MEDIZIN

DOC-CHECK LOGIN

Krankenhauskeime mit UVC-Leuchtdioden bekämpfen

 

  • Mit einem neu entwickelten LED-Strahler aus dem Ferdinand-Braun-Institut sollen Mikroorganismen mit ultrakurzwelligem UV-Licht abgetötet werden – ohne Nebenwirkungen.

 

Berlin (25. Mai 2020) – Laut Robert-Koch-Institut kommt es in Deutschland pro Jahr zu 400.000 bis 600.000 Infektionen mit Krankenhauskeimen – etwa 10.000 bis 20.000 Menschen sterben daran (https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Krankenhausinfektionen-und-Antibiotikaresistenz/FAQ_Liste.html). Da multiresistente Erreger (MRE) oft nicht mit Antibiotika behandelt werden können, sind alternative Ansätze gefragt. Ein aussichtsreiches physikalisches Wirkprinzip ist die Bestrahlung mit UVC-Licht. Damit lassen sich Mikroorganismen abtöten, ohne dass sich Resistenzen entwickeln können.

Im Rahmen ihres Joint Lab GaN Optoelectronics haben das Ferdinand-Braun-Institut, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik (FBH) und die Technische Universität Berlin (TU) LEDs im fernen ultravioletten (UV) Spektralbereich entwickelt. Die LEDs emittieren bei Wellenlängen um 230 nm und liefern mehr als ein Milliwatt Ausgangsleistung. Derartige UVC-LEDs sind wegen der technologischen Herausforderungen des verwendeten Materialsystems Aluminium-Galliumnitrid (AlGaN) bislang weltweit kommerziell nicht verfügbar. Ihr Licht dringt aufgrund der hohen Absorption nicht in die lebenden Schichten der Haut ein. Es wird daher erwartet, dass die Haut – anders als bei langwelliger UVC-Strahlung, wie sie etwa Quecksilberdampflampen emittieren – nicht oder so wenig geschädigt wird, dass die natürlichen Reparaturmechanismen die Einwirkung kompensieren. Damit, so die Hoffnung der Forscher, könnten MRE ohne nachhaltige Nebenwirkungen abgetötet werden. Im Rahmen des VIMRE-Projekts (Verhinderung der Infektion mit multiresistenten Erregern über in-vivo UVC-Bestrahlung) hat das FBH einen Strahler mit einem Array aus 118 dieser LEDs auf einer Fläche von 8 cm x 8 cm entwickelt und hergestellt. Er erreicht eine maximale Strahlungsleistung von 0,2 mW/Quadratzentimeter mit mehr als 90% Uniformität über eine Fläche von 6 cm x 6 cm. Der erste Prototyp wurde an die Klinik für Dermatologie der Charité – Universitätsmedizin Berlin für Untersuchungen an Haut geliefert. Ein weiteres Gerät geht demnächst an das Institut für Hygiene und Umweltmedizin der Universitätsmedizin Greifswald, um die mikrobizide Wirkung zu klären. VIMRE wird im Rahmen des Konsortiums „Advanced UV for Life“ im Programm Zwanzig20 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.


Prototypen sollen Verfahren validieren


Tests der beiden Projektpartner mit diesen Geräten sollen zeigen, dass sich UVC-Strahlung eignet, um Mikroorganismen und insbesondere MRE abzutöten (Eradizierung). Gleichzeitig soll nachgewiesen werden, dass diese für den Menschen unbedenklich ist, solange bestimmte Strahlendosen eingehalten werden. Dies wird anhand von Gewebeproben menschlicher Haut sowie an Haut- und Schleimhautmodellen überprüft, da der bevorzugte Lebensraum von Mikroorganismen wie MRE die vordere Nasenhöhle und der Rachenraum sind. Die Charité führt dazu dosisabhängige Untersuchungen möglicher DNS-Schäden an bestrahlter Haut durch. Die Universitätsmedizin Greifswald ermittelt, wie effektiv der UV-LED-Strahler multiresistente Erreger bei 230 nm abtötet und vergleicht die Werte mit denen von UV-Lampen bei 254 nm und 222 nm.


Miniaturisierung und weitere Einsatzmöglichkeiten – ein Ausblick


LEDs haben vielfältige Vorteile und eröffnen weitere Perspektiven: Sie sind besonders klein und ermöglichen daher miniaturisierte Strahler. Diese könnten endoskopisch in Körperöffnungen oder als Handgeräte verwendet werden. Auch geben sie nur wenig Wärme ab und belasten die Haut kaum. Zudem kommen sie ohne Hochspannung aus – ein wichtiger Sicherheitsaspekt, da sie an Menschen eingesetzt werden. Der UV-LED-Strahler soll später so weiterentwickelt werden, dass Erreger an schwer zugänglichen Stellen beseitigt werden können. Interessant könnte das Gerät auch für Coronaviren sein, da Viren ebenfalls durch kurzwelliges UVC-Licht inaktiviert werden. Weil sich SARS-CoV-2 in der ersten Phase im Rachenraum vermehrt, liegt es nahe, entsprechende Strahler dort einzusetzen, um einer COVID-19-Erkrankung vorzubeugen.

 

Abb.: Prototyp des UVC-LED-Strahlers mit 118 LEDs – damit sollen Keime auf der Haut abgetötet werden. Das Inset zeigt einen Ausschnitt des LED-Arrays. Photo: FBH/P. Immerz

 


Quelle: Forschungsverbund Berlin e.V., 25.05.2020 (tB).

Schlagwörter: ,

MEDICAL NEWS

IU School of Medicine researchers develop blood test for anxiety
COVID-19 pandemic increased rates and severity of depression, whether people…
COVID-19: Bacterial co-infection is a major risk factor for death,…
Regenstrief-led study shows enhanced spiritual care improves well-being of ICU…
Hidden bacteria presents a substantial risk of antimicrobial resistance in…

SCHMERZ PAINCARE

Hydromorphon Aristo® long ist das führende Präferenzpräparat bei Tumorschmerz
Sorgen und Versorgen – Schmerzmedizin konkret: „Sorge als identitätsstiftendes Element…
Problem Schmerzmittelkonsum
Post-Covid und Muskelschmerz
Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln

DIABETES

Wie das Dexom G7 abstrakte Zahlen mit Farben greifbar macht…
Diabetes mellitus: eine der großen Volkskrankheiten im Blickpunkt der Schmerzmedizin
Suliqua®: Einfacher hin zu einer guten glykämischen Kontrolle
Menschen mit Diabetes während der Corona-Pandemie unterversorgt? Studie zeigt auffällige…
Suliqua® zur Therapieoptimierung bei unzureichender BOT

ERNÄHRUNG

Positiver Effekt der grünen Mittelmeerdiät auf die Aorta
Natriumaufnahme und Herz-Kreislaufrisiko
Tierwohl-Fleisch aus Deutschland nur mäßig attraktiv in anderen Ländern
Diät: Gehirn verstärkt Signal an Hungersynapsen
Süßigkeiten verändern unser Gehirn

ONKOLOGIE

Strahlentherapie ist oft ebenso effizient wie die OP: Neues vom…
Zanubrutinib bei chronischer lymphatischer Leukämie: Zusatznutzen für bestimmte Betroffene
Eileiter-Entfernung als Vorbeugung gegen Eierstockkrebs akzeptiert
Antibiotika als Störfaktor bei CAR-T-Zell-Therapie
Bauchspeicheldrüsenkrebs: Spezielle Diät kann Erfolg der Chemotherapie beeinflussen

MULTIPLE SKLEROSE

Multiple Sklerose: Aktuelle Immunmodulatoren im Vergleich
Neuer Biomarker für Verlauf von Multipler Sklerose
Multiple Sklerose: Analysen aus Münster erhärten Verdacht gegen das Epstein-Barr-Virus
Aktuelle Daten zu Novartis Ofatumumab und Siponimod bestätigen Vorteil des…
Multiple Sklerose durch das Epstein-Barr-Virus – kommt die MS-Impfung?

PARKINSON

Meilenstein in der Parkinson-Forschung: Neuer Alpha-Synuclein-Test entdeckt die Nervenerkrankung vor…
Neue Erkenntnisse für die Parkinson-Therapie
Cochrane Review: Bewegung hilft, die Schwere von Bewegungssymptomen bei Parkinson…
Technische Innovationen für eine maßgeschneiderte Parkinson-Diagnostik und Therapie
Biomarker und Gene: neue Chancen und Herausforderungen für die Parkinson-Diagnose…