MEDIZIN

DOC-CHECK LOGIN

Zweckmäßige Vergleichstherapie in keiner Studie angemessen umgesetzt

Linaclotid bei Reizdarmsyndrom: Zusatznutzen nicht belegt

 

Köln (1. August 2013) – Linaclotid (Handelsname Constella) ist seit November 2012 zur Behandlung Erwachsener mit mittelschwerem bis schwerem Reizdarmsyndrom mit Verstopfung zugelassen. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat in einer frühen Nutzenbewertung gemäß Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) überprüft, ob dieser neue Wirkstoff gegenüber der bisherigen Standardtherapie einen Zusatznutzen bietet.

 

Ein Zusatznutzen ist nicht belegt, da das Dossier keine relevanten Studien enthält: Die zweckmäßige Vergleichstherapie wurde in keiner der drei Studien, auf die sich der Hersteller beruft, angemessen umgesetzt. Zudem waren die Behandlungsphasen in zwei dieser Studien zu kurz für ein Arzneimittel, das zur Dauerbehandlung zugelassen ist.

 

 

Ernährung wurde in den Studien nicht umgestellt

 

Beim Reizdarmsyndrom transportiert die Darmmuskulatur den Nahrungsbrei zu langsam voran, sodass ihm zu viel Wasser entzogen wird. Das kann zu Verstopfung, Bauchschmerzen, Blähungen und Krämpfen führen. Linaclotid soll die Verdauung fördern und so die Beschwerden lindern. Üblicherweise werden bei einem Reizdarmsyndrom eine Ernährungsumstellung unter ärztlicher Beratung und eine symptomorientierte Behandlung empfohlen. So hat auch der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) die zweckmäßige Vergleichstherapie definiert.

 

Obwohl der Hersteller diese Vergleichstherapie ausdrücklich anerkennt, geht aus den eingereichten Studienunterlagen nicht hervor, ob eine Ernährungsberatung und eine ggf. daraus resultierende Ernährungsumstellung erfolgt waren – wenn schon nicht in den Studien, so doch zumindest kurz vor Studieneinschluss. In zwei der drei Studien waren die Patientinnen und Patienten ausdrücklich angewiesen, ihre Ernährung nicht zu verändern, und in der dritten finden sich gar keine Angaben zu diesem Thema.

 

 

Unklarheiten bei der Behandlung von Symptomen

 

Darüber hinaus bleibt offen, ob die Symptombehandlung angemessen umgesetzt wurde, die ebenfalls Teil der Vergleichstherapie sein sollte. In allen Studien waren den Patienten etliche Behandlungen gegen die Symptome des Reizdarmsyndroms untersagt, darunter Abführmittel und Einläufe. Einzig eine Notfallmedikation gegen Verstopfung war erlaubt. Bei Blähungen, Krämpfen und Schmerzen war dagegen keine Medikation explizit erlaubt, nicht einmal für Notfälle. Die Möglichkeiten zur individuellen Behandlung nach den Bedürfnissen der Patientinnen und Patienten waren somit stark eingeschränkt.

 

 

Studiendauer zu kurz für Dauerbehandlung

 

Zu bemängeln ist auch, dass zwei der drei Studien mit zwölf Wochen zu kurz waren, um ein Arzneimittel zu beurteilen, das für eine langfristige kontinuierliche Behandlung vorgesehen und zugelassen ist. Das Reizdarmsyndrom hat typischerweise einen fluktuierenden Verlauf, sodass eine Behandlung und Beobachtung über mindestens 24 Wochen angezeigt ist.

 

Somit war keine der drei vorgelegten Studien geeignet, den Zusatznutzen von Linaclotid gegenüber der vom G-BA festgelegten zweckmäßigen Vergleichstherapie zu untersuchen.

 

 

G-BA beschließt über Ausmaß des Zusatznutzens

 

Die Dossierbewertung ist Teil des Gesamtverfahrens zur frühen Nutzenbewertung, das der G-BA leitet. Nach der Publikation von Herstellerdossier und Dossierbewertung führt der G-BA ein Stellungnahmeverfahren durch, das ergänzende Informationen liefern und in der Folge zu einer veränderten Nutzenbewertung führen kann. Der G-BA trifft einen Beschluss über das Ausmaß des Zusatznutzens, der die frühe Nutzenbewertung abschließt.

 

Einen Überblick über die Ergebnisse der Nutzenbewertung des IQWiG gibt eine Kurzfassung. Auf der vom IQWiG herausgegebenen Website gesundheitsinformation.de finden Sie zudem eine allgemeinverständliche Kurzinformation.

 

Auf der Website des G-BA sind sowohl allgemeine Informationen zur Nutzenbewertung nach §35a SGB V als auch zur Bewertung von Linaclotid zu finden.

 

 

Weiterführende Informationen des IQWiG

 

 


 

Quelle: Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), 01.08.2013 (tB).

MEDICAL NEWS

IU School of Medicine researchers develop blood test for anxiety
COVID-19 pandemic increased rates and severity of depression, whether people…
COVID-19: Bacterial co-infection is a major risk factor for death,…
Regenstrief-led study shows enhanced spiritual care improves well-being of ICU…
Hidden bacteria presents a substantial risk of antimicrobial resistance in…

SCHMERZ PAINCARE

Hydromorphon Aristo® long ist das führende Präferenzpräparat bei Tumorschmerz
Sorgen und Versorgen – Schmerzmedizin konkret: „Sorge als identitätsstiftendes Element…
Problem Schmerzmittelkonsum
Post-Covid und Muskelschmerz
Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln

DIABETES

Wie das Dexom G7 abstrakte Zahlen mit Farben greifbar macht…
Diabetes mellitus: eine der großen Volkskrankheiten im Blickpunkt der Schmerzmedizin
Suliqua®: Einfacher hin zu einer guten glykämischen Kontrolle
Menschen mit Diabetes während der Corona-Pandemie unterversorgt? Studie zeigt auffällige…
Suliqua® zur Therapieoptimierung bei unzureichender BOT

ERNÄHRUNG

Positiver Effekt der grünen Mittelmeerdiät auf die Aorta
Natriumaufnahme und Herz-Kreislaufrisiko
Tierwohl-Fleisch aus Deutschland nur mäßig attraktiv in anderen Ländern
Diät: Gehirn verstärkt Signal an Hungersynapsen
Süßigkeiten verändern unser Gehirn

ONKOLOGIE

Strahlentherapie ist oft ebenso effizient wie die OP: Neues vom…
Zanubrutinib bei chronischer lymphatischer Leukämie: Zusatznutzen für bestimmte Betroffene
Eileiter-Entfernung als Vorbeugung gegen Eierstockkrebs akzeptiert
Antibiotika als Störfaktor bei CAR-T-Zell-Therapie
Bauchspeicheldrüsenkrebs: Spezielle Diät kann Erfolg der Chemotherapie beeinflussen

MULTIPLE SKLEROSE

Multiple Sklerose: Aktuelle Immunmodulatoren im Vergleich
Neuer Biomarker für Verlauf von Multipler Sklerose
Multiple Sklerose: Analysen aus Münster erhärten Verdacht gegen das Epstein-Barr-Virus
Aktuelle Daten zu Novartis Ofatumumab und Siponimod bestätigen Vorteil des…
Multiple Sklerose durch das Epstein-Barr-Virus – kommt die MS-Impfung?

PARKINSON

Meilenstein in der Parkinson-Forschung: Neuer Alpha-Synuclein-Test entdeckt die Nervenerkrankung vor…
Neue Erkenntnisse für die Parkinson-Therapie
Cochrane Review: Bewegung hilft, die Schwere von Bewegungssymptomen bei Parkinson…
Technische Innovationen für eine maßgeschneiderte Parkinson-Diagnostik und Therapie
Biomarker und Gene: neue Chancen und Herausforderungen für die Parkinson-Diagnose…