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Künstliche Hüftgelenke
Feinjustierung im OP
Chemnitz (3. Dezember 2018) – Nach dem Einsatz eines neuen Hüftgelenks kann es passieren, dass das Bein nicht mehr die ursprüngliche Länge hat. Mögliche Folge sind Probleme mit der Wirbelsäule. Mit einem neuen Verfahren lässt sich die Beinlänge künftig während der Operation genau justieren.
Der Einsatz künstlicher Hüftgelenke ist heute Routine. In Deutschland werden pro Jahr rund 210 000 Hüftprothesen implantiert. Dabei kommt es immer wieder vor, dass das betroffene Bein nach der Operation kürzer oder länger ist als zuvor. Eine Abweichung von weniger als einem Zentimeter wird vom Körper in der Regel toleriert. Ist der Unterschied größer, muss der Patient Schuheinlagen tragen, um die Schiefstellung auszugleichen und Rückenschmerzen vorzubeugen.
Das Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU hat gemeinsam mit Partnern aus Forschung und Industrie eine Lösung für das Problem gefunden. »Das neue Verfahren ruht auf drei Säulen: einem optischen System zur Messung der Beinlänge, einem modularen Implantat und einer OP-Planungssoftware«, erklärt Dr. Ronny Grunert von der Abteilung Medizintechnik am IWU.
Die Beinlängenmessung findet im OP direkt vor der Operation statt. Dazu befestigt der Arzt auf dem Schienbein des liegenden Patienten ein Kunststoffkästchen, auf dem sich optische Marker befinden. Dann fasst der Arzt das überstreckte Bein an der Ferse und bewegt es nach oben. Bei dieser Bewegung beschreiben die optischen Marker auf dem Schienbein des Patienten eine Kreisbahn, die von einer 3D-Kamera erfasst wird. Im Prinzip funktioniert die Messung wie ein Zirkel. Das Hüftgelenk, um das das Bein rotiert, wäre die Nadel des Zirkels. Die optischen Marker entsprächen dem Bleistift. Nach dem probeweisen Einbau des Implantats erfolgt die zweite Messung. Eine Software vergleicht die beiden Kreisbahnen und stellt fest, ob das Bein ebenso lang ist wie vor dem Eingriff. Sollte es Differenzen geben, muss die Länge reguliert werden.
Hüftschaft und Prothesenhals nach Wahl
»Um das künstliche Hüftgelenk während der Operation optimal an den Patienten anpassen zu können, haben wir mit unseren Partnern ein modulares Konzept entwickelt«, verdeutlicht Ronny Grunert. Statt vorgefertigter Implantate in verschiedenen Größen gibt es ein Baukastensystem. Daraus kann der Arzt individuell den passenden Hüftschaft sowie den richtigen Prothesenhals auswählen. Während der Operation setzt er den Hüftschaft ein und verbindet ihn über eine spezielle Schraubverbindung mit dem Prothesenhals. Über diese Schraubverbindung lässt sich die Beinlänge nach der Messung genau einstellen. Falls nötig kann auch ein anderer Prothesenhals gewählt werden.
Die dritte Säule des neuen Verfahrens, die OP-Planungssoftware, unterstützt den Arzt bei der Auswahl der passenden Prothese. Priv.-Doz. Dr. Torsten Prietzel, der medizinische Leiter des Netzwerks Endoprothetik und Chefarzt an der Helios Klinik Blankenhain, testet die Software bereits in der Praxis. Auch die modularen Implantate und das Beinlängenmesssystem befinden sich noch in der Testphase. Ronny Grunert schätzt, dass das gesamte Verfahren in zwei Jahren zur Verfügung steht.
Abb.: Bei dem modularen Hüftimplantat lassen sich Hüftschaft und Prothesenhals individuell an den Patienten anpassen. © Fraunhofer IWU
Quelle: Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU, 03.12.2018 (tB).