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Darvadstrocel (Alofisel®*) – erste allogene Stammzelltherapie zur Behandlung von komplexen perianalen Fisteln bei Morbus Crohn

Berlin (4. Mai 2018) – Die allogene mesenchymale Stammzelltherapie Darvadstrocel (Alofisel®) hat im März 2018 die Zulassung zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit perianalen Fisteln bei nicht-aktivem/gering aktivem luminalem Morbus Crohn erhalten, wenn die Fisteln auf mindestens eine konventionelle oder biologische Therapie unzureichend angesprochen haben.1 Für Patienten mit komplexen perianalen Fisteln, die als belastende und die Lebensqualität massiv einschränkende Komplikation bei Morbus Crohn auftreten,2 bedeutet die Zulassung eine vielversprechende Behandlungsalternative zu den gängigen medikamentösen und chirurgischen Therapieoptionen. In der Zulassungsstudie ADMIRE-CD zeigte Darvadstrocel eine signifikante klinische Wirksamkeit bei günstigem Risikoprofil.2 Im Rahmen der Launch-Pressekonferenz beleuchteten Experten unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Axel Dignaß, Frankfurt, die Herausforderungen bei der konservativen sowie chirurgischen Behandlung des perianal fistulierenden Morbus Crohn, die Notwendigkeit eines interdisziplinären Therapiekonzeptes und erläuterten anhand der Studienpräsentation den Stellenwert der neuen Stammzelltherapie Darvadstrocel.

Die chronisch-entzündliche, transmurale Darmerkrankung Morbus Crohn kann den gesamten Gastrointestinaltrakt betreffen und bedeutet für die Betroffenen meist einen langen Leidensweg mit stark beeinträchtigter Lebensqualität.3, 4 Dabei bestimme der Erkrankungsverlauf die Therapie, so Prof. Dr. Torsten Kucharzik, Lüneburg. Rund die Hälfte der Patienten weise einen einfachen Krank-heitsverlauf auf und komme mit der Standardtherapie, bestehend aus Budenosid und Prednisolon, zurecht. Allerdings würden die anderen Patienten hierunter keine Remission erreichen und an einem chronisch intermittierenden oder chronisch persistierenden Krankheitsverlauf leiden5, so Kucharzik weiter. Diese Patienten werden je nach Kortikosteroid-Ansprechen in steroidabhängige und steroidrefraktäre Verläufe eingeteilt und mit Immunsuppressiva, TNF-Inhibitoren oder dem Integrin-Antagonisten Vedolizumab behandelt.5

Herausforderung perianale Fistel

Eine besondere therapeutische Herausforderung bei Crohn-Patienten sind perianale Fisteln – pathologische Verbindungen zwischen Darm und perianaler Haut. Diese stellen eine den Patienten erheblich belastende Komplikation dar. Perianale Fisteln können bei bis zu 28 % der Crohn-Patienten innerhalb der ersten 20 Jahre des Krankheitsverlaufs auftreten,2,6 teilweise auch als Erstmanifestation.7 Hierbei müssen Crohn-assoziierte perianale Fisteln von perianalen Fisteln, die aufgrund einer kryptoglandulären Entzündung entstanden sind, abgegrenzt werden, betonte Dr. Renate Schmelz, Dresden. Die Crohn-assoziierte perianale Fistelentstehung beginne mit einem Epitheldefekt durch eine lokale Entzündung. Dieser habe zur Folge, dass aufgrund fehlgeleiteter Reparaturmechanismen Epithelien in die Tiefe migrieren und sich in mesenchymale Zellen umwandeln (epithelial-mesenchymale Transition),7-9 erklärte Schmelz weiter. Des Weiteren scheint die Umstrukturierung der extrazellulären Matrix die immunvermittelte Gewebeschädigung in Form einer invasiven Fistelbildung zu begünstigen.7-9

Hoher Bedarf an effektiven Therapieoptionen

Für das therapeutische Vorgehen ist die exakte Fistelcharakterisierung durch eine ausführliche Diagnostik mittels klinischer Untersuchung durch einen erfahrenen Proktologen und mittels Bildgebung (MRT, Endosonographie) essenziell.6,7 Eine einheitliche Klassifikation von perianalen Fisteln bei Morbus Crohn gibt es allerdings nicht.6 Klinisch können Fisteln in einfache und komplexe perianale Fisteln anhand der AGA (American Gastroenterological Association) Klassifikation eingeteilt werden.7 Komplexe perianale Fisteln sind hierbei durch ihren Verlauf mit Beteiligung des Schließmuskels sowie durch mehrere äußere Öffnungen, Abszess- und Strikturbildungen oder einer Beteiligung der angrenzenden Organe charakterisiert.7 Beim Morbus Crohn gelten 70 – 80 % der perianalen Fisteln als komplex.2 Diese sind schwer zu therapieren und weisen eine hohe Rezidivrate von 60 – 70 % nach Beendigung der medikamentösen Behandlung (konventionelle Therapie sowie TNF-Inhibitoren) auf.2 Daher sei der Bedarf an neuen, effektiven Therapieoptionen hoch, so Schmelz.

Schlüsselrolle interdisziplinäre Zusammenarbeit

Auch habe eine interdisziplinäre Zusammenarbeit einen hohen Stellenwert bei der optimalen Fistelbehandlung:10 So sollten neben dem Gastroenterologen, dem Viszeralchirurgen oder dem Koloproktologen auch die Physiotherapie und die Pflege zur ganzheitlichen Patientenbetreuung mit einbezogen werden, so PD Dr. Felix Aigner, Berlin. Neben konservativen Optionen wie Antibiotika, Thiopurinen und Biologika (TNF-Inhibitoren oder Integrin-Antagonist) zur Behandlung der Grunderkrankung stehe eine breite Palette an chirurgischen Optionen je nach Ausprägung und Fistelverlauf zur Verfügung: von einfacher Abszessspaltung und Fadendrainage, Fistelkürettage und internem Fistelverschluss bis hin zu plastischen Rekonstruktionen, temporärer Anlage eines Stomas oder eines Anus praeter als letzte Option.6,7 Die Kombination aus chirurgischer und medikamentöser Behandlung von komplexen perianalen Fisteln erzielt dabei höhere Heilungsraten als eine alleinige chirurgische oder medikamentöse Therapie.11 Zudem solle das oberste Ziel des „tailored approach“ der Kontinenz-Erhalt sein, betonte Aigner. Hier sei Darvadstrocel eine vielversprechende, sphinkter-schonende Therapieoption. Darvadstrocel – expandierte allogene, aus Fettzellen hergestellte Stamm-zellen – können aufgrund ihrer immunmodulatorischen und antiinflammatorischen Eigenschaften die Heilung von geschädigtem perianalen Gewebe fördern.12 Prof. Dr. Axel Dignaß, Frankfurt, erläuterte, dass die Stammzellsuspension unter Operationsbedingungen nach Kürettage der Fistel und Verschluss der internen Fistelöffnung lokal um die innere Fistelöffnung und extern im Verlauf des Fistelganges in das umgebende Gewebe injiziert werde.2

Signifikante klinische Wirksamkeit von Darvadstrocel nach 24 und 52 Wochen

Die Zulassung von Darvadstrocel im März 2018 zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit perianalen Fisteln bei nicht-aktivem/gering aktivem luminalem Morbus Crohn, wenn die Fisteln unzureichend auf mindestens eine konventionelle oder biologische Therapie angesprochen haben,1 basiere auf der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-III-Studie ADMIRE-CD, so Dignaß weiter.2 212 erwachsene MC-Patienten mit therapierefraktären, komplexen perianalen Fisteln erhielten randomisiert eine einmalige Behandlung mit Darvadstrocel (n = 107) oder Placebo (Kochsalzlösung; n = 105). Als primärer Endpunkt wurde eine kombinierte Remission† in Woche 24 festgelegt. Wichtige sekundäre Endpunkte waren die klinische Remission (Verschluss aller behandelter, bei Baseline sezernierender Fisteln) und das klinisches Ansprechen (Verschluss von mindestens 50 % aller behandelter, bei Baseline sezernierender Fisteln) in Woche 24.2 In der Extensionsstudie wurde zudem die kombinierte Remission in Woche 52 erhoben.13

Die Ergebnisse seien vielversprechend, so Dignaß. In Woche 24 erreichten in der Intention-to-treat-(ITT)-Population signifikant mehr Patienten der Darvadstrocel-Gruppe im Vergleich zur Kontrolle den primären Endpunkt (50 % vs. 34 %; p = 0,024).2 Dieses Ergebnis bestätigte sich in der modifizierten ITT-Population (randomisierte und behandelte Patienten mit ≥ 1 positive Beurteilung der Wirksamkeit nach Baseline): Darvadstrocel 51 % vs. Kontrolle 36 % (p = 0,021).2 Auch wurde ein klinisches Ansprechen in Woche 24 signifikant häufiger unter Darvadstrocel im Vergleich zur Kontrolle erreicht (mITT: 69 % vs. 55 %; p = 0,045).2 Bedeutsam sei auch, dass ein klinisches Ansprechen und eine klinische Remission in der Hälfte der Zeit bei den Darvadstrocel-Patienten im Vergleich zu den Kontroll-Patienten zu beobachten war.2 Dignaß erläuterte, dass die nicht zu vernachlässigenden klinischen Effekte in der Kontroll-Gruppe auf die Wirksamkeit der chirurgischen Vorbehandlung, zurückzuführen seien. In Woche 52 bestätigte sich die klinische Wirksamkeit: Signifikant mehr Darvadstrocel-Patienten (58/103) zeigten im Vergleich zur Kontroll-Gruppe (39/101) eine kombinierte Remission (56,3 % vs. 38,6 %; p = 0,010).13 Zudem wurde Darvadstrocel im Allgemeinen gut vertragen und zeigte eine in beiden Behandlungsarmen vergleichbare Nebenwirkungsrate nach 24 sowie nach 52 Wochen.2,13

Insgesamt lautete die Meinung der Experten, dass Darvadstrocel als sichere lokale Therapie ohne systemische Immunsuppression mit einem signifikanten, langwirksamen klinischen Effekt erwachsenen Patienten mit komplexen Crohn-assoziierten perianalen Fisteln eine vielversprechende Therapieoption bieten könne.


Anmerkungen

  • * Under license of TiGenix
  • † Kombinierte Remission: klinische Beurteilung des Verschlusses aller behandelten externen Öffnungen mit Ausfluss bei Baseline und die Abwesenheit von Ansammlungen >2cm der behandelten Fistel, bestätigt durch MRI

Quellen

  1. Fachinformation Darvadstrocel (Alofisel®), Stand März 2018.
  2. Panés J et al. Lancet 2016; 388(10051): 1281-1290.
  3. Preiß JC et al. Z Gastroenterol 2014; 52: 1431-1484.
  4. Aguilera-Castro L et al. Ann Gastroenterol 2017; 30(1): 33-44.
  5. Kucharzik T et al. Dtsch med Wochenschr 2015; 140(03): 194-197.
  6. Gionchetti P et al. J Crohns Colitis 2017; 11(2):135-149.
  7. Panes J, Rimola J. Nat Rev Gastroenterol Hepatol 2017; 14: 652–664. doi: 10.1038/nrgastro.2017.104.
  8. Siegmund B et al. J Crohns Colitis 2016; 10: 377-386.
  9. Marzo M et al. World J Gastroenterol 2015; 21(5): 1394-1403.
  10. Kotze et al. Gut 2018; 67: 1181-1194.
  11. Yassin NA et al. Aliment Pharmacol Ther 2014; 40(7): 741-749.
  12. Garcia-Olmo D et al. World J Gastroenterol 2015; 21(11): 3330-3336.
  13. Panés J et al. Gastroenterology 2018; 154(5): 1334-1342.
  14. Digestive Health. University of Miami Hospital. Available at: http://umiamihospital.com/service-lines/digestive-health. Accessed October 20, 2017


Das Engagement von Takeda in der Gastroenterologie

Weltweit leiden mehr als 70 Millionen Menschen an gastrointestinalen Erkrankungen, die die Lebensqualität der Patienten stark beeinträchtigen können.14 Als führender Spezialanbieter in der Gastroenterologie mit über 25 Jahren Erfahrung engagiert sich Takeda für Innovationen in der Medizin und verbessert damit die Gesundheitsversorgung und die Lebensqualität von Patienten weltweit.

So setzt sich Takeda mit innovativen Medikamenten in Therapiegebieten mit hohem medizinischem Bedarf ein, wie z.B. chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, säurebedingte Magen-Darm-Erkrankungen und Motilitäts-störungen des Gastrointestinaltrakts. Wir forschen intensiv nach Lösungen im Bereich Zöliakie und Leber-erkrankungen und unterstützen aktiv den wissenschaftlichen Fortschritt bei Mikrobiom-Therapien.

Uns verbindet ein gemeinsamer Antrieb. Von unserem Engagement im Bereich der Forschung über den kontinuierlichen Dialog unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weltweit mit Ärzten und Fachpersonal bis zur Entwicklung innovativer Patientenangebote – alles dient einem Ziel: Patienten mit gastrointestinalen Erkrankungen zu helfen und ihnen ein möglichst beschwerdefreies Leben zu ermöglichen.

Über Takeda

Takeda ist ein forschungsgetriebenes globales Unternehmen mit Schwerpunkt im pharmazeutischen Bereich. Als größter Arzneimittelhersteller in Japan und als eines der global führenden Unternehmen seiner Branche engagiert sich Takeda für eine bessere Gesundheitsversorgung der Patienten durch wegweisende Innovationen in der Medizin. Das Unternehmen fokussiert seine Forschung auf die Therapiefelder Onkologie, Gastroenterologie, Erkrankungen des zentralen Nervensystems und Impfstoffe. Takeda betreibt seine Forschung sowohl in eigenen Zentren als auch mit externen Experten – mit dem Anspruch, zu den führenden Innovations-Partnern in der Branche gezählt zu werden. Neue innovative Produkte, insbesondere in der Onkologie und Gastroenterologie, sowie unsere Präsenz in den aufstrebenden Märkten befördern das Wachstum von Takeda.

Takeda Deutschland steuert von Berlin aus die Aktivitäten für den deutschen Markt, ergänzt durch weitere administrative Funktionen in Konstanz. Als Teil eines globalen Produktionsnetzwerkes betreibt Takeda in Deutschland Produktionsstätten im brandenburgischen Oranienburg sowie in Singen. Insgesamt sind mehr als 2.000 Mitarbeiter für Takeda in Deutschland tätig.


Quelle: Takeda Pharma, 04.05.2018 (tB)

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