Länger zuhause wohnen – „JUTTA“ erprobt Pflege der Zukunft

Abb.: Menschliche Wärme und technische Unterstützung gehören in der Wohngruppe der ALPHA gGmbH zusammen Gelsenkirchen (20. Juli 2009) – Das Sozialwerk St. Georg setzt in einem Projekt mit Unterstützung des Bundesforschungsministeriums und technischen Hilfen auf individuelle und zeitlich flexible Pflege zuhause. / Vorstandssprecher Dieter Czogalla: „Ambulante Betreuung in den eigenen vier Wänden heißt weiterhin selbstbestimmt leben.“
Hin und wieder vergisst Elisabeth Reuters (Name geändert), den Herd abzustellen. Wenn sie nachts auf die Toilette muss, kann sie den Lichtschalter nicht finden. Auch weiß die 85-Jährige oft nicht mehr, wie alt sie ist. Die ältere Dame leidet an Demenz – einer Krankheit, die sich nicht nur durch zunehmende Vergesslichkeit, sondern auch durch Orientierungslosigkeit äußert, die zu gefährlichen Stürzen führen kann.

Trotz dieser Probleme lebt Elisabeth Reuters nicht in einem Pflegeheim sondern in einer Wohngemeinschaft für Menschen mit Demenzerkrankung, die ambulant betreut wird. Die WG ist eine Modelleinrichtung der ALPHA gGmbH, einer Tochter des Sozialwerks St. Georg. „Unser Grundsatz lautet ‚ambulant vor stationär’“, betont Vorstandssprecher Dieter Czogalla. „Wir möchten dafür sorgen, dass ältere Menschen länger selbstbestimmt leben können.“

Ein Ziel, das auch die Duisburger Wohngemeinschaft verfolgt. Das Besondere an dieser WG: Menschliche Betreuung und technische Unterstützungsleistungen gehen hier erstmals Hand in Hand. So gibt es zum Beispiel eine automatische Herdabschaltung oder Notrufsignale an den Türen, die die Mitarbeitenden über Telefon informieren, wenn einer der Bewohner plötzlich das Haus verlässt. „Durch die ambulante Betreuung können wir die Kompetenzen der Bewohnerinnen und Bewohner erhalten und fördern.“ erklärt ALPHA-Prokuristin Heike Perszewski.

Wie Personal und Bewohner mit der technischen Unterstützung im Alltag zurecht kommen, ist für das Sozialwerk St. Georg auch ein wichtiges Untersuchungsfeld: Gemeinsam mit verschiedenen Partnern beschäftigt sich die ALPHA gGmbH im Rahmen des Forschungsprojektes „JUsT-in-Time-Assistance“ (JUTTA) als Konsortialführerin mit der Frage, wie Technik in der ambulanten Pflege sinnvoll eingesetzt werden kann.

„Der demografische Wandel führt dazu, dass es in der Zukunft immer mehr ältere Menschen und einen großen Mangel an qualifizierten Pflegekräften geben wird“, erklärt Juliane Salehin, Koordinatorin des Forschungsprojektes. Die „JUsT-in-Time-Assistance“ solle dabei helfen, Unterstützungs- und Pflegeleistungen zu individualisieren und an dem aktuellen Betreuungsbedarf zu orientieren.

„Die zentrale Frage ist, ob die aktuelle Betreuung ausreicht, oder ob ein Mensch vielleicht noch mehr oder andere Unterstützung braucht“, erklärt Salehin. Um dies herauszufinden sollen zukünftig Sensoren, die an den Betten, auf dem Boden oder gar im Kühlschrank angebracht werden können, Informationen über das Verhalten der Klientinnen und Klienten geben. „Auf diese Weise können wir früh erkennen, wenn jemand kaum mehr sein Bett verlässt, nur noch wenig isst oder gar gestürzt ist“, betont die Projektleiterin. Dies ermögliche dem Pflegedienst, seine Tourenplanung den neuen Bedürfnissen zeitnah anzupassen oder im Notfall sofort zu reagieren – „Just in time“, also rechtzeitig.

Eine weitere Komponente des Betreuungskonzeptes, dessen Entwicklung das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit einem Volumen von rund 1,1 Millionen Euro fördert, ist die so genannte „Quartiersversorgung“. „Studien bestätigen, dass Menschen möglichst lange in ihrer vertrauten Umgebung bleiben möchten“, erklärt Salehin. Daher seien quartiersbezogene Wohnungsangebote, Pflege- und Betreuungsleistungen wichtige Bausteine von JUTTA.

Ziel ist es laut Werner Piekarek, Geschäftsführer der ALPHA gGmbH, erstmals ein umfassendes Geschäftsmodell zu entwickeln, in dem verschiedene Akteure wie zum Beispiel Pflege- und medizinisches Personal, aber auch Ehrenamtliche, Nachbarn und Angehörige eine Rolle spielen. „Wenn wir mithilfe der Sensortechnik sehen, dass eine ältere Dame den überwiegenden Teil des Tages im Bett liegt, kann das ein Fall für den Arzt sein“, so Piekarek. „Es wäre aber auch möglich, dass sie sich einsam fühlt – dann sollte man besser einem Angehörigen Bescheid geben.“

Die verschiedenen Informationen, die die eingesetzten Technologien über einen Menschen geben, richtig zu interpretieren ist somit eine große Herausforderung für das Forschungsteam. Denn nur so kann gewährleistet werden, dass die Technik den Klienten wirklich nützt. „Ausgangspunkt ist für uns immer der Mensch: Nicht die technischen Errungenschaften stehen im Fokus der Überlegungen, sondern die Frage, wie diese den Menschen unterstützen können“, betont Udo Gaden, Geschäftsführer der ambient assisted living GmbH, die JUTTA als Projektpartner begleitet. Im Verbund mit zwei weiteren Partnerunternehmen erforscht das Sozialwerk St. Georg hier, wie die intelligente Nutzung neuester Entwicklungen die Würde des Menschen erhält, das Individuum schützt und die Freiheit und Selbstbestimmung des Menschen soweit wie möglich garantiert. Dazu Vorstandssprecher Czogalla: „Die Umgebung muss sich dem Menschen anpassen – und nicht umgekehrt.“

Abb. oben: Menschliche Wärme und technische Unterstützung gehören in der Wohngruppe der ALPHA gGmbH zusammen.


Quelle: Pressemitteilung des Sozialwerkes St. Georg vom 20.07.2009.

MEDICAL NEWS

IU School of Medicine researchers develop blood test for anxiety
COVID-19 pandemic increased rates and severity of depression, whether people…
COVID-19: Bacterial co-infection is a major risk factor for death,…
Regenstrief-led study shows enhanced spiritual care improves well-being of ICU…
Hidden bacteria presents a substantial risk of antimicrobial resistance in…

SCHMERZ PAINCARE

Hydromorphon Aristo® long ist das führende Präferenzpräparat bei Tumorschmerz
Sorgen und Versorgen – Schmerzmedizin konkret: „Sorge als identitätsstiftendes Element…
Problem Schmerzmittelkonsum
Post-Covid und Muskelschmerz
Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln

DIABETES

Wie das Dexom G7 abstrakte Zahlen mit Farben greifbar macht…
Diabetes mellitus: eine der großen Volkskrankheiten im Blickpunkt der Schmerzmedizin
Suliqua®: Einfacher hin zu einer guten glykämischen Kontrolle
Menschen mit Diabetes während der Corona-Pandemie unterversorgt? Studie zeigt auffällige…
Suliqua® zur Therapieoptimierung bei unzureichender BOT

ERNÄHRUNG

Positiver Effekt der grünen Mittelmeerdiät auf die Aorta
Natriumaufnahme und Herz-Kreislaufrisiko
Tierwohl-Fleisch aus Deutschland nur mäßig attraktiv in anderen Ländern
Diät: Gehirn verstärkt Signal an Hungersynapsen
Süßigkeiten verändern unser Gehirn

ONKOLOGIE

Strahlentherapie ist oft ebenso effizient wie die OP: Neues vom…
Zanubrutinib bei chronischer lymphatischer Leukämie: Zusatznutzen für bestimmte Betroffene
Eileiter-Entfernung als Vorbeugung gegen Eierstockkrebs akzeptiert
Antibiotika als Störfaktor bei CAR-T-Zell-Therapie
Bauchspeicheldrüsenkrebs: Spezielle Diät kann Erfolg der Chemotherapie beeinflussen

MULTIPLE SKLEROSE

Multiple Sklerose: Aktuelle Immunmodulatoren im Vergleich
Neuer Biomarker für Verlauf von Multipler Sklerose
Multiple Sklerose: Analysen aus Münster erhärten Verdacht gegen das Epstein-Barr-Virus
Aktuelle Daten zu Novartis Ofatumumab und Siponimod bestätigen Vorteil des…
Multiple Sklerose durch das Epstein-Barr-Virus – kommt die MS-Impfung?

PARKINSON

Meilenstein in der Parkinson-Forschung: Neuer Alpha-Synuclein-Test entdeckt die Nervenerkrankung vor…
Neue Erkenntnisse für die Parkinson-Therapie
Cochrane Review: Bewegung hilft, die Schwere von Bewegungssymptomen bei Parkinson…
Technische Innovationen für eine maßgeschneiderte Parkinson-Diagnostik und Therapie
Biomarker und Gene: neue Chancen und Herausforderungen für die Parkinson-Diagnose…