist ein globales, forschendes BioPharma-Unternehmen. Mission von AbbVie ist es, mit seiner Expertise, seinem einzigartigen Innovationsansatz und seinen engagierten Mitarbeitern neuartige Therapien für einige der komplexesten und schwerwiegendsten Krankheiten der Welt zu entwickeln und bereitzustellen. Zusammen mit seiner hundertprozentigen Tochtergesellschaft Pharmacyclics beschäftigt AbbVie weltweit mehr als 28.000 Mitarbeiter und vertreibt Medikamente in mehr als 170 Ländern. In Deutschland ist AbbVie an seinem Hauptsitz in Wiesbaden und seinem Forschungs- und Produktionsstandort in Ludwigshafen vertreten. Insgesamt beschäftigt AbbVie Deutschland rund 2.400 Mitarbeiter. Weitere Informationen zum Unternehmen finden Sie unter www.abbvie.com und www.abbvie.de. Folgen Sie @AbbVie auf Twitter oder besuchen Sie unsere Karrie
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Websites

 

Anmerkung

 

  • *AbbVie-Symposium „Herausforderungen in der Therapie der chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen” im Rahmen der 70. Jahrestagung der DGVS (Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten e.V.) 2015


QuellenBuderus S et al. Dtsch Arztebl Int. 2015;112:121-7

  1. Van Limbergen J et al. Gastroenterology. 2008 Oct;135(4):1114-22.
  2. Vernier-Massouille G et al. Gastroenterology. 2008 Oct;135(4):1106-13.
  3. Walters TD, Griffiths AM. Nat Rev Gastroenterol Hepatol. 2009 Sep;6(9):513-23.
  4. Ezri J et al. Digestion. 2012;85(4):308-19.
  5. Hyams J et al. Gastroenterology. 2007 Mar;132(3):863-73; quiz 1165-6.
  6. Hyams JS et al. Gastroenterology. 2012 Aug;143(2):365-74.e2.
  7. Ruemmele FM et al. J Crohns Colitis. 2014 Oct 1;8(10):1179-1207.
  8. Preiß JC et al. Z Gastroenterol. 2014 Dec;52(12):1431-84.
  9. Blum RW et al. J Adolesc Health. 1993 Nov;14(7):570-6.
  10. Beaugerie L et al. Gastroenterology. 2006 Mar;130(3):650-6.
  11. Loly C et al. Scand J Gastroenterol. 2008 Aug;43(8):948-54.
  12. Allez M et al. Am J Gastroenterol. 2002 Apr;97(4):947-53.
  13. De Cruz P et al. Lancet. 2015 Apr 11;385(9976):1406-17.
  14. Khanna R et al. Lancet. 2015 Sep 2. pii: S0140-6736(15)00068-9.


Quelle: AbbVie Deutschland GmbH & Co.KG, 18.09.2015 (tB).

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